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Ene, mene, muh und raus bist du! Zur Etablierung gesellschaftlicher Wirklichkeiten durch Öffentlichkeit anhand des Exempels Medien und Menschen mit Behinderung Bakkalaureatsarbeit 2 Sommersemester 2011 Leiter der LV: Dr. Christian Steininger Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien Eingereicht von Ulrike Reindl Martrikelnummer: 0651906, Studienkennzahl: 033641 E-Mail: a0651906@unet.univie.ac.at! Wien, 30. Juni 2011

<strong>Ene</strong>, <strong>mene</strong>, <strong>muh</strong> <strong>und</strong> <strong>raus</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong>!<br />

Zur Etablierung gesellschaftlicher Wirklichkeiten <strong>du</strong>rch Öffentlichkeit anhand des<br />

Exempels Medien <strong>und</strong> Menschen mit Behinderung<br />

Bakkalaureatsarbeit 2<br />

Sommersemester 2011<br />

Leiter der LV: Dr. Christian Steininger<br />

Institut für Publizistik- <strong>und</strong> Kommunikationswissenschaft<br />

der Universität Wien<br />

Eingereicht von<br />

Ulrike Reindl<br />

Martrikelnummer: 0651906, Studienkennzahl: 033641<br />

E-Mail: a0651906@unet.univie.ac.at!<br />

Wien, 30. Juni 2011


INHALTSVERZEICHNIS<br />

I EINLEITUNG<br />

1. „Alle Jahre wieder…“ 4<br />

2. Erkenntnisinteresse <strong>und</strong> Relevanz 5<br />

3. Forschungsstand 6<br />

4. Forschungsfragen 9<br />

II HAUPTTEIL<br />

1. Gliederung 10<br />

2. Kommunikationstheoretischer Bezugsrahmen 11<br />

!<br />

2.1. Theorie sozialer Systeme 11<br />

2.2. Konstruktivismus 12<br />

3. Begriffsdefinitionen 12<br />

3.1. Öffentlichkeit 12<br />

3.2. Wirklichkeitskonstruktion 14<br />

3.3. Menschen mit Behinderung 15<br />

4. Zu Öffentlichkeit <strong>und</strong> Wirklichkeitskonstruktion 17<br />

5. Das <strong>du</strong>rch mediale Inhalte transportierte Wirklichkeitsbild von Menschen mit<br />

Behinderung 18<br />

5.1. Exkurs: Ein kurzer geschichtlicher Abriss 19<br />

5.2. Zur Darstellungsform von Menschen mit Behinderung innerhalb der Medien 20<br />

5.3. Verzerrende Momente <strong>und</strong> Diskriminierung 22<br />

6. Medienwirklichkeit <strong>und</strong> Lebensrealität 27<br />

6.1. Die bittere (?) Realität 27<br />

6.2. Mediale Zugänglichkeit 28<br />

6.2.1. Inhaltliche Barrieren am Beispiel Fernsehen in Bezugnahme auf den ORF 30<br />

6.3. Aktive Partizipation im Journalismus von Menschen mit Behinderung 31<br />

6.4. Zur Bedeutung der Medien für Betroffene 32<br />

6.5. Forderungen Betroffener an die Medien 34<br />

1


III SCHLUSS<br />

1. Conclusio <strong>und</strong> Ausblick 38<br />

IV LITERATURVERZEICHNIS<br />

1. Primärliteratur 41<br />

2. Internetquellen 44<br />

!<br />

2


Anmerkungen<br />

Aus Gründen der flüssigeren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwen<strong>du</strong>ng männlicher<br />

<strong>und</strong> weiblicher Sprachformen verzichtet. Natürlich gelten aber sämtliche<br />

Personenbezeichnungen gleichwohl für beiderlei Geschlecht.<br />

Weiters wurde versucht, in der vorliegenden Arbeit diskriminierende Formulierungen zu<br />

vermeiden. Political correctness war dabei entscheidend, aber vor allem auch die Arbeit<br />

von Vereinen, Arbeitsgemeinschaften <strong>und</strong> Organisationen, die sich dafür einsetzen,<br />

„normal“ mit Beeinträchtigungen in der Gesellschaft umzugehen <strong>und</strong> zu diesem Ziel neue<br />

Formulierungen etablieren wollen. Bezeichnungen wie „Menschen mit Behinderung“<br />

werden dennoch verwendet, um die Begrifflichkeiten in einem wissenschaftlichen Kontext<br />

greifbarer <strong>und</strong> allgemein verständlicher zu machen.<br />

!<br />

3


I EINLEITUNG<br />

1. „Alle Jahre wieder…“<br />

… führt uns die ORF- Aktion „Licht ins Dunkel“ zu Weihnachten vor Augen, was man im<br />

medialen Bereich im Zusammenhang mit Menschen mit Behinderung falsch machen kann.<br />

Die klischeehaften Darstellungen wollen auf die Tränendrüsen der Rezipienten drücken<br />

<strong>und</strong> nichts als Mitleid erwecken. Eine alltagsnahe Darstellung Betroffener wird vergeblich<br />

gesucht. Obwohl es im Laufe der letzten Jahre zu einem Paradigmenwechsel in der<br />

Gesellschaft <strong>du</strong>rch Integration <strong>und</strong> Gleichstellung gekommen ist, der die Lebenssituation<br />

von Menschen mit Behinderung bereits in gewissem Maße verändert hat, wurde der in<br />

dieser Spendenaktion scheinbar nicht mit vollzogen. Der ORF ignoriert „… die Kritik <strong>und</strong><br />

beharrt auf eine Spendenkampagne für behinderte Menschen ohne behinderte Menschen.<br />

Betroffene nicht einzubeziehen hat im ORF System, wie auch die Einla<strong>du</strong>ngspolitik zeigt.<br />

Wenn schon über das Thema Behinderung diskutiert wird – was selten genug vorkommt –,<br />

werden Betroffene nicht eingeladen…“. (Huainigg 2009)<br />

Dies ist als plakatives Beispiel dafür zu verstehen, wie ein Medium seine sozialen<br />

Funktionen - gemeint sind damit Leistungen - im Hinblick auf die Gesellschaft definitiv<br />

nicht erfüllt. Zu sozialen Funktionen zählen unter anderem Sozialisation, Orientierung,<br />

Integration <strong>und</strong> Rekreation. (Vgl. Burkart 2002: 383 ff) Aber nicht nur diese Leistungen<br />

werden so nicht erbracht, auch das Herstellen von Öffentlichkeit, eine der wichtigsten<br />

Funktion von Massenmedien, wird auf diese Art <strong>und</strong> Weise, gänzlich ignoriert.<br />

„Öffentlichkeit entsteht <strong>und</strong> besteht heute im wesentlichen da<strong>du</strong>rch, daß [sic!]<br />

Informationen via Massenmedien veröffentlicht, also öffentlich zugänglich gemacht<br />

werden.“ (Burkart 2002: 391) Wenn Menschen als mitleidserregende Kreaturen dargestellt<br />

werden, kann wohl kaum von einer informierenden Berichterstattung gesprochen werden.<br />

Des Weiteren ist zu erkennen, dass <strong>du</strong>rch derartige Darstellungen die „Realität“ (mehr<br />

dazu in den folgenden Kapiteln) nicht eingefangen, sondern vielmehr ein trügerischer<br />

Anschein vermittelt wird, der weit entfernt jeglicher Lebensrealität von behinderten<br />

Menschen ist. Menschen mit Behinderung können genauso Freude am Leben empfinden,<br />

wie jeder andere auch. Fraglich ist, warum es nicht behinderten Menschen so schwer fällt,<br />

das zu begreifen. Es ist mehr als traurig <strong>und</strong> bezeichnend für die heutige Gesellschaft, die<br />

!<br />

4


sich selbst gerne als höchst modern <strong>und</strong> fortschrittlich begreift, dass es ihr bis heute nicht<br />

gelungen ist, Menschen mit Behinderung als gleichwertige Personen wahrzunehmen. Die<br />

Frage, welchen Beitrag die Medien <strong>und</strong> somit auch Öffentlichkeit dazu leisten, scheint<br />

<strong>du</strong>rchaus berechtigt.<br />

2. Erkenntnisinteresse <strong>und</strong> Relevanz<br />

Der Begriff „Öffentlichkeit“ wird in der Alltagssprache häufig mit Medien in<br />

Zusammenhang gebracht. Er schwirrt im Universum der Medienwelt herum <strong>und</strong> keiner<br />

weiß so recht, worum es sich bei der sogenannten „Öffentlichkeit“ eigentlich handelt. Es<br />

wird zwar angenommen, Medien sollen Öffentlichkeit herstellen <strong>und</strong> sie gewährleisten,<br />

aber ihre Bedeutung so richtig auf den Punkt zu bringen fällt schwer, denn das Wort<br />

