8,99 - Das WIR-Magazin im Gerauer Land
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Geschichte und Geschichten (33)<br />
von Dr. Heinrich Klingler<br />
Auf der B44 wurde<br />
einst Maut kassiert<br />
Ursprünglich existierte nur die Geleitstraße,<br />
in unserer Gegend von Mörfelden<br />
aus über Worfelden und Grieshe<strong>im</strong><br />
zur Bergstraße und von da nach<br />
Worms. Sie scheint bereits <strong>im</strong> frühen<br />
Mittelalter genutzt worden zu sein. Erst<br />
um das Jahr Tausend zog Oppenhe<strong>im</strong>,<br />
das inzwischen durch seinen Weinbau<br />
reich geworden war, den Straßenverkehr<br />
an sich, und die alte Geleitstraße fiel als<br />
zweitrangige Handelsstraße zurück.<br />
Diesen neuen Straßenverlauf nutzte<br />
die alte Handelsstraße von Mörfelden<br />
aus in Richtung Gräfenhausen und von<br />
dem sumpfigen Wiesenzug, durch den<br />
der Erzhauser Bach floss und der nur<br />
durch einen Knüppeldamm überquert<br />
werden konnte, ging es dann südwest<br />
durch den Wald um das spätere Jagdhaus<br />
Wiesental zur Steinernen Brücke.<br />
Dieser alte Knüppeldamm (Specke<br />
mittelhochdeutsch = Knüppeldamm)<br />
wurde „Alspeken“ genannt und diente<br />
schon seit dem frühen Mittelalter dem<br />
Verkehr auf der Straße nach Worms.<br />
Von der Steinernen Brücke aus, an der<br />
heutigen Nordwestecke des Golfplatzes<br />
Worfelden, führte dann die Handelsstraße<br />
über den Waldweg – „Alte <strong>Gerauer</strong><br />
Straße“ genannt – bis nach Klein-<br />
Gerau. Dann verlief<br />
sie weiter über Groß-<br />
Dr. Heinrich Klingler<br />
ist Studiendirektor i.R.<br />
und He<strong>im</strong>atkundler aus<br />
Klein-Gerau;<br />
Tel.: 06152-4439.<br />
Gerau nach Oppenhe<strong>im</strong>. Im Jahr 1832 teilte das Amt<br />
Rüsselshe<strong>im</strong> dem Bürgermeister von Klein-Gerau<br />
mit, der Vicinalweg von Klein-Gerau nach Mörfelden<br />
sei von der Eichmühle bis zur Steinernen Brücke von<br />
Klein-Gerau in gutem Zustand zu halten, und es sei<br />
seit alters her auch üblich, dass <strong>im</strong> Winter dieser Teil<br />
schneefrei gehalten werden müsse. Man hatte diese<br />
Handelsstraße zum Vicinalweg erklärt, weil sie somit<br />
nicht mehr der Pflege des Staates anhe<strong>im</strong>fiel, sondern<br />
von den benachbarten Gemeinden gepflegt werden<br />
musste (vicinus lateinisch = die Nachbarschaft).<br />
Dieses Schreiben ist einer der letzten Hinweise<br />
auf die sogenannte Unterstraße von Frankfurt nach<br />
Worms. Während dieser Brief an den Bürgermeister<br />
von Klein-Gerau geschrieben wurde, baute man<br />
bereits an der Chaussee von Groß-Gerau nach Mörfelden,<br />
so wie heute die B44 verläuft. <strong>Das</strong>s die alte<br />
Handelsstraße über die Alspeken aber noch weiterhin<br />
in Betrieb war, erklärt sich nur dadurch, dass die neue<br />
errichteten Chausseen eine Maut, das sogenannte<br />
„Chausseegeld“ kosteten und mancher dieser zusätzlichen<br />
finanziellen Belastung ausweichen wollte und<br />
den alten Straßenverlauf nutzte. Erst während des<br />
späten 19. Jahrhunderts, nach dem Bau der Bahnlinien,<br />
geriet diese alte Handelsstraße in Vergessenheit,<br />
und sie ist heute nur noch anhand der Lage alter<br />
Tränken und auch ehemaliger Straßenböschungen <strong>im</strong><br />
Bereich des Forsthauses Wiesental zu erkennen.<br />
26 <strong>Das</strong> <strong>WIR</strong>-<strong>Magazin</strong> <strong>im</strong> <strong>Gerauer</strong> <strong>Land</strong><br />
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