fruchtbarkeit im rinder- und schweinebetrieb - und Veterinär-Akademie
fruchtbarkeit im rinder- und schweinebetrieb - und Veterinär-Akademie
fruchtbarkeit im rinder- und schweinebetrieb - und Veterinär-Akademie
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Bereits am Freitag Abend, 18.2. trafen<br />
sich über 100 Kollegen <strong>und</strong> Kolleginnen<br />
in Göttingen zur AVA - Podiumsdiskussion<br />
"Quo vadis - Nutztiermedizin?"<br />
Der Veranstalter Ernst-Günther Hellwig<br />
überraschte die Teilnehmer ungewohnt<br />
ohne Schnauzbart bei der Begrüßung<br />
(eine verlorene Wette war der Gr<strong>und</strong> für<br />
den Verlust seines Markenzeichens).<br />
Davon unerschüttert klärte Ernst-Günther Hellwig einleitend<br />
über das Sprichwort "In der Kürze liegt die Würze"<br />
auf. So beschränken sich wichtige Dokumente wie die 10<br />
Gebote Gottes auf 279 <strong>und</strong> die amerikanische Unabhängigkeitserklärung<br />
auf 300 Worte. Die EU-Verordnung über den<br />
Import von Karamelbonbons hat dagegen nur 25911<br />
Worte. Damit waren die Teilnehmer<br />
schon mitten in der Materie: Ohne die<br />
aktuellen Neuerungen <strong>und</strong> die<br />
geplanten Neuregelungen des Arzne<strong>im</strong>ittelgesetzes,<br />
die unzählige Din A4-<br />
Seiten füllen, lässt sich die einleitende<br />
Frage nicht beantworten.<br />
Lässt sie sich überhaupt beantworten?<br />
Dr. Arno Piontkowski, als Leiter der<br />
Überwachungsbehörde des RP Münster,<br />
erläuterte anschaulich, was die Überwachung darf <strong>und</strong> was<br />
nicht. Auf jeden Fall ist der Überwachte zur Mitarbeit verpflichtet.<br />
Der Überwachte tut gut daran, dieser Forderung<br />
nachzukommen, denn der Überwacher ist mittels "vorläufiger<br />
Anordnung" berechtigt, den Betrieb vorübergehend zu<br />
schließen.<br />
Der Praktiker <strong>und</strong> Standespolitiker Dr.<br />
Rainer Schneichel aus Mayen beschrieb<br />
seine "Visionen" <strong>und</strong> "Fakten" über die<br />
Betreuung von Nutztierbeständen aus<br />
der Sicht des Praktikers. Beispielsweise<br />
informierte er über die Dienstleistungsverordnung,<br />
die festlegt, dass Tierärzte<br />
mit ihrem Praxissitz <strong>im</strong> EU-Ausland bei<br />
R Ü C K B L I C K<br />
Michel Dörnfeld<br />
FRUCHTBARKEIT IM<br />
RINDER- UND SCHWEINEBETRIEB<br />
Ein Rückblick auf eine gelungene AVA - Fortbildung in Göttingen<br />
ihrer Arbeit in Deutschland nicht an das<br />
deutsche AMG geb<strong>und</strong>en sind, sondern<br />
nach den Best<strong>im</strong>mungen ihres He<strong>im</strong>atlandes<br />
handeln dürfen. Der dazu<br />
gehörende Begriff des "Herkunftslandsprinzips"<br />
war der erste Vorschlag zum<br />
Unwort des Jahres 2005. Weitere Vorschläge<br />
sollten folgen.<br />
Der MdB <strong>und</strong> Tierarzt Hans-Michael Goldmann (agrarpolitischer<br />
Sprecher der FDP-Fraktion), hatte sich in die<br />
"Höhle des Löwen" getraut, um Rede <strong>und</strong> Antwort zu<br />
stehen. Er berichtete z.B. über die niedersächsische<br />
Ernährungsindustrie, die der zweitgrößte Arbeitgeber nach<br />
VW ist.<br />
Für die Zukunft rechnet er mit einem<br />
Strukturwandel von 5% pro Jahr, was<br />
einen Rückgang der landwirtschaftlichen<br />