„Öffentlichkeit“ erweist sich als übe<strong>raus</strong> schwammiger Begriff.<br />

Die Zugangsweise über die Hinterfragung, was Öffentlichkeit soll, also welche Funktionen<br />

sie zu erfüllen hat, scheint deshalb plausibel <strong>und</strong> sinnvoll. Wenn von zu erfüllenden<br />

Funktionen einer Öffentlichkeit gesprochen wird, kann man beispielsweise von der<br />

Etablierung gesellschaftlicher Wirklichkeiten ausgehen. Andererseits kann Öffentlichkeit<br />

auch als ein Verständigungsprozess einer Gesellschaft über sich selbst aufgefasst werden.<br />

(Vgl. Steininger 2007: 67 ff) Es ist also interessant, in welchem Ausmaß Öffentlichkeiten<br />

Wirklichkeiten pro<strong>du</strong>zieren. Wenn Öffentlichkeit, so wie Neidhardt postuliert, einen<br />

möglichen Raum für Kommunikation aller darstellt, so muss unter diesem Gesichtspunkt<br />

natürlich die Stellung <strong>und</strong> Bedeutung der Medien genauer betrachtet werden. (Vgl.<br />

Neidhardt 1994: 7) Infolgedessen darf die denkbare konstruierte Medienwirklichkeit nicht<br />

außer Acht gelassen werden.<br />

Die Begriffe Medien <strong>und</strong> Wirklichkeit stehen beinahe wie Sonne <strong>und</strong> Mond, Tag <strong>und</strong><br />

Nacht, aber auch ein wenig wie Pech <strong>und</strong> Schwefel zueinander. Diese jeweiligen Begriffe<br />

scheinen nicht ganz zueinander zu passen, vielleicht sogar einander konträr zu sein, dann<br />

aber wieder irgendwie doch nicht. Seit Beginn der Kommunikationswissenschaft handelt<br />

es sich hierbei um ein scheinbar unzuvereinendes Paar, über das in Fachkreisen stets<br />

diskutiert wird. Einige Wissenschaftler vertreten die Auffassung, Medien bilden die<br />

Realität ab, andere meinen, sie konstruieren sie vielmehr. Die immer wiederkehrende<br />

!<br />

5


Frage nach der „wirklichen Realität“, also die Frage danach, was die eine Realität<br />

tatsächlich ist, konnte bis heute jedoch noch nicht einstimmig beantwortet werden.<br />

Wenn davon ausgegangen werden kann, dass Medien eine bestimmte Wirklichkeit<br />

konstruieren, so ist besonders interessant, in welchem Ausmaß das in der heutigen Zeit<br />

geschieht.<br />

Im Rahmen der vorliegenden Forschungsarbeit wurde im Groben der Fokus auf Menschen<br />

mit Behinderung gelegt. Dabei galt es, einerseits das <strong>du</strong>rch mediale Inhalte vermittelte<br />

Wirklichkeitsbild Betroffener <strong>und</strong> die Relation von medialer Wirklichkeit <strong>und</strong><br />

Lebensrealität von Menschen mit Behinderung andererseits zu untersuchen.<br />

Dies erscheint besonders relevant, da die gesellschaftliche Teilhabe in einer modernen<br />

Gesellschaft an die Vo<strong>raus</strong>setzung gekoppelt ist, Medien nach eigenen Wünschen <strong>und</strong><br />

Bedürfnissen nutzen zu können. In jeder Hinsicht ist es wichtig, „mobil“ zu sein - sei es<br />

nun im Straßenverkehr oder in der Welt der Kommunikationstechnologien. Um die<br />

spätmoderne Problematik der Behinderung in den Griff zu bekommen, wird die<br />

Selbstbestimmung Betroffener als Leitlinie vorgeschlagen. Denn in „… der gegenwärtigen<br />

Zeit still zu stehen, an einem Ort zu verharren, in einem Wort: ‚behindert‘ zu sein, kann<br />

den sozialen Tod bedeuten.“ (Waldschmidt 2003: 18) Dass hierbei auch eine wichtige<br />

gesellschaftsrelevante Problematik angesprochen wird, ergibt sich aus der Annahme, dass<br />

Menschen mit Behinderung ein immer wichtiger werdender Aspekt der Gesellschaft<br />

werden. Im Laufe der Jahre wird die Zahl von Betroffenen immer mehr ansteigen. (Vgl.<br />

WHO 2011(a) : 262)<br />

Für die die Sicherstellung der Ergebnisse wurde die Anwen<strong>du</strong>ng einer literarischen<br />

Analyse als geeignete Methode angesehen.<br />

3. Forschungsstand<br />

Im folgenden Abschnitt soll der Forschungsstand, der dieses Problemfeld betrifft, näher<br />

erläutert werden.<br />

Vorweg ist anzumerken, dass zur vorliegenden Thematik keine Studie vorhanden war, die<br />

die Forschungsfragen hinreichend beantwortet hätte. Auffallend ist auch, dass im Bereich<br />

der Medien nicht allzu oft über Gegenstände geforscht wird, die Menschen mit<br />

!<br />

6


Behinderung betreffen. Nachdem, wie schon erwähnt wurde, nur wenige Studien<br />

vorhanden sind, auf die sich der Forschungsgegenstand stützen kann, erweist sich dieser<br />

als eher spärlich im Umfang.<br />

Dennoch werden im Anschluss vier Arbeiten vorgestellt, die dieser Forschungsarbeit als<br />

Ansatzpunkt dienten:<br />

1)<br />

Möller, Oberhäuser <strong>und</strong> Von Sikorski analysierten in einer Studie mittels Impliziten-<br />

Assoziations-Tests stereotypes Denken, das Rezipienten medialen Darstellungen von<br />

Athleten mit Behinderung entgegenbringen. Die Hauptuntersuchung ergab systematisch<br />

geringere Latenzzeiten bei stereotypkonformen Beurteilungskategorisierungen (behindert -<br />

schlecht) als bei nonkonformen (behindert - gut), sowie auch eine systematisch geringere<br />

Fehlerzahl unter der konformen Bedingung. Beurteilt man die Ergebnisse hinsichtlich ihrer<br />

gesellschaftlichen Implikationen, weist die massenmediale (Sport-)Kommunikation über<br />

Menschen mit Behinderung eine Notwendigkeit zur Reformierung negativer Assoziationen<br />

auf, die Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft entgegengebracht werden. (Vgl.<br />

Möller, Oberhäuser, Von Sikorski 2011: 51 ff)<br />

2)<br />

Renggli zufolge gehen aus einer Studie von Bosse mehrere beachtenswerte<br />

Untersuchungsergebnisse hervor: Menschen mit Behinderung werden häufig in den<br />

Medien dargestellt, ihnen kommt meist eine Sonderstellung zu, die Themen beziehen sich<br />

vor allem auf ihre Behinderung, Akteure bedienen sich einer angemessenen Sprache,<br />

Sprecher einer impliziten herabwürdigenden Ausdrucksweise, Behinderung ist kein<br />

selbstverständlicher Teil der Bilder <strong>und</strong> innerhalb der Medien kommt es oft zum Gebrauch<br />

von Stereotypen. Bosse folgert demnach eine weitgehend traditionelle Darstellungsweise,<br />

wenngleich er auch schon Ansätze zu gleichberechtigter Teilhabe erkennt. 1 (Vgl. Bosse<br />

2006 zit. nach Renggli 2007: 574)<br />

!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!<br />

" ! Bosse, Ingo: Behinderung im Fernsehen. Gleichberechtigte Teilhabe als Ziel der Berichterstattung. Deutscher<br />

Universitäts- Verlag: Wiesbaden. 2006. Zitiert nach: Renggli, Cornelia: Buchbesprechungen. Ingo Bosse: Behinderung<br />

im Fernsehen. Gleichberechtigte Teilhabe als Leitziel der Berichterstattung. In: In: Beck, Klaus; Holtz- Bacha, Christina;<br />

!<br />

7


3)<br />

Charlton, Lucius-Hoene <strong>und</strong> Soll untersuchten die Darstellung von Behinderung <strong>und</strong><br />

chronischer Krankheiten in Deutschland in einer vergleichenden Analyse der Jahrgänge<br />

1955, 1975 <strong>und</strong> 1955. (Vgl. Charlton, Lucius-Hoene <strong>und</strong> Soll 1999: 20 ff) Dabei konnte<br />

festgestellt werden, dass die Anzahl der Medienangebote, in denen Behinderung <strong>und</strong><br />

chronische Krankheit thematisiert wurde, im Verlauf der Zeit deutlich zunahm, was<br />

<strong>du</strong>rchaus als positive Entwicklung gewertet werden kann. Darüberhinaus hat sich auch die<br />

