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Adrenogenitales Syndrom (AGS) - Endokrinologikum

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<strong>Adrenogenitales</strong> <strong>Syndrom</strong> (<strong>AGS</strong>)<br />

Information<br />

Einführung<br />

Das Adrenogenitale <strong>Syndrom</strong> (<strong>AGS</strong>) ist eine hormonelle<br />

Erkrankung, bei der aufgrund eines Enzymdefekts zu viel<br />

männliches Geschlechtshormon gebildet wird. In einigen<br />

Fällen sind auch wichtige Hormone für den Wasser- und<br />

Salzhaushalt betroffen.<br />

Das <strong>AGS</strong> ist eine erbliche Erkrankung. Zu Grunde liegt<br />

eine Störung in der Cortisolbildung, da eines der hierfür<br />

wichtigen Enzyme aufgrund einer genetischen Veränderung<br />

nicht mehr funktionsfähig ist. Da diese Enzyme auch<br />

eine Rolle für die Bildung anderer Hormone spielen, können<br />

verschiedene Hormonstörungen vorliegen. Das bei<br />

weitem am häufigsten betroffene Enzym (> 90 % der Fälle)<br />

ist die 21-Hydroxylase, das entsprechende Gen heißt<br />

CYP21A2. Wesentlich seltener sind Defekte der 11ß-Hydroxylase<br />

(CYP11B1-Gen) und der 3ß-Hydroxysteroid-<br />

Dehydrogenase (HSD3B2-Gen).<br />

Das <strong>AGS</strong> wird autosomal-rezessiv vererbt. Von einer autosomal-rezessiven<br />