Betriebe um 50% <strong>im</strong> Laufe der nächsten 10<br />
Jahre bedeutet.<br />
Im weiteren Verlauf der Diskussion musste<br />
Hans-Michael Goldmann zugeben, dass<br />
die Politik weiß, dass die praktizierenden<br />
Tierärzte die Vorgaben des AMG nicht<br />
einhalten können!<br />
Dr. Luc Goossens, ein Insider, was die Arzne<strong>im</strong>ittelgesetzgebung<br />
angeht, erklärte den Begriff der "Tierarzne<strong>im</strong>ittelanwendungskommision".<br />
Klar wurde dieser Begriff als<br />
zweiter Vorschlag zum Unwort des Jahres einst<strong>im</strong>mig<br />
angenommen. Diese Kommission soll "Leitlinien für tierärztliche<br />
Wissenschaft in der Praxis"<br />
erarbeiten. Bedeutet dies für den Praktiker<br />
eine reine "Listenmedizin"? Soll so die<br />
Arzne<strong>im</strong>ittelanwendung auf ein Mindestmaß<br />
reduziert werden?<br />
Dr. Jürgen Potthast berichtete über die<br />
Zukunft der oralen Therapie <strong>im</strong> Stall, die<br />
sicher weiter durchgeführt werden darf,<br />
4 NUTZTIERPRAXIS AKTUELL
aber aufgr<strong>und</strong> der bestehenden Diskussionen<br />
zum Arzne<strong>im</strong>itteleinsatz sehr<br />
kritisch gesehen wird.<br />
Nach diesen kurzen Statements folgte eine<br />
rege Diskussion zwischen den Teilnehmern<br />
<strong>und</strong> den Referenten. Die<br />
eigentliche Tagung wurde dann am Samstag,<br />
19.2., in altbekannter Manier vom<br />
Veranstalter Ernst-Günther Hellwig<br />
eröffnet. Grußworte der Politik, überbracht vom Ministerialbeamten<br />
(Staatssekretär aus dem Umweltministerium in<br />
Hannover) Dr. Christian Eberl, warfen allerdings Widersprüche<br />
zu dem am Abend zuvor Gesagten auf. Aber so<br />
sind die Politiker halt!<br />
Dr. Luc Goossens vertiefte seine Ausführungen zu den<br />
zahlreichen Novellen des AMGs nach der 11. vom Vorabend.<br />
Die letzte Novelle (die 14.!) vom 8.2.2005 sieht vor,<br />
dass alle Arzne<strong>im</strong>ittel für lebensmittelliefernde<br />
Tiere generell verschreibungspflichtig<br />
werden sollen. Nicht ausgenommen<br />
werden sollen auch die<br />
homöopathischen Arzne<strong>im</strong>ittel oder die<br />
pflanzlichen Präparate! Die geplante<br />
Übergangsfrist endet am 1.1.2007!<br />
Die "Reparaturnovelle" zur 11. Novelle<br />
des AMG (Nr. 13) zeigt den notwendigen<br />
Anpassungsbedarf der 11. Novelle <strong>im</strong> Hinblick auf<br />
Anwendbarkeit in der Praxis auf. Die Zielsetzung der 11.<br />
Novelle war die Reduzierung des Einsatzes von Tierarzne<strong>im</strong>itteln<br />
<strong>und</strong> durch die 7-Tage-Regel eine Reduzierung der<br />
Tierarzne<strong>im</strong>ittelmengen be<strong>im</strong> Landwirt. Für verschreibungspflichtige<br />
Tierarzne<strong>im</strong>ittel (systemisch<br />
wirkende Antibiotika ausgenommen) soll eine 31-Tageregelung<br />
zur Anwendung kommen. Eine "Tierarzne<strong>im</strong>ittelanwendungskommission"<br />
als "Sachverständigenkommission"<br />
soll "Leitlinien" als Orientierungshilfe für die Tierärzteschaft<br />
erarbeiten. Auch soll die<br />
Bestandsbetreuung <strong>im</strong> AMG verankert<br />
werden.<br />
Änderungen der Umwidmungskaskade<br />
sind ebenfalls geplant, so sollen umgewidmete<br />