Art <strong>und</strong> Weise der Darstellung merklich verändert. Festzuhalten ist dabei die Verlagerung<br />

von einer medizinisch-heilk<strong>und</strong>lichen zu einer psychosozialen Berichterstattung. Zudem<br />

stellen sie fest, dass die modernen Medien, „… neue Möglichkeiten für die persönliche<br />

Identität, die der Situation des Indivi<strong>du</strong>ums in der modernen Gesellschaft entsprechen, <strong>und</strong><br />

die in früheren Gesellschaft weder notwendig, noch möglich gewesen…“ wären, eröffnen.<br />

(Charlton, Lucius-Hoene <strong>und</strong> Soll 1999: 24)<br />

4)<br />

Eine frühere Studie von Huainigg beschäftigt sich mit der Darstellung behinderter<br />

Menschen im ORF. Auch wenn sie aus dem Jahre 1996 stammt, scheint sie immer noch<br />

von hoher Relevanz zu sein. Es konnte aufgezeigt werden, dass Redakteure im ORF, die<br />

im Sozialbereich recherchieren, meist unter starken psychischen Belastungen stehen. Die<br />

meisten Redakteure im ORF gestehen sich ein Empfinden von Mitleid nicht ein, wenn<br />

Menschen mit Behinderung der Mittelpunkt ihrer Arbeit sind. Des Weiteren sind die<br />

Darstellungen von Menschen mit Behinderung im Medium in den Augen der Redakteure<br />

objektiv <strong>und</strong> kaum mitleidserregend. Betroffene jedoch sind gegenteiliger Auffassung,<br />

ihnen zufolge sollen Beiträge vielmehr den Anspruch von Rechten thematisieren. Wenn es<br />

darum ging, Menschen mit Behinderung als gleichwertige Experten anzuerkennen, hatten<br />

alle befragten Redakteure ihre Probleme damit. Forderungen, so wie das Mitwirken von<br />

Menschen mit Behinderung als Berater <strong>und</strong> Gestalter in den Medien, sorgten bei vielen<br />

!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!<br />

Kutsch, Arnulf; Schönbach, Klaus (Hrsg.): Publizistik. Vierteljahreshefte für Kommunikationsforschung. Wiesbaden: VS<br />

Verlag für Sozialwissenschaften. Jahrgang 52. Heft 4/ 2007. S. 574.<br />

!<br />

!<br />

8


ORF-Mitarbeitern für Verständnislosigkeit <strong>und</strong> Angst. Bezüglich der Themenfin<strong>du</strong>ng sind<br />

aus Sicht der Menschen mit Behinderung die Möglichkeiten mit ihren Anliegen in die<br />

Medien zu kommen sehr begrenzt. Redakteure wiederum beteuern eine sehr offene<br />

Themenfin<strong>du</strong>ng, die vor allem aus den Reaktionen der Zuseher (zum Beispiel Leserbriefe)<br />

erfolgt. Dennoch gaben ORF-Journalisten zu, dass sie es vorziehen, eher über<br />

Einzelschicksale, als über längere Zeiträume zu berichten, da dies die Einschaltquote<br />

erhöhe. (Vgl. Huainigg 1996: 111)<br />

Resümierend lässt sich festhalten, dass in der Forschung immer wieder ein Aspekt<br />

aufscheint, der allen Untersuchungen gemein ist: der Ruf nach weiteren Studien <strong>und</strong><br />

Forschungen, welche die Thematik von Medien <strong>und</strong> Menschen mit Behinderung aufgreifen<br />

sollen. Dabei soll es sich aber nicht um eine Auseinandersetzung über diskriminierende<br />

Formulierungen <strong>und</strong> Aktionen in den Medien handeln, wie es in der Vergangenheit oft der<br />

Fall war, sondern vielmehr die Frage nach dem Zugang zu den Medien in den Mittelpunkt<br />

gestellt werden <strong>und</strong> der „… Ausschluß [sic!] von behinderten Personen aus den Medien<br />

als Nutzer <strong>und</strong> als Personen, die sich selbst in ihrer Sicht darstellen können…“<br />

aufgehoben werden. (Schönwiese 1996: 8)<br />

4. Forschungsfragen<br />

Aus dem Forschungsstand wurde der Forschungsgegenstand abgeleitet. Er lässt sich<br />

plausibel in zwei zentrale Fragekomplexe bündeln.<br />

!<br />

1. Wie lässt sich das <strong>du</strong>rch mediale Inhalte transportierte Wirklichkeitsbild von<br />

Menschen mit Behinderung beschreiben?<br />

2. Wie gestaltet sich die Relation von medialer Wirklichkeit <strong>und</strong> der Lebensrealität<br />

Betroffener?<br />

9


II HAUPTTEIL<br />

1. Gliederung<br />

Eröffnet wird der nun folgende Hauptteil der Forschungsarbeit mit der Präsentation von<br />

Theorien, die die Problemstellung der Arbeit eingrenzen <strong>und</strong> die Rahmenbedingungen in<br />

denen die Thematik gedacht werden kann. Dieses Kapitel soll dazu dienen, der<br />

Untersuchung ein theoretisches F<strong>und</strong>ament zu geben, wenngleich auf die behandelten<br />

theoretischen Konstrukte im Verlauf der Arbeit nicht noch einmal konkret eingegangen<br />

wird.<br />

Im Anschluss folgt ein Kapitel, welches die Begriffe Öffentlichkeit,<br />

Wirklichkeitskonstruktion <strong>und</strong> Menschen mit Behinderung greifbarer, beziehungsweise<br />

darauf aufmerksam machen soll, welche Schwierigkeiten sich bei dem Versuch ergeben,<br />

eine genaue Definition für diese Begriffe festzulegen.<br />

Danach wird das Verhältnis zwischen Öffentlichkeit <strong>und</strong> Wirklichkeitskonstruktion<br />

analysiert, da dies den Bereich darstellt, unter welchem die Forschungsarbeit gedacht<br />

werden kann.<br />

Nachfolgend werden die Forschungsfragen thematisiert.<br />

Dabei wird zunächst einmal das <strong>du</strong>rch mediale Inhalte vermittelte Wirklichkeitsbild von<br />

Menschen mit Behinderung untersucht. Zentral dabei ist, wie Betroffene in den Medien<br />

dargestellt werden <strong>und</strong> wie verzerrende Momente zu Diskriminierung führen können. Zum<br />

näheren Verständnis wird zusätzlich ein kurzer geschichtlicher Abriss wiedergegeben.<br />

Das anschließende Kapitel versucht die Relation von Medienwirklichkeit <strong>und</strong><br />

Lebensrealität Betroffener zu erfassen. Zuerst wird probiert, eine genaue Zahl von<br />

Menschen mit Behinderung zu ermitteln, um zu verdeutlichen, dass es sich hierbei<br />

<strong>du</strong>rchaus um eine beträchtliche Summe an Menschen handelt. Des Weiteren wird zwischen<br />

aktivem <strong>und</strong> passivem medialem Handeln unterschieden, wobei verschiedene Beispiele als<br />

Veranschaulichungen dienen. Probleme, die im Zuge dessen auftreten können, werden<br />

ebenfalls vorgestellt. Abger<strong>und</strong>et wird dieser Abschnitt mit den Forderungen Betroffener<br />

an die Medienwelt, da diese gut beschreiben, welche Ungerechtigkeiten in diesem<br />

Zusammenhang noch immer bestehen.<br />

Den Abschluss der vorliegenden Forschungsarbeit bilden dann die Conclusio <strong>und</strong> ein<br />

kritischer Ausblick in die Zukunft.<br />

!<br />

10


2. Kommunikationstheoretischer Bezugsrahmen<br />

Ziel dieses Kapitels ist es, dem Thema der vorliegenden Arbeit ein theoretisches<br />

F<strong>und</strong>ament zu geben. Die präsentierten Theorien bilden das übergreifende Theorienetz, in<br />

dem die Problemstellung dieser Forschungsarbeit verstanden werden soll.<br />

Die kommunikationswissenschaftliche Perspektive, unter der die vorliegende<br />

Problemstellung gedacht wird, ist zum einen die Systemtheorie, genauer die Theorie<br />

sozialer Systeme <strong>und</strong> der Konstruktivismus.<br />

2.1. Theorie sozialer Systeme<br />

Die Systemtheorie geht zu Beginn immer von einem System aus, das als operativ<br />

geschlossene Einheit zu verstehen ist, die aus Elementen besteht, die auf bestimmte Art<br />

<strong>und</strong> Weise ein gewisses Netzwerk von Beziehungen konstituieren. (Vgl. Weber 2010: 192)<br />

Kennzeichnend ist die begriffene Funktionalität der Elemente eines Systems zueinander,<br />

sie stehen also in einer gewissen Wechselbeziehung <strong>und</strong> bedingen einander. (Vgl. Burkart<br />