Erbkrankheit spricht man, wenn auf<br />

beiden homologen (von Vater und Mutter ererbten) Chromosomen<br />

eine veränderte Erbanlage vorhanden ist. Damit<br />

kommt es zur Ausprägung der Erkrankung. Die Eltern<br />

eines betroffenen Kindes sind also beide Anlageträger für<br />

die Erkrankung. Die Wahrscheinlichkeit betroffen zu sein,<br />

beträgt für jedes Kind von Anlageträgern 25 %. Jungen<br />

und Mädchen haben das gleiche Risiko.<br />

Das <strong>AGS</strong> tritt mit einer Häufigkeit von etwa 1:10.000 auf.<br />

Dagegen ist etwa jeder 50. Mensch gesunder Anlageträger<br />

für die Erkrankung. Je nachdem, ob die Krankheit<br />

bereits im Säuglingsalter oder erst im Erwachsenenalter<br />

auftritt, unterscheidet man ein klassisches von einem<br />

nicht-klassischen (=late-onset) <strong>AGS</strong>.<br />

Wie äußert sich das klassische <strong>AGS</strong>?<br />

Kinder mit klassischem <strong>AGS</strong> zeigen oft bereits bei oder<br />

kurz nach der Geburt erste Anzeichen der Erkrankung.<br />

Bei Mädchen kommt es schon im Mutterleib aufgrund<br />

der gesteigerten Produktion männlicher Geschlechtshormone<br />

(Testosteron) zu einer Vermännlichung des äußeren<br />

Genitales. Bei einigen Kindern kann dann das Geschlecht<br />

nicht sofort eindeutig bestimmt werden. Jungen zeigen<br />

in der Regel keine Veränderungen des Genitales.<br />

Bei ca. 75 % der betroffenen Kinder kommt es in den<br />

ersten Lebenstagen zu einem Salzverlust-<strong>Syndrom</strong>. Dies<br />

äußert sich durch Dehydratation, Trinkschwäche und Erbrechen<br />

und ist durch Gabe von Infusionen und Mineralocortikoiden<br />

behandelbar. In der Kindheit kann bei<br />

beiden Geschlechtern die Pubertät verfrüht eintreten.<br />

Das Längenwachstum ist beschleunigt. Penis und Klitoris<br />

sind vergrößert, die Schambehaarung ist ungewöhnlich<br />

früh ausgebildet. Bei einigen Kindern und Jugendlichen<br />

kommt es aufgrund des niedrigen Cortisols zu Müdigkeit,<br />

Apathie, Stressintoleranz und einer erhöhten Infektneigung.<br />

Das <strong>AGS</strong> ist medikamentös sehr gut behandelbar. Durch<br />

lebenslange Gabe von Gluko- und ggf. auch Mineralocortikoiden<br />

können Entgleisungen im Salzhaushalt, Störungen<br />

der Pubertätsentwicklung und die klinischen Zeichen<br />

eines Cortisolmangels vermieden werden. Das vermännlichte<br />

äußere Genitale bei betroffenen Mädchen kann<br />

durch eine operative Therapie korrigiert werden.<br />

Ergibt sich aufgrund der Klinik und auffälliger Hormonwerte<br />

der Verdacht auf ein <strong>AGS</strong>, so kann diese Verdachtsdiagnose<br />

durch eine molekulargenetische Untersuchung<br />

gesichert werden.<br />

Was ist das late-onset <strong>AGS</strong>?<br />

Das late-onset <strong>AGS</strong> (nicht-klassisches <strong>AGS</strong>) tritt oft erst<br />

im jungen Erwachsenenalter in Erscheinung. Es ist mit einer<br />

Häufigkeit von etwa 0,2 % wesentlich häufiger als das<br />

klassische <strong>AGS</strong>. In den allermeisten Fällen sind Frauen<br />

betroffen. Sie fallen durch Störungen des Menstruationszyklus,<br />

einer vermehrten Körperbehaarung (Hirsutismus)<br />

und einer Neigung zu Akne auf. Das Auftreten mehrerer<br />

kleiner Bläschen an den Eierstöcken (polyzystisches Ovar)<br />

findet sich oft. Viele betroffene Frauen haben Schwierigkeiten<br />

schwanger zu werden. In der Regel sind die männlichen<br />

Geschlechtshormone im Blut erhöht.


Das late-onset <strong>AGS</strong> ist nicht immer behandlungsbedürftig.<br />

Insbesondere bei Menstruationsstörungen und eingeschränkter<br />

Fruchtbarkeit ist eine Behandlung oft indiziert.<br />

Diese erfolgt ebenfalls durch die Gabe von Glukocortikoiden,<br />

jedoch in geringerer Dosierung als beim klassischen<br />

<strong>AGS</strong>. Eine Behandlung beugt auch möglichen Spätfolgen<br />

des late-onset-<strong>AGS</strong> wie Diabetes mellitus, Bluthochdruck<br />

und Arteriosklerose vor.<br />

Ob sich ein klassisches <strong>AGS</strong> oder ein late-onset-<strong>AGS</strong><br />

ausbildet, hängt von der zu Grunde liegenden Genveränderung<br />

ab. Man unterscheidet milde und schwerwiegende<br />

Mutationen. Für ein Paar, bei dem die Frau ein lateonset-<strong>AGS</strong><br />