Arzne<strong>im</strong>ittel auch abgegeben<br />
werden dürfen.<br />
Die Einfuhr von Tierarzne<strong>im</strong>ittel für LM-<br />
Tiere, auch auf Vorrat, wird evtl. keiner<br />
Genehmigung mehr bedürfen. Sondern eine Anzeige soll<br />
ausreichen, wenn da nicht der §56a des AMG´s wäre, der die<br />
Einfuhr nur bei Therapienotstand erlaubt.<br />
NUTZTIERPRAXIS AKTUELL<br />
R Ü C K B L I C K<br />
Leider sind die tierärztlichen Standesvertretungen<br />
sich nicht einig gewesen bei<br />
ihren Vorschlägen zu dieser Novelle. So<br />
forderte die B<strong>und</strong>estierärztekammer die<br />
Beibehaltung der 7-Tage-Regelung, <strong>und</strong><br />
die Bestandsbetreuung soll nicht durch<br />
das AMG geregelt werden. Landesrechtliche<br />
Regelungen der Überwachungen<br />
werden zu einer Ungleichbehandlung<br />
der b<strong>und</strong>esdeutschen Tierärzteschaft<br />
führen, je nach B<strong>und</strong>esland, in dem die jeweilige Praxis<br />
ihren Sitz hat. Der BpT forciert eher eine b<strong>und</strong>eseinheitliche<br />
Regelung über die 31-Tage-Regelung zusammen mit einem<br />
Behandlungsplan für Tierhalter <strong>und</strong> Überwachungsbehörde.<br />
Der Behandlungsplan wurde von der Politik abgelehnt<br />
<strong>und</strong> stattdessen die Einrichtung der TAK gefordert.<br />
Unter http://www.b<strong>und</strong>esrat.de oder<br />
http://www.b<strong>und</strong>estag.de kann die weitere Entwicklung<br />
verfolgt werden.<br />
Dr. Arno Piontkowski erläutert die<br />
Anwendung <strong>und</strong> Grenzens des AMGs<br />
aus der Sicht der Überwachungsbehörde.<br />
§64 AMG ist die Gr<strong>und</strong>lage zur Überwachung<br />
der Einhaltung des Gesetztes.<br />
Das Landgericht Regensburg prägte <strong>im</strong><br />
Zusammenhang mit dem Fall Fechter<br />
den Satz: "Das AMG lässt<br />
Praktikabilitätserwägungen nicht zu."<br />
Die tierärztliche Tätigkeit wird <strong>im</strong> §56 AMG (Anwendungsgebiet<br />
<strong>und</strong> Menge des Arzne<strong>im</strong>ittels) <strong>und</strong> <strong>im</strong> §12 TäHAV<br />
(Untersuchung <strong>und</strong> Kontrolle des Bestandes) geregelt. Die<br />
Antibiotika-Leitlinien gelten <strong>im</strong>mer noch als "Stand der<br />
Wissenschaft", leider aus dem Jahre 2000, da seitdem nicht<br />
geändert.<br />
Die Grenzen der tierärztlichen Wissenschaft sind so nicht<br />
erfassbar. Die (Therapie-)Freiheit ist grenzenlos. Aus der<br />
Sicht des obersten <strong>Veterinär</strong>s der Bezirksregierung<br />
Münster muss die<br />
Dokumentation tierärztlichen Schaffens<br />
in vernünftigen D<strong>im</strong>ensionen gehalten<br />
werden, alles andere sei "Verwaltungsonanie".<br />
Das AMG aus der Sicht des Praktikers<br />
war das für den Kollegen Schneichel vorgegebene<br />
Thema seines Vortrages. Nach<br />
Meinung der Politik soll es die<br />
Therapiefreiheit als solche bald nicht mehr geben. Nach den<br />
Vorgaben der noch zu gründenden TAK (Tierarzne<strong>im</strong>ittelanwendungskommission)<br />
wird es nur noch 5 Krankheiten<br />
geben, die nur nach Anleitung der TAK behandelt �<br />
5
werden sollen. Wird so weitere tierärztliche Fortbildung<br />
überflüssig?!<br />
Durch die TAK wird auch der in der<br />