2002: 458) Durch die Repro<strong>du</strong>ktion dieser Elemente wird ein System stabilisiert. Das, was<br />

nicht in ein System gehört <strong>und</strong> folglich jenseits der Systemgrenze liegt, wird als Umwelt<br />

verstanden. (Vgl. Weber 2010: 192) „Der jeweils systemrelative Rest der Welt ist also<br />

Umwelt für ein System.“ (Weber 2010: 192) Es ergibt sich ein beachtenswerter Zustand -<br />

in der Umwelt von Systemen kommen zahllose weitere Systeme vor, die für den Rest der<br />

Welt Umwelt ist. (Vgl. Weber 2010: 192)<br />

Wenn man nun dieses systemtheoretische Denken auf den Sozialbereich ausweitet, so<br />

gelangt man zu sogenannten sozialen Systemen. Soziale Systeme werden als Systeme<br />

konkreter, menschlicher Handlungen begriffen. Personen als solche gibt es demzufolge in<br />

der systemtheoretischen Sichtweise überhaupt nicht. Sie gelten als Aktionssysteme eigener<br />

Art, die <strong>du</strong>rch einzelne Handlungen mit unterschiedlichen Sozialsystemen verb<strong>und</strong>en sind.<br />

(Vgl. Burkart 2002: 459 <strong>und</strong> Luhmann 1987: 30ff)<br />

Das bedeutet, das Medien <strong>und</strong> somit auch Journalisten im Prinzip bestimmte Aufgaben<br />

<strong>und</strong> Funktionen zu erfüllen haben.<br />

!<br />

11


2.2. Konstruktivismus<br />

Die Position des Konstruktivismus lässt sich wie folgt beschreiben.<br />

Konstruktivismus behauptet, die „Außenwelt“ sei nicht vorgegeben <strong>und</strong> werde demnach<br />

von den Mediennutzern nicht sukzessiv enthüllt, sondern vielmehr <strong>du</strong>rch Sprache <strong>und</strong> die<br />

jeweiligen Wahrnehmungen erzeugt <strong>und</strong> eigentlich erst aufgebaut. Das ist das<br />

„konstruierende“ Element dieser Medientheorie. Es handelt sich hierbei also nicht um das<br />

Wesen der Dinge, wenn man so möchte, genauergenommen tritt der Akt des Erkennens ins<br />

Zentrum der Betrachtung. Somit werden Was-Fragen <strong>du</strong>rch Wie-Fragen ersetzt. Es geht<br />

um das Werden von etwas <strong>und</strong> nicht das bloße Sein. (Vgl. Weber 2010: 171)<br />

Als essentiell erweist sich die Tatsache, dass es sich bezüglich der Medien bei<br />

konstruktivistischen Sichtweisen nicht um eine planmäßige <strong>und</strong> bewusste Intention<br />

handelt, bestimmte Wirklichkeiten zu entwerfen, sondern überwiegend um einen<br />

unbewussten, impliziten Prozess. (Vgl. Weber 2010: 174 f)<br />

Ferner gibt es Vertreter des Konstruktivismus, die zwischen den Begriffen Realität <strong>und</strong><br />

Wirklichkeit unterscheiden. Wirklichkeit wird demzufolge als „… jene phänomenale Welt<br />

definiert, die von uns erzeugt wird, <strong>und</strong> Realität als das unerkennbare Jenseits dieser<br />

Wirklichkeitskonstruktionen, das nicht geleugnet wird.“(Weber 2010: 174)<br />

3. Begriffsdefinitionen<br />

Um den Themenkomplex „Öffentlichkeit <strong>und</strong> Wirklichkeitskonstruktion“ begreifen zu<br />

können, ist es vorerst wichtig, die verschiedenen Begrifflichkeiten, die im Hinblick auf die<br />

Forschungsarbeit relevant erscheinen, zu fassen <strong>und</strong> näher zu definieren.<br />

Dazu werden unterschiedliche Ansätze vorgestellt, die bezüglich der zu behandelnden<br />

Thematik als bedeutsam angesehen werden.<br />

3.1. Öffentlichkeit<br />

Im Alltag ist es unvermeidbar, dem Wort „Öffentlichkeit“ zu entkommen. Es ist allseits<br />

präsent, doch was es genau meint, lässt sich nicht leicht eingrenzen.<br />

Der Begriff ist schwammig <strong>und</strong> enthält vieles, was man ihm nicht ansehen kann. Dies<br />

resultiert vor allem aus der Tatsache, dass „Öffentlichkeit“ einerseits eine Kategorie eines<br />

!<br />

12


Gesellschaftsbereiches <strong>und</strong> andererseits auch als Gesellschaftsideal, zum Beispiel in einer<br />

demokratisch organisierten Gemeinschaft, dient. (Vgl. Steininger 2007: 20)<br />

!<br />

„Öffentlichkeit“ erweist sich als eine etablierte Kategorie, wenn man im täglichen Leben<br />

über die Medien spricht. Sie wird als substantielle, wenn auch immaterielle, Institution<br />

verstanden, obgleich sie auch ein theoretisches Konstrukt darstellt. „Öffentlichkeit“<br />

materialisiert sich vor allem in den Medien, beziehungsweise wird <strong>du</strong>rch diese hergestellt.<br />

(Vgl. Hickethier 2003: 202 f)<br />

Hickethier beschreibt „Öffentlichkeit“ als einen Ort, an dem Angelegenheiten, die eine<br />

Gemeinschaft oder Gesellschaft insgesamt betreffen, besprochen werden. Dieser<br />

funktionelle Bereich soll helfen, „Dinge“ zu regeln, wobei hier oftmals auf Normen <strong>und</strong><br />

Werte Bezug genommen wird. Das erweist sich als besonders wichtig, weil nur auf diese<br />

Weise das Fortbestehen einer Gemeinschaft, beziehungsweise einer Gesellschaft, garantiert<br />

werden kann. Gesellschaftliche Konflikte <strong>und</strong> konträre Positionen brauchen einen Raum,<br />

wo ein Ausgleich gef<strong>und</strong>en werden kann, um den inneren Frieden einer Gesellschaft zu<br />

bewahren. (Vgl. Hickethier 2003: 203) Hickethier geht somit vor allem darauf ein, dass<br />

„Öffentlichkeit“ einen Platz bietet, an dem Konflikte die eine ganze Gemeinschaft<br />

betreffen, ausgetragen <strong>und</strong> bewältigt werden können.<br />

Des Weiteren meint „Öffentlichkeit“ ein „… öffentliches Kommunikationsforum für alle,<br />

die etwas sagen oder das, was andere sagen, hören wollen.“ (Neidhardt 1994: 7) Bei<br />

Öffentlichkeit handelt es sich also um eine Diskussionsplattform für alle, die an einer<br />

bestimmten Kommunikation teilnehmen wollen, sei es aktiv oder passiv.<br />

Schäffle zufolge kennzeichnet „Öffentlichkeit“ eine „…Ausbreitung social [sic!]<br />

wirksamer Ideen über die Grenze jenes Kreises hinaus, welcher berufsmäßig die<br />

betreffende geistige Arbeit <strong>du</strong>rchzuführen hat…“. (Schäffle 2001: 117) Er schlägt vor, dass<br />

öffentliche Meinungen jedermann zugänglich sein sollten. Außerdem stellt Schäffle fest,<br />

Öffentlichkeit werde <strong>du</strong>rch eine gute Verfassung gesichert <strong>und</strong> setze eine gewisse<br />

„Offenheit“ vo<strong>raus</strong>. Würde es keine Öffentlichkeit geben, hätte das schwere Folgen, wie<br />

zum Beispiel die Schwächung der geistigen Volkskraft, geistige Ohnmacht <strong>und</strong> allgemeine<br />

Teilnahmslosigkeit in Krisensituationen. (Vgl. Schäffle 2001: 117 ff)<br />

13


In kommunikationswissenschaftlichen Auseinandersetzungen wird verdeutlicht, dass es die<br />

Aufgabe des jeweiligen Journalisten sei, im Zuge seines Arbeitsprozesses „Öffentlichkeit“<br />

herzustellen. (Vgl. Gellner 1988: 6) Dennoch laufen Journalisten in diesem Kontext auch<br />

häufig Gefahr, gar keine offene Kommunikation herzustellen, also jenes Forum zu<br />

gewährleisten, sondern sie erzeugen oftmals nur Konformitätsdruck <strong>und</strong> stellen öffentliche<br />

Meinung her. (Vgl. Pöttker 2001: 9 ff)<br />

Zentrale Punkte, die Pöttker noch he<strong>raus</strong>gearbeitet hat, sind: (Vgl. Pöttker 2001: 25 ff)<br />

!<br />

• Moderne <strong>und</strong> komplexe Gesellschaften sind auf Öffentlichkeit angewiesen.<br />

• Selbst Indivi<strong>du</strong>en, die nur in Bezug auf sich selbst handeln, brauchen<br />