mit einer milden und einer schwerwiegenden<br />

Mutation hat und der Partner ein gesunder Anlageträger<br />

einer schwerwiegenden Mutation ist, besteht für Nachkommen<br />

ein Risiko von 25 %, an einem klassischen <strong>AGS</strong><br />

zu erkranken. Im Falle eines Kinderwunsches besteht für<br />

Partner von Patienten mit klassischem oder late-onset-<br />

<strong>AGS</strong> das Angebot, sich molekulargenetisch testen lassen.<br />

Mein Partner und ich sind Anlageträger für<br />

ein <strong>AGS</strong> und wünschen uns ein Kind – was<br />

ist vor und während einer Schwangerschaft<br />

zu beachten?<br />

Das <strong>AGS</strong> ist eine gut behandelbare Erkrankung. Die Frage<br />

nach einer vorgeburtlichen Testung, um im Falle eines<br />

Betroffenseins des Kindes die Schwangerschaft abzubrechen,<br />

steht deshalb so gut wie nie im Raum. Auch reicht<br />

für eine rechtzeitige Behandlung der Störungen des Salzhaushalts<br />

und des Cortisolmangels eine Diagnostik kurz<br />

nach der Geburt aus.<br />

Ist für beide Eltern ein Anlageträgerstatus für das <strong>AGS</strong><br />

bekannt, so besteht durch Einnahme von Cortison während<br />

der Schwangerschaft die Möglichkeit, eine Vermännlichung<br />

des äußeren Genitales bei Mädchen zu verhindern.<br />

In einer solchen Situation empfehlen wir folgendes<br />

Vorgehen:<br />

• Wenn möglich Planung der Schwangerschaft und<br />

Durchführung eines Schwangerschaftstests so<br />

früh wie möglich<br />

• Im Falle einer Schwangerschaft sofortiger Start der<br />

Cortisontherapie, in jedem Fall vor der 8. SSW<br />

Laboradresse<br />

MVZ genteQ GmbH<br />

Zentrum für Humangenetik<br />

Falkenried 88<br />

20251 Hamburg<br />

Telefon 040-47 19 64 70<br />

Telefax 040-47 19 64 72<br />

info@genteQ.de<br />

© MVZ genteQ, 07/2012<br />

• Durchführung einer Chorionzottenbiopsie in der<br />

11. SSW zur Untersuchung kindlicher Zellen<br />

• Eine Geschlechtsbestimmung ist innerhalb von 24h<br />

möglich. Bei männlichem Geschlecht wird die Corti -<br />

songabe ausgeschlichen, bei weiblichem fortgeführt<br />

• In beiden Geschlechtern sollte eine molekulargenetische<br />

Untersuchung des betreffenden Gens erfolgen<br />

• Bei einem nicht betroffenen Mädchen wird die Cortisongabe<br />

ausgeschlichen, bei Nachweis eines <strong>AGS</strong> bis<br />

zur Entbindung fortgeführt<br />

• Sowohl bei Mädchen als auch bei Jungen mit <strong>AGS</strong><br />

sollte die Entbindung in einer Klinik mit angeschlosse-<br />

ner Neonatologie erfolgen<br />

Was wird für die Diagnostik benötigt?<br />

Für die Diagnostik des CYP21A2- und ggf. CYP11B1-<br />

und HSD3B2-Gens werden 10 ml EDTA-Blut benötigt.<br />

Die Probe kann ungekühlt versendet werden. Eine Einwilligungserklärung<br />

nach Gendiagnostik-Gesetz muss<br />

vorliegen. Ein entsprechendes Formular ist unter www.<br />

genteQ.de im Download-Bereich hinterlegt.<br />

Genetische Beratung<br />

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Internetseite unter www.genteQ.de<br />

Entsprechend Gendiagnostik-Gesetz sollte Patienten<br />

bei jeder genetischen Untersuchung eine genetische<br />

Beratung angeboten werden. Diese darf im Falle einer<br />

diagnostischen Abklärung jeder Arzt durchführen. Ist<br />

eine prädiktive (vorhersagende) Untersuchung bei einem<br />

Nicht-Betroffenen geplant (z.B. Frage Anlageträgerstatus),<br />

muss eine Beratung erfolgen. Diese Beratung hat<br />

durch einen entsprechend qualifizierten Arzt zu erfolgen.<br />

Bei Wunsch steht Ihnen unsere humangenetische<br />

Sprechstunde gerne zur Verfügung.<br />

Eine humangenetische Beratung finden Sie an folgenden<br />

Standorten:<br />

Berlin, Telefon 030-20 91 56-2290<br />

Frankfurt, Telefon 069-69 59 79-0 oder -2451<br />

Göttingen, Telefon 0551-63 37 46-0<br />

Hamburg, Telefon 040-47 19 64 92 oder 0800-444 36 38<br />

Hannover, Telefon 0511-21 55 58-2000<br />

Einen Patientenflyer können Sie für Ihre Praxis bei uns<br />

anfordern.

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