TäHAV definierte "Behandlungsbegriff"<br />
modernisiert werden. Bedenklich ist<br />
jedoch, dass die TAK nicht so flexibel<br />
arbeiten kann, wie der Erreger einer<br />
jeweiligen Krankheit.<br />
Auch ist Vorsicht geboten bei der<br />
Umwidmung <strong>im</strong> Falle eines Therapienotstandes:<br />
Evtl. Fehler (auch Missverständnisse) sind keine<br />
Ordnungswidrigkeiten mehr, sondern werden von der<br />
Justiz als Straftaten (mit durchschnittlich 3-5 Jahre Haft!)<br />
angesehen.<br />
Der §1 der B<strong>und</strong>estierärzteordnung sollte dem praktizierenden<br />
Tierarzt ständig vor Augen sein. Aber nach der<br />
neuen Dienstleistungsverordnung zählt der tierärztliche<br />
Beruf nicht mehr zu den Heilberufen! Dieselbe Verordnung<br />
lässt es auch zu, dass nach dem Herkunftsprinzip z.B. ein<br />
polnischer Kollege in Deutschland nach<br />
polnischem Recht arbeiten darf.<br />
Die 13. Novelle des AMGs ist noch nicht<br />
in Kraft, da gibt es schon eine 14. Novelle.<br />
Wichtige geplante Neuerungen sind eine<br />
generelle Verschreibungspflicht aller<br />
Tierarzne<strong>im</strong>ittel incl. Homöopathika<br />
(§48), eine Equidenregelung (§56a) <strong>und</strong><br />
dass He<strong>im</strong>tiere keine Lebensmitteltiere<br />
mehr darstellen (§60). Es fehlt weiterhin die<br />
Dokumentationspflicht des (Human-)Apothekers bei der<br />
Abgabe von Tierarzne<strong>im</strong>itteln.<br />
Der österreichische Fachtierarzt für Rinder, Dr. Gerhard<br />
Reszler, referierte über das, was Tierärzte in Sachen Tierges<strong>und</strong>heit<br />
in der Nutztierhaltung bisher vollbracht haben.<br />
War die Hauptabgangsursache für Kühe <strong>im</strong> Jahre 1898 der<br />
Zahnausfall, so waren es 1960 das Tieralter, die Leistung<br />
<strong>und</strong> die Fruchtbarkeit. Im Jahre 2000<br />
waren es Fruchtbarkeit, Euter- <strong>und</strong><br />
Klauenprobleme. Also keinerlei<br />
Anzeichen einer tierquälerischen Leistungszucht!<br />
Der Nutztierhalter versucht die Produktionskosten<br />
zu senken, jedoch nur am<br />
kleinsten Faktor: den Tierarztkosten, die<br />
seit Jahren bei r<strong>und</strong> 4% der Gesamtkosten<br />
liegen, denn <strong>im</strong>mer noch gilt der Tierarzt als negativer<br />
Kostenfaktor obwohl er doch ein positiver Produktionsfaktor<br />
ist. Für den Kollegen Reszler war es ganz wichtig, darauf<br />
R Ü C K B L I C K<br />
hinzuweisen, dass wir uns mehr um unsere Klientel<br />
kümmern müssen. Die Abgangsursachen zeigen doch sicher<br />
auch ganz deutlich, dass der Landwirt <strong>im</strong><br />
Umgang mit Hochleistungstieren erhebliche<br />
Defizite aufweist. "Wenn nicht wir,<br />
die Tierärzte - wer sonst sollte die Landwirte<br />
entsprechend fortbilden können….".<br />
Gerhard Reszler weiter: " Das Wissen um<br />
die Tiere (also das Leben von <strong>und</strong> mit den<br />
Tieren) muss wieder in den Vordergr<strong>und</strong><br />
gestellt werden. Tierbeobachtung, Überwachung<br />
<strong>und</strong> Überprüfung der<br />
physiologischen Vorgänge müssen für den Landwirt selbstverständlich<br />
sein…". "..Und wir Tierärzte sind dazu berufen,<br />
unsere Klientel auszubilden…"<br />
Für Dr. Peter Westendorf ist der Fruchtbarkeitserfolg bei<br />