Öffentlichkeit, „… weil sie sonst vom kulturell bereitstehenden Reichtum an<br />

Erfahrung <strong>und</strong> Erkenntnis keinen Gebrauch machen könnten.“ (Pöttker 2001: 25 f)<br />

3.2. Wirklichkeitskonstruktion<br />

Ein in der Kommunikationswissenschaft leidiges <strong>und</strong> immer wiederkehrendes Thema, das<br />

für Diskussionsstoff sorgt, ist, inwieweit Medien die Realität abbilden, beziehungsweise<br />

inwiefern sie eine Medienwirklichkeit konstruieren.<br />

Zu Beginn sei darauf verwiesen, dass es sich bei Medien um Vermittlungsinstanzen<br />

handelt, die „… zum einen zwischen Sprecher <strong>und</strong> Hörer, Pro<strong>du</strong>zent <strong>und</strong> Rezipient, die<br />

zum anderen zwischen dem Menschen <strong>und</strong> seiner Umwelt (…) vermitteln…“. (Hickethier<br />

2003: 32) Diese Umwelt wird als „Realität“ angesehen <strong>und</strong> die Medien als Überbringer<br />

jener, beziehungsweise stellen sie „Realität“ zumindest dar. Es ist zu erkennen, dass<br />

Medien die „Wirklichkeit“ nicht nur wiedergeben, sondern auch eine eigene Welt, oder<br />

sogenannte „Medienrealitäten“ pro<strong>du</strong>zieren können. (Vgl. Hickethier 2003: 32)<br />

Hickethier geht in seiner Behauptung so weit, als dass er konstituiert, Medien bilden<br />

„… nicht eine allgemein vorhandene Wirklichkeit ab, sondern erzeugen eine eigene<br />

Medienwirklichkeit, sie pro<strong>du</strong>zieren Mendientexte über die Welt, die nach den<br />

Bedingungen der Medien organisiert sind. Diese korrespondieren wiederum mit den<br />

Vorstellungen <strong>und</strong> Weltsichten der Medienbenutzer <strong>und</strong> zielen auf eine möglichst<br />

weitgehende Homogenisierung dieser Realitätsvorstellungen.“<br />

(Hickethier 2003: 34)<br />

14


Dennoch sind Medienbenutzer sich <strong>du</strong>rch die Erfahrungen im Gebrauch mit Medien<br />

darüber bewusst, dass es sich bei Medienwirklichkeiten um Konstruktionen handelt. Es<br />

bestehen nämlich Differenzen zwischen der in den Medien dargestellten Welt <strong>und</strong> den<br />

Vorstellungen von der Welt auf Seiten der Rezipienten. Die Medienwirklichkeit wird somit<br />

oftmals als different <strong>und</strong> häufig auch als konträr zur eigenen, subjektiven Weltsicht der<br />

Indivi<strong>du</strong>en erfahren. (Vgl. Hickethier 2003: 34)<br />

Medienwirklichkeit kommt vor allem <strong>du</strong>rch die Selektion auf Seiten der Medienmacher<br />

zustande. Selektion meint zum Beispiel die Entschei<strong>du</strong>ng über eine gewisse Darstellung<br />

eines Inhaltes. (Vgl. Luhmann 2004: 139 f)<br />

Ferner erzeugen Medien eine transzendentale Illusion. Dabei wird die Tätigkeit der<br />

Massenmedien nicht nur als Abfolge bestimmter Operationen aufgefasst, sondern vor<br />

allem als Sequenz von Beobachtungen, genauer gesagt von beobachtenden Operationen,<br />

verstanden. (Vgl. Luhmann 2004: 14)<br />

Außerdem ist die Realität der Medien als „Realität der Beobachtung zweiter Ordnung“ zu<br />

verstehen. Damit gemeint ist die Ersetzung von Wissensvorgaben, die in anderen<br />

Gesellschaftsformationen <strong>du</strong>rch ausgezeichnete Beobachtungsplätze, wie beispielsweise<br />

Priester, Weise <strong>und</strong> Adelige, bereitgestellt wurden. (Vgl. Luhmann 2004: 153)<br />

Des Weiteren macht Luhmann auf die Realitätsverdoppelung aufmerksam, die im System<br />

der Massenmedien stattfindet: Medien kommunizieren nämlich über etwas, sei es über sich<br />

selbst oder über etwas Anderes. (Vgl. Luhmann 2004: 15)<br />

Medien „…können, <strong>und</strong> darin liegt zunächst einmal Garantie genug, nicht einfach sich<br />

selber für die Wahrheit halten. Sie müssen folglich Realität konstruieren, <strong>und</strong> zwar im<br />

Unterschied zur eigenen Realität noch eine andere.“ (Luhmann 2004: 15 f)<br />

3.3. Menschen mit Behinderung<br />

Es ist schwierig festzumachen, welche Merkmale eine Person zu einem Menschen mit<br />

Behinderung ausmachen. In der Literatur gibt es mehrere Ansätze, die nicht zu<br />

vereinheitlichen sind. Dennoch soll mittels der im Anschluss vorgestellten<br />

Ausgangspunkte versucht werden, die Definition des Begriffes „Menschen mit<br />

Behinderung“ etwas einzugrenzen.<br />

!<br />

15


Vorerst soll der Begriff „Behinderung“ mit einer Beschreibung der<br />

Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation (World Health Organization, WHO) erläutert werden. Der<br />

WHO zufolge, ist der Begriff “Behinderung”<br />

„…an umbrella term, covering impairments, activity limitations, and participation<br />

restrictions. An impairment is a problem in body function or structure; an activity<br />

limitation is a difficulty encountered by an indivi<strong>du</strong>al in executing a task or action; while a<br />

participation restriction is a problem experienced by an indivi<strong>du</strong>al in involvement in life<br />

situations. Thus disability is a complex phenomenon, reflecting an interaction between<br />

features of a person’s body and features of the society in which he or she lives.”<br />

!<br />

(WHO 2011(b))<br />

Demnach ist „Behinderung“ ein Überbegriff für drei verschiedene bedeutende<br />

Gesichtspunkte. Der Begriff „impairment“ (= Schädigung) bezieht sich auf diverse Mängel<br />

oder Abnormitäten der anatomischen, psychischen oder physiologischen Funktionen <strong>und</strong><br />

Strukturen des Körpers. „Activity limitation“ (=Handlungseinschränkungen) meint die<br />

Funktionsbeeinträchtigung oder -mängel aufgr<strong>und</strong> von Schädigungen, die typische<br />

Alltagshandlungen behindern oder gar unmöglich machen. „Participation restriction“ (=<br />

Partizipationseinschränkungen) weisen auf die Tatsache hin, dass Behinderung zu<br />

Einschränkungen bezüglich der Teilnahme am täglichen Leben führen kann.<br />

Darüber hinaus sind die Definitionen von Behinderung stark von der Haltung der<br />

Gesellschaft gegenüber Betroffenen geprägt. Im Zuge des gesellschaftlichen Wandels<br />

verändern sich somit auch die Begrifflichkeiten.<br />

Begriffe wie „Behinderung“, „behinderte Menschen“ oder „Menschen mit<br />

Behinderungen“, finden sich im österreichischen Recht noch nicht allzu lange wieder. Erst<br />

in der zweiten Hälfte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts kam der Begriff „Behinderung“ in<br />

österreichischen Gesetzen zum Vorschein. (Vgl. BMASK 2009:2)<br />

Heutzutage ist es üblich den politisch korrekten Terminus „Menschen mit Behinderungen“<br />

zu gebrauchen.<br />

Bei älteren Modellen ist zu erkennen, dass die im Rahmen der Behindertenpolitik<br />

verwendeten Definitionen von Behinderung sehr häufig auf einem medizinischen Ansatz<br />

basieren. Sie konzentrieren sich auf die physischen, geistigen oder psychischen Defizite<br />

16


der Betroffenen. Umweltbedingte Faktoren lassen diese weitgehend außer Acht. (Vgl.<br />

BMASK 2009: 2f)<br />

!<br />

„Das Konzept ‚abnormal‘ zu sein <strong>und</strong> eine Behandlung zu brauchen ging<br />

dabei meist Hand in Hand damit, Menschen mit Behinderungen vorwiegend als Objekte<br />

der Fürsorge zu sehen. Damit verb<strong>und</strong>en war auch oft das Bild von Menschen mit<br />

Behinderungen als tragische Opfer, die des Mitleids <strong>und</strong> der Spenden bedürfen.“<br />

(BMASK 2009: 3)<br />

Neuere Ansätze sehen Behinderung „… vor allem als Zusammentreffen von<br />

gesellschaftlichen <strong>und</strong> umweltbedingten Faktoren <strong>und</strong> nur zweitrangig als medizinisches<br />

Problem.“ (BMAK 2009: 3) Dabei wird vor allem der Faktor „soziale Beeinträchtigung“<br />

he<strong>raus</strong>gearbeitet. Es wird als unumgänglich erachtet, sich sowohl mit den Bedürfnissen des<br />

Einzelnen, wie zum Beispiel Rehabilitation <strong>und</strong> technische Hilfen, als auch mit den<br />

Unzulänglichkeiten der Gesellschaft, beispielsweise den verschiedenen Hindernissen für<br />

eine Teilhabe von Menschen mit Behinderung in einer Gemeinschaft, auseinanderzusetzen.<br />

Verdeutlichen soll dies ein Beschluss des EUGH im Juli 2006, der sich mit dem Begriff<br />

„Behinderung“ als Abgrenzung zum Begriff „Krankheit“ befasste. Er stellte fest, „… dass<br />

der Begriff ‚Behinderung‘(…) so zu verstehen sei, dass er eine Einschränkung erfasse, die<br />

insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen<br />

sei <strong>und</strong> die ein Hindernis für die Teilhabe des Betreffenden am Berufsleben bilde.“<br />

(BMASK 2009: 3) Es wird bewusst gemacht, dass der Begriff „Behinderung“ nicht mit<br />

„Krankheit“ gleichzusetzen ist.<br />

Dem Bericht des B<strong>und</strong>esministeriums für Arbeit, Soziales <strong>und</strong> Konsumentenschutz zufolge<br />

geht auch das <strong>Österreichische</strong> B<strong>und</strong>es-Behindertengleichstellungsgesetz (BGBl. I Nr.<br />

82/2005) in seiner Definition davon aus, dass nicht die Funktionsbeeinträchtigung, sondern<br />

vielmehr deren Auswirkung, damit ist vor allem die Erschwernis der sozialen Teilhabe<br />

gemeint, eine Behinderung ausmacht. (Vgl. BMASK 2009: 3)<br />

4. Zu Öffentlichkeit <strong>und</strong> Wirklichkeitskonstruktion<br />

Es stellt sich die Frage, in welchem Zusammenhang Öffentlichkeit <strong>und</strong><br />

Wirklichkeitskonstruktion stehen.<br />

17


Steininger hält in einer Arbeit fest, wenn „… Öffentlichkeiten Funktionen zugeschrieben<br />

werden, darf jene der Etablierung gesellschaftlicher Wirklichkeiten nicht vergessen<br />

werden.“ (Steininger 2007: 67) Manche Autoren begreifen Öffentlichkeit als einen<br />

Selbstverständigungsprozess, andere wiederum machen auf die Verzerrung dieses<br />

Prozesses <strong>du</strong>rch die Medienöffentlichkeit aufmerksam. (Vgl. Steininger 2007: 67)<br />

Auch Luhmann, der den Begriff „Öffentlichkeit“ klar vom System der Massenmedien <strong>und</strong><br />

dem Begriff der „öffentlichen Meinung“ differenziert sehen möchte, beschreibt als<br />

Funktion der Massenmedien die Repräsentation von Öffentlichkeit. (Vgl. Luhmann 2004:<br />

183 ff)<br />

Öffentlichkeit kann als ein Verständigungsprozess der Gesellschaft über sich selbst<br />

aufgefasst werden. (Vgl. Steininger 2007: 67 ff)<br />

!<br />

„ Durch die Thematisierung, Verallgemeinerung <strong>und</strong> Bewertung von Erfahrungen<br />

würden im Prozess der Öffentlichkeit gesellschaftliche Wirklichkeitskonstruktionen<br />

verhandelt, gefestigt, ent- oder verworfen, die Regeln <strong>und</strong> Normen des<br />

gesellschaftlichen Zusammenlebens bestätigt oder modifiziert, sowie kulturelle<br />

Ziele überprüft <strong>und</strong> kulturelle Identitäten geschaffen.“<br />

(Steininger 2007: 67)<br />

Dennoch ist die sinnvolle Mediennutzung an den Geltungsanspruch gekoppelt, dass dem in<br />

den Medien Dargestellten ein Äquivalent in der außermedialen Wirklichkeit zukommt.<br />

(Vgl. Klier 1989: 40) Gleichwohl postuliert Klier, je mehr der Gebrauch eines Mediums<br />

zur Selbstverständlichkeit geworden ist, desto sinnloser ist es, zwischen einer außer- oder<br />

vormedialen Realität <strong>und</strong> einer erzeugten Medienrealität zu unterscheiden. Das vor allem<br />

auch darum, weil diese Debatte wiederum nur über die Medien selbst geführt werden kann.<br />

Nichtsdestotrotz wird das von der Allgemeinheit gerne gemacht, weil „Lüge <strong>und</strong><br />

Wahrheit“ so auseinandergehalten werden kann. (Vgl. Klier 1989: 40) Klier geht demnach<br />

davon aus, in den Medien werde doch Realität abgebildet. Er sagt sogar, man könne<br />

Rezipienten gar nicht „belügen“, denn „… sollten wir wirklich belogen <strong>und</strong> uns eine<br />

irreale Welt vorgegaukelt werden…“, so würden wir das schon längst aus den Nachrichten<br />

<strong>und</strong> Zeitungen wissen. (Klier 1989: 51)<br />

Radtke hält bezugnehmend auf Wirklichkeitskonstruktion fest, wenn etwas nicht in den<br />

Medien erscheint, so wird es eingestuft, als hätte es niemals stattgef<strong>und</strong>en. Damit sind<br />

18


Bürger im Prinzip „… auf die mehr oder minder sachliche Berichterstattung der Medien<br />

angewiesen.“ (Radtke 2003: 7)<br />

Zusammenfassend lässt sich also behaupten, Medien haben die Aufgabe der Herstellung<br />

von Öffentlichkeit zu erfüllen. Nichtsdestotrotz scheiden sich die Geister der<br />

Wissenschaftler im Bezug auf Wirklichkeitskonstruktion. Manche, wie Klier, meinen,<br />

Medien bilden die Realität ab, wie sie sei, andere wiederum, wie beispielsweise Luhmann<br />

sehen im Arbeitsprozess der Medien eine Entwicklung, die mit Wirklichkeitskonstruktion<br />

Hand in Hand geht. (siehe dazu die vorherigen Kapitel)<br />

5. Das <strong>du</strong>rch mediale Inhalte transportierte Wirklichkeitsbild von Menschen mit<br />

Behinderung<br />

Es erscheint dem <strong>du</strong>rchschnittlichen Rezipienten oft, dass Menschen mit Behinderung<br />

innerhalb der Medien zu wenig thematisiert werden. Renggli widerspricht dieser Annahme<br />

vehement. Dennoch erkennt sie auch, dass es gegenüber den stereotyp wirkenden<br />

Darstellungen Aspekte gibt, die in den Medien kaum bis gar keine Beachtung finden. (Vgl.<br />

Renggli 2004: 1)<br />

Dementsprechend ist das Bild behinderter Menschen weitgehend von Klischees bestimmt,<br />

die unter anderem aus Unsicherheit im Umgang mit <strong>und</strong> der Distanz zu ihnen resultieren.<br />

(Vgl. Radtke 2003: 7 ff)<br />

5.1. Exkurs: Ein kurzer geschichtlicher Abriss<br />

Darstellungen von Behinderungen haben seit jeher den Umgang mit <strong>und</strong> die Sichtweise auf<br />

Menschen mit Behinderungen beeinflusst. Einem Werk von Mürner zufolge, gab es immer<br />

schon ein gewisses allgemeines Interesse an „Sensation“. Bereits im 16. <strong>und</strong> 17.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert war ein besonderes Interesse der Bevölkerung für Missbil<strong>du</strong>ngen vorhanden.<br />

Er berichtet beispielsweise von siamesischen Zwillingen, die ein Kaufmann im 19. Jhdt.<br />

einer Mutter abkaufte, um sie bei Zurschaustellungen auf der ganzen Welt vorzuführen. Sie<br />

galten als begehrte Jahrmarktattraktionen. (Vgl. Mürner 2003: 54 ff) Aber nicht nur in der<br />

fernen Vergangenheit stellt er dieses Phänomen einer gewissen Neugier gegenüber<br />

behinderten Menschen fest. Auch in der heutigen Zeit scheint es noch nicht ganz „normal“<br />

!<br />

19


zu sein, Menschen mit Behinderung zum Beispiel in den Medien zu sehen. Einem<br />

bekannten Schauspieler wurde 1998 vorgeworfen, dass er Menschen mit Down- Syndrom<br />

in seinen Filmen „vorführt“. Dabei scheinen die Ankläger ganz vergessen zu haben, dass<br />

auch Menschen mit Behinderung das Bedürfnis haben könnten, vor der Kamera zu stehen.<br />

(Vgl. Mürner 2003: 54 ff) Die zentrale Frage, die sich hierbei stellt ist, wo die<br />