Rind <strong>und</strong> Schwein programmierbar. Mit entsprechender<br />
Software kann die Bestandsbetreuung vereinfacht werden.<br />
Die auch diesmal wieder groß angelegte Ausstellung<br />
"unserer Industrie" passte sehr gut in den Rahmen <strong>und</strong> gab<br />
der Veranstaltung noch eine "gewisse<br />
Note". Eine solche hochkarätige Fortbildung<br />
ohne die Industrie ist eigentlich<br />
nicht vorstellbar. Gut vorbereitet war die<br />
Verlosungsaktion, die von den Firmen<br />
durch sehr großzügige Preise unterstützt<br />
wurde. In den Pausen nutzte man auch<br />
gern das Gespräch zum Meinungsaustausch.<br />
Nach dem reichlichen Mittagessen wurden die Vorträge<br />
getrennt für Rinder- <strong>und</strong> Schweineinteressierte fortgesetzt.<br />
Die Rindersektion, die ich besuchte, wurde von Herrn Prof.<br />
Wilhelm Kanitz, Dummerstorf eröffnet. Er diskutierte verschiedene<br />
Verfahren der Zyklussteuerung be<strong>im</strong> Rind. Je<br />
nach gewähltem Verfahren sind auch Behandlungen oder<br />
Besamungen außerhalb "normaler" Arbeitszeiten<br />
notwendig. Auch seien die Trächtigkeitsraten nicht <strong>im</strong>mer<br />
besser als in den unbehandelten Kontrollgruppen.<br />
Aus der Sicht einer Besamungsstation<br />
berichtete Dr. Claus Leiding aus Neustadt<br />
/ Aisch über Möglichkeiten zur Verbesserung<br />
der Fruchtbarkeit in Milchviehbetrieben.<br />
Trotz flächendeckendem Einsatz<br />
der künstlichen Besamung hat in den<br />
letzten Jahren der Natursprung wieder<br />
um 15% zugenommen. Erleichterungen bei der Brunstbeobachtung<br />
werden als Hauptgr<strong>und</strong> dafür genannt. Auch die<br />
Futterqualität wird <strong>im</strong>mer wichtiger für die Fruchtbarkeit.<br />
6 NUTZTIERPRAXIS AKTUELL
"Die Fütterung auf Fruchtbarkeit aus der Sicht der landwirtschaftlichen<br />
Spezialberatung" war das Thema von Frau Dr.<br />
Katrin Malkow-Nerge von der Landwirtschaftskammer<br />
Schleswig-Holstein. Mangelnde Fruchtbarkeit zählt <strong>im</strong>mer<br />
noch zu den Hauptabgangsursachen, aber es gibt auch<br />
Betriebe mit hohen Milchleistungen <strong>und</strong> guter Fruchtbarkeit.<br />
Die Körperkondition ist ein guter Parameter, bei regelmäßiger<br />
Kontrolle <strong>und</strong> Dokumentation, zur Beurteilung der<br />
Stoffwechselges<strong>und</strong>heit. Wenn eine Abnahme der Körperkondition<br />
(BCS) nicht mehr vorliegt, so ist die negative<br />
Energiephase des Tieres beendet <strong>und</strong> eine Besamung ist<br />
dann wirklich in den meisten Fällen Erfolg versprechend.<br />
Dr. Stephan Mösenfechtel, Fachtierarzt für Rinder aus der<br />
Praxis Dres Scheepers in Rheda-Wiedenbrück, analysierte<br />
<strong>und</strong> beurteilte die Milchleistungsdaten in Problembetrieben.<br />
Anhand aktueller Beispiele zeigte er sein Vorgehen zur Problembewältigung<br />
auf. Neben Schreibtischarbeit sind auch<br />
genaue Betriebsbegehungen von Nöten, um alle Puzzleteile<br />
zusammen zu tragen.<br />
Gärschädlinge in Silagen vermeiden zur Erhaltung<br />
ges<strong>und</strong>er fruchtbarer Milchkühe ist das Schwerpunktthema<br />
von Dr. Jörg Winkelmann. Neben einem Überblick über die<br />
wichtigsten Gärschädlinge erläuterte Dr. Winkelmann u.a.<br />
die Ursachen von Qualitätsmängeln in Gr<strong>und</strong>futterkonserven<br />
für Milchkühe. Auch musste er zugeben, dass Silierzusätze<br />
keine Allheilmittel gegen schlechte Silagen darstellen.<br />
Nur müsse allen klar sein: ohne Gr<strong>und</strong>futterkonservierung<br />
kann man heute Hochleistungskühe nicht mehr<br />
ordnungsgemäß füttern. Auch hierauf müssen Tierärzte in<br />
der Bestandsbetreuung ein "kontrollierendes Auge" werfen.<br />
Am Sonntag eröffnete Dr. John Newbold die Rindersektion.<br />
Er referierte in leicht verständlichem Englisch über die<br />
Leberfunktion der hoch leistenden Milchkuh. "Eine Fettleber<br />
beeinflusst nicht nur die Zwischenkalbezeit oder den<br />
Besamungsindex negativ, sondern behindert u.a. auch eine<br />
Immunantwort auf Impfungen…", so Newbold.<br />
Tragfähige Fütterungskonzepte etablierte Herr Dipl.-Ing.<br />
agr. Stefan Neumann, um den Widerspruch von Hochleistung<br />
<strong>und</strong> guter Fruchtbarkeit zu widerlegen. Nicht nur der<br />
Energie- oder Eiweißgehalt des Gr<strong>und</strong>futters ist wichtig<br />
sondern auch die Struktur des Futters, so Neumann.<br />
NUTZTIERPRAXIS AKTUELL<br />
R Ü C K B L I C K<br />
Wiederkäuergerechte Fütterung <strong>und</strong> hohe Leistungen<br />
widersprächen sich ebenfalls nicht.<br />
Der Praktiker Dr. Lothar Jäkel aus Arnstadt schilderte seine<br />
Erfahrungen über die Ursachenforschung in Betrieben mit<br />
Fruchtbarkeitsproblemen. Wenn der Betriebsleiter sich als<br />
"beratungsresistent" erweist, kann der Tierarzt auch nicht<br />
erfolgreich sein.<br />
Prof. Dr. Johann Bauer, Weihenstephan, erläuterte biochemische<br />
Effekte <strong>und</strong> die klinische Relevanz von Mykotoxinen<br />
<strong>im</strong> Futter von Hochleistungskühen auf das Fruchtbarkeitsgeschehen.<br />
Mykotoxine sind in jedem Futtermittel zu<br />
finden, aber die Dosis macht die Wirkung, bzw. das Gift.<br />
Schon <strong>im</strong> Altertum wurde über den "Aussatz an Häusern"<br />
berichtet. Die heute aktuellen Grenzwerte beschreiben keine<br />
Toxizitätsgrenzen sondern dienen einzig dem Ver- �<br />
7
aucherschutz be<strong>im</strong> Verzehr von<br />
Lebensmitteln.<br />
In der Rindersektion berichtete Kollege<br />
Dr. Cord Wilkens aus Neuenkirchen nach<br />
dem Mittagessen aus der Praxis für die<br />
Praxis über Mykotoxine <strong>und</strong> deren Einflüsse<br />
be<strong>im</strong> Rind. Der Einsatz von so<br />
genannten Toxinbindern hatte sich in<br />
seinen Betrieben bewährt, sobald<br />
Mykotoxine in den Futtermitteln nachzuweisen<br />
waren.<br />
Labordiagnostische Ansätze zur<br />
Ursachenklärung von Fruchtbarkeitsstörungen<br />
anhand von Stoffwechselparametern<br />
zeigte Dr. habil Manfred<br />
Fürll aus Leipzig auf. Seine praxisrelevanten<br />
Beispiele veranschaulichten,<br />
dass bei einer Herdenleistung von<br />
11.500kg <strong>und</strong> einer Remontierungsrate<br />
von unter 30% eine überdurchschnittliche<br />
Anzahl von Laktationen möglich ist;<br />
<strong>und</strong> das nicht unbedingt in einem Kleinbetrieb,<br />
sondern auch bei einer Herdengröße<br />
von 800 Kühen <strong>und</strong> mehr. Hier<br />
liege eine der fachspezifischen Aufgaben<br />
der tierärztlichen Betreuung ("<strong>und</strong> das<br />
sollte man beherrschen!").<br />
Neue Aspekte zur Vitamin E-Versorgung<br />
offenbarte Dipl.-Ing. agr. Marcus Berding<br />
aus Vechta. Ein erhöhter Bedarf an<br />
Vitamin E besteht zum Zeitpunkt der<br />
Geburt <strong>und</strong> danach. Die Toleranzgrenze<br />
für eine 650kg-Kuh liege bei 48.750mg<br />
Vitamin E.<br />
Organische Spurenelemente als weiterer<br />
Schritt zur modernen Mineral- <strong>und</strong><br />
Spurenelementversorgung von<br />
Milchkühen stellte Dr. Christian<br />
Scheidemann aus Hamburg vor.<br />
Anorganische Mineralstoffe <strong>und</strong> Spurenelemente<br />
verfügen über vielfältige<br />
Wechselwirkungen untereinander.<br />
Schwer- oder unlösliche Komplexe<br />
senken die Verfügbarkeit erheblich <strong>und</strong><br />
sind damit für den Einsatz in Hochleistungsherden<br />
eigentlich "unberechenbar".<br />
Dr. Ulrich Janowitz, Mitarbeiter der<br />
Rinderunion West, erläuterte Fruchtbarkeitsprobleme<br />
<strong>im</strong> Rinderbestand anhand<br />
von Fallbeispielen als interaktives Rate-<br />
R Ü C K B L I C K<br />
spiel <strong>und</strong> zugleich als "Erfolgskontrolle"<br />
für die vorangegangenen Vorträge der<br />
Tagung.<br />
Abschließend zog Kollege Reszler ein<br />
Tagungsresümee <strong>und</strong> fasste die Dinge<br />
zusammen, die der Praktiker mit nach<br />
Hause nehmen konnte: Gerade auf dem<br />
Sektor der Fruchtbarkeit wird deutlich,<br />
wie sich bereits "kleine" Haltungs- <strong>und</strong><br />
Fütterungsfehler (Management!!!) auswirken.<br />
Medikamente können dies nicht<br />
kompensieren - auch wenn es <strong>im</strong>mer<br />
wieder "versucht" wird. "Eine Kuh wird<br />
dann trächtig wenn sie trächtig werden<br />
kann <strong>und</strong> will! Fehler <strong>im</strong> Management<br />
führen dann unweigerlich zu<br />
Pansenacidosen, Ketosen, Mastitiden,<br />
Lahmheiten, … . Die Auswirkungen<br />
dieser Erkrankungen kennen wir alle -<br />
sind es doch diese "Man - made"- Probleme,<br />
die in der Rinderpraxis unser Tun<br />
erfordern. Erschreckend ist nur, wie<br />
wenig oftmals Betriebsleiter über ihre<br />
Kühe wissen. Es ist Zeit, durch uns Tierärzte<br />
den Landwirten zu vermitteln, von<br />
<strong>und</strong> mit den Kühen zu leben", so Dr.<br />
Reszler in seinem Tagungsresümee der<br />
Rindersektion.<br />
MEIN RESÜMEE<br />
Alles in Allem eine tolle Leistung der<br />
Agrar - <strong>und</strong> <strong>Veterinär</strong> - <strong>Akademie</strong> (AVA),<br />
diese Parallelveranstaltung Rind <strong>und</strong><br />
Schwein organisiert <strong>und</strong> professionell<br />
durchgeführt zu haben. Von <strong>und</strong> für<br />
Praktiker, die alle etwas mit nach Hause<br />
nehmen konnten. Selbst der r<strong>und</strong> 160<br />
Seiten dicke Tagungsband sucht seinesgleichen.<br />
In meinen Augen ist es der AVA<br />
gelungen, für die Nutztierpraxis eine der<br />
besten Fortbildungen seit langem geboten<br />
zu haben. Weiter so! Ich freue mich schon<br />
auf die 5. Haupttagung vom 24. bis 26.<br />
Februar 2006 in Göttingen.<br />
Dr. Michel Dörnfeld<br />
Marienhafe<br />
8 NUTZTIERPRAXIS AKTUELL