Selbstdarstellung endet <strong>und</strong> eine Zurschaustellung beginnt.<br />

1981 wurde die mediale Darstellung von Menschen mit Behinderung erstmals thematisiert.<br />

Anlass dazu war das „Jahr der Behinderten“. Damalige Forderungen <strong>und</strong> Ziele waren eine<br />

weniger an Klischees orientierte Berichterstattung, sowie die verstärkte Einbin<strong>du</strong>ng von<br />

Menschen mit Behinderung in die Pro<strong>du</strong>ktion medialer Inhalte. (Vgl. Mürner 2003: 186)<br />

Festzuhalten ist des Weiteren, dass die Informationspflicht der Medien nicht automatisch<br />

zu mehr Akzeptanz einer Vielfalt führt, einer Achtung des Andersseins. (Vgl. Mürner<br />

2003: 55 ff) Auch Gottschlich ist der Auffassung, rein kumuliertes Wissen führt nicht<br />

zwangsläufig zum Mitwissen <strong>und</strong> die Teilnahme am Bildschirmgeschehen nicht unbedingt<br />

zur Anteilnahme. Mit der angebotenen Möglichkeit etwas zu wissen geht die Fähigkeit zu<br />

verstehen Hand in Hand. (Vgl. Gottschlich 1999: 95)<br />

5.2. Zur Darstellungsform von Menschen mit Behinderung innerhalb der Medien<br />

Folgt man dem Ansatz der visuellen Kultur, so kann man Medien als Orte verstehen, an<br />

denen Sichtbarkeiten <strong>und</strong> Unsichtbarkeiten aufgenommen <strong>und</strong> hergestellt <strong>und</strong> der<br />

Öffentlichkeit vermittelt werden. (Vgl. Renggli 2004: 1) Auf diesem Wege pro<strong>du</strong>zieren<br />

Medien Norme <strong>und</strong> Werte <strong>und</strong> lösen damit Kirche, Staat, Schule <strong>und</strong> Familie ab, dies zu<br />

tun. (Vgl. Renggli 2004: 1) Menschen mit Behinderung brauchen, wie auch alle anderen<br />

Gemeinschaften, Öffentlichkeit, um ihre Probleme artikulieren zu können. Trotzdem fällt<br />

das Herstellen von Öffentlichkeit in diesem Bereich besonders schwer, da sich<br />

Diskussionen über die angesprochene Thematik als wenig konfliktfähig erweisen.<br />

Innerhalb der Medien werden gerne indivi<strong>du</strong>elle Fälle schicksalshaft dargestellt. (Vgl.<br />

Huainigg 1996 : 22) Im ORF wird die Berichterstattung über Einzelschicksale damit<br />

begründet, dass diese die Einschaltquoten erhöhen. (Vgl. Huainigg 1996: 11)<br />

!<br />

20


Einer Kategorisierung zur Darstellung von Menschen mit Behinderung wird mittels eines<br />

Aufsatzes von Renggli nähergekommen. Dabei arbeitete sie fünf verschiedene Kategorien<br />

he<strong>raus</strong>, wie Menschen mit Behinderung in den Medien dargestellt werden. (Vgl. Renggli<br />

2004: 1 ff)<br />

!<br />

! Außerordentlichkeit: In der Vergangenheit wurde Behinderung als etwas<br />

Außerordentliches betrachtet. Damals lag der Fokus auf Körperbehinderungen, die<br />

als etwas Außergewöhnliches <strong>und</strong> als Ausnahmeerscheinung charakterisiert<br />

wurden.<br />

! Heldenhafte Darstellung: In der Moderne gewann vor allem die heldenhafte<br />

Darstellung von Menschen mit Behinderung an Bedeutung. Die heroisierende<br />

Repräsentationsweise, die <strong>du</strong>rch das Hinaufsehen zu Menschen mit Behinderung<br />

gekennzeichnet ist, findet vor allem in den Beiträgen über Behindertensport statt.<br />

! Rührselige Darstellungsform: Das Gegenteil dazu ist die rührselige<br />

Darstellungsform. Mitleidig wird zu den Betroffenen hinabgesehen, sie werden als<br />

leidende <strong>und</strong> hilflose Opfer dargestellt, die nach Schutz <strong>und</strong> Unterstützung suchen.<br />

Die Behinderung erscheint aufgr<strong>und</strong> dieser Darstellungsweise als sozial lösbares<br />

Problem. Gerne bedient sich die Werbung dieser Repräsentationsform. Eine<br />

zusätzliche Verniedlichung wird dabei <strong>du</strong>rch den Einsatz von Kindern im Sujet<br />

geschaffen.<br />

! Exotik: Eine weitere mögliche Repräsentationsweise ist es, Behinderung als<br />

„exotisch“ erscheinen zu lassen. Aspekte wie Sensation, Neugier <strong>und</strong> Unterhaltung<br />

spielen hierbei eine zentrale Rolle. Früher war die Zurschaustellung von Menschen<br />

mit Behinderung als Jahrmarktattraktionen üblich. In der heutigen Zeit ist diese<br />

Darstellungsform nicht minder attraktiv. In der Werbebranche kann man so leicht<br />

Aufmerksamkeit erzielen.<br />

! Alltagsnahe Darstellungsweise: Eine weitere Kategorie ist die alltagsnahe<br />

Darstellungsweise von Behinderung, wenngleich diese noch eher selten<br />

vorzufinden ist. Ihr kommt die größte politische Kraft zu, da Behinderung als etwas<br />

Gewöhnliches, als menschliche Erfahrung gezeigt wird. Da<strong>du</strong>rch wird Vertrauen<br />

<strong>und</strong> Nähe geschaffen, was dazu führt, dass die Differenz zwischen Betrachtenden<br />

<strong>und</strong> Betrachteten re<strong>du</strong>ziert wird <strong>und</strong> es so zu einer „Normalisierung der<br />

Wahrnehmung“ von Menschen mit Behinderung kommt. Die Vo<strong>raus</strong>setzung, dass<br />

21


!<br />

der Betrachter somit automatisch als „nicht-behindert“ eingestuft wird, wird als<br />

fragwürdig betrachtet.<br />

In Medienbeiträgen treten die genannten Darstellungsformen häufig in Verbin<strong>du</strong>ng auf.<br />

(Vgl. Renggli 2004: 3)<br />

Da die alltagsnahe Darstellung von Menschen mit Behinderung in den Medien selten zu<br />

tragen kommen, kann man davon ausgehen, dass mediale Inhalte das transportierte<br />

Wirklichkeitsbild von Menschen mit Behinderung formen <strong>und</strong> dazu führen, dass ein Bild<br />

beim Publikum konstruiert wird, das nicht unbedingt der Wirklichkeit entspricht.<br />

5.3. Verzerrende Momente <strong>und</strong> Diskriminierung<br />

Auch verzerrende Momente führen zu einem konstruierten, nicht real existierenden Bild<br />

von Menschen mit Behinderung in den Medien. Diese verzerrenden Momente äußern sich<br />

in diskriminierenden Darstellungen von Betroffenen in den Medien, welche das<br />

Engagement, Menschen mit Behinderung als selbstbewusste <strong>und</strong> selbstbestimmte Bürger<br />

im öffentlichen Bewusstsein zu etablieren, deutlich erschweren.<br />

Wenn heute an Menschen mit Behinderung gedacht wird, so entsteht häufig ein Bild<br />

„…von ‚versehrten‘, ‚missgebildeten‘, verletzten <strong>und</strong> fragmentierten Körpern, die als<br />

defizitär, unvollständig oder falsch wahrgenommen werden…“. (Lutz et al. 2003: 13)<br />

Zwischen „normalen Menschen“ <strong>und</strong> „Menschen mit Behinderung“ herrscht eine gewisse<br />

Kluft. Dabei spielt vor allem eine Rolle, dass persönlicher Kontakt zwischen diesen beiden<br />

Gruppen faktisch meist nicht vorhanden ist, es sei denn sie sind persönlich damit<br />

konfrontiert. Auch wenn barrierefreies Bewegen im urbanen Raum heute weitgehend<br />

möglich ist, zunehmend Verbesserungen vorzuweisen sind <strong>und</strong> somit das Straßenbild<br />

„bunter“ ist, kann dieses komplexe Problem nicht auf diese Art <strong>und</strong> Weise gelöst werden.<br />

Denn ein unverkrampftes Verhältnis zu Menschen mit Behinderung kann nicht entwickelt<br />

werden, solange das Interesse am „exotischen Unbekannten“ als geradezu sündhaft<br />

empf<strong>und</strong>en wird. Ein Exempel aus dem Alltag soll dies verdeutlichen. Ein Kind starrt<br />

einen Betroffenen in der Straßenbahn an. Der Erzieher fühlt sich sofort gezwungen zu<br />

sagen, dass es nicht starren soll, denn das „tut man nicht“. (Vgl. Radtke 2003: 7)<br />

22


So gesehen sind Medien die wichtigste Informationsquelle, wenn auch oft die einzige, die<br />

über das Leben <strong>und</strong> die Möglichkeiten von Menschen mit Behinderung aufklären <strong>und</strong><br />

informieren können. Es ist also entscheidend, welches Menschenbild dort vermittelt wird.<br />

(Vgl. Radtke 2003: 7)<br />

Mit dem Sprachgebrauch, dem wichtigsten Element der Informationsvermittlung, beginnt<br />

das eigentliche Dilemma. Denn Sprache formt <strong>und</strong> beeinflusst die Denkweisen der<br />

Menschen <strong>und</strong> das hat Auswirken auf die Konzeption der Wirklichkeit. (Vgl. Radtke 2003:<br />

8)<br />

Es lassen sich innerhalb der Mediengattungen immer noch sprachliche <strong>und</strong> inhaltliche<br />

Diskriminierungen feststellen, auch wenn es während der letzten Jahre zu einem<br />

Paradigmenwechsel gekommen ist, der <strong>du</strong>rch neue Terminologien gekennzeichnet ist. So<br />

wird zum Beispiel nicht mehr von „Behinderten“ gesprochen, sondern von „Menschen mit<br />

Behinderung“. Als Beispiel aus der Praxis sei noch genannt, dass im Jahre 2000 die<br />

„Aktion Sorgenkind“ in „Aktion Mensch“ umbenannt wurde. ( Vgl. Radtke 2003: 8)<br />

Radtke schildert einige Beispiele, die zu Diskriminierung von Menschen mit Behinderung<br />

führen können. (Vgl. Radtke 2003: 8 ff) Sie sollen die Verzerrungen von Wirklichkeit im<br />

Bezug auf die mediale Darstellung von Menschen mit Behinderung verdeutlichen.<br />

Folgende Arten von Diskriminierungen sind auch heutzutage noch alltäglich. (Vgl. Radtke<br />

2003: 8 ff)<br />

! sprachliche Diskriminierung/ Verzerrung<br />

Neue Begriffe, wie zum Beispiel „Menschen mit Assistenzbedarf“ anstatt „Behinderte“<br />

<strong>und</strong> „Menschen mit Behinderung“, kommen in der medialen Praxis kaum zur Anwen<strong>du</strong>ng.<br />

Ob es sich dabei um reine Bequemlichkeit handelt, oder die Orientierung an einer<br />

Sichtweise, die an die Medizin <strong>und</strong> somit an Defizite anknüpft, ist fraglich. (Vgl. Radtke<br />

2003: 8)<br />

Geläufige Ausdrücke, wie beispielsweise „jemand sei an den Rollstuhl gefesselt“, tragen<br />

zu sprachlicher Verzerrung der Tatsachen bei. Denn dabei wird vergessen, dass ein<br />

Rollstuhl für viele erst Mobilität <strong>und</strong> gewisse Selbständigkeit bedeutet. Die Behinderung<br />

!<br />

23


wird dramatisiert <strong>und</strong> ein unglückliches Dasein des Betroffenen damit vo<strong>raus</strong>gesetzt. Laut<br />

Radtke führt das zu einer scheinbar objektiven Berichterstattung. (Vgl. Radtke 2003: 8)<br />

Es „… ergibt sich die paradoxe Situation, dass die Berichterstattung zu<br />

Behindertenthemen mitunter eher der Vorstellung der Nichtbetroffenen vom Alltag<br />

behinderter Menschen entspricht als der tatsächlichen Situation.“ (Radtke 2003: 8)<br />

Radtke übt Kritik an der Tatsache, dass in Bezugnahme auf Menschen mit Behinderung oft<br />

von „Integration in die Gesellschaft“ gesprochen wird. Das führt unweigerlich zu<br />

Diskriminierung. Denn hierbei vollzieht man automatisch eine Trennung zwischen der<br />

Gesellschaft einerseits <strong>und</strong> den Bürgern mit Behinderung andererseits. Bei einer<br />

„Integration in die Gesellschaft“ geht man von der Vorstellung zwei verschiedener<br />

Personengruppen aus, <strong>und</strong> genau das scheint der Fehler zu sein. (Vgl. Radtke 2003: 9)<br />

Jedoch stellt Huainigg fest, dass das Fernsehen eine Integrationsfunktion inne <strong>und</strong> das Ziel<br />

zu verfolgen hat, alle gesellschaftlichen Gruppen gleichermaßen ins Programm mit<br />

einzubinden. (Vgl. Huainigg 1996: 22)<br />

Insofern verrät „… Sprache (…), was wortreich bestritten wird: Die Ausgliederung findet<br />

statt, vorab in den Köpfen der Betrachter, später möglicherweise realiter.“ (Radtke<br />

2003:9)<br />

Dennoch warnt Radtke auch vor dem Überstrapazieren der „political correctness“, denn<br />

da<strong>du</strong>rch kann es zu einer Verschlechterung des ohnehin schon verkrampften Verhältnisses<br />

zwischen Menschen mit Behinderung <strong>und</strong> Menschen ohne Behinderung kommen. (Vgl.<br />

Radtke 2003: 9)<br />

! optisch-inhaltliche Diskriminierung im audio-visuellen Bereich der Medien<br />

Dieses Konstrukt basiert auf der Perspektive der selektiven Darstellung. (Vgl. Radtke<br />

2003:9)<br />

Radtke meint, innerhalb der Fernsehberichterstattung zwei Hauptrichtungen erkennen zu<br />

können, wie Menschen mit Behinderung in den Medien dargestellt werden,<br />

beziehungsweise vorkommen. (Vgl. Radtke 2003: 9)<br />

!<br />

24


Zum einen wird über Menschen mit Behinderung berichtet, die ungewöhnliche Leistungen<br />

erbringen. Dazu zählen vor allem Ereignisse im Behindertensport, außergewöhnliche<br />

Einzelaktionen <strong>und</strong> die Bewältigung beruflicher He<strong>raus</strong>forderungen, die einem Menschen<br />

mit Behinderung von der „Normalwelt“ gar nicht zugetraut werden. Es wird ersichtlich,<br />

dass hierbei einem Normendenken gefolgt wird, bei dem man zwischen<br />

„Nichtbehindertennormen“ <strong>und</strong> „Behindertennormen“ unterscheidet.<br />

Zum anderen werden Menschen mit Behinderung ausschließlich als hilfsbedürftige Wesen<br />

dargestellt, wobei besonders an das Mitleid des Außenstehenden appelliert wird.<br />

Es ist zu erkennen, dass Medien in der Regel ein Schwarzweißbild zeichnen, obwohl in der<br />

Realität natürlich eine Vielzahl von Schattierungen existiert. (Vgl. Radtke 2003: 9)<br />

Darüber hinaus ist der Unterschied in der Häufigkeit der dargestellten Behinderungsarten<br />

zu beachten. So kommen Rollstuhlfahrer <strong>und</strong> Menschen mit Down-Syndrom häufiger in<br />

den Medien vor, als Personen mit anderen Einschränkungen. „Charaktere, die gehörlos<br />

oder blind sind, sieht man meistens nur als Opfer oder Täter in Krimis…“, so Radtke.<br />

(Radtke 2003:9)<br />

Es gibt aber auch Personen, die gänzlich aus dem Raster fallen. Dementsprechend gelten<br />

Schwerstbehinderte in Fachkreisen für als dem Publikum als unvermittelbar. Ebenso<br />

spielen Menschen, deren Einschränkungen nicht direkt sichtbar sind, keine Rolle in der<br />

Medienwelt. (Vgl. Radtke 2003: 9) Ihnen wird somit keine Stellung innerhalb der Medien<br />

eingeräumt. Und wer keinen Platz innerhalb der Medien bekommt, existiert faktisch nicht.<br />

(Vgl. Radtke 2003:7)<br />

! inhaltliche Diskriminierung<br />

Es scheint, als wären Betroffene für die Medienwelt oftmals nur aufgr<strong>und</strong> ihrer<br />

Beeinträchtigung interessant. Menschen mit einem solchen Schicksal werden, wenn<br />

überhaupt, ausschließlich zu Themen befragt, die mit Behinderungen in Verbin<strong>du</strong>ng<br />

stehen. Dabei gibt es nur wenige Ausnahmen, wie zum Beispiel Stevie Wonder, Wolfgang<br />

Schäuble <strong>und</strong> Andrea Bocelli, die aufgr<strong>und</strong> anderer Aspekte Einzug in die<br />

Berichterstattung finden. (Vgl. Radtke 2003: 10)<br />

!<br />

25


Zudem ist eine Integration von Medieninhalten, die sich mit dem Thema Behinderung<br />

befassen, in das Programm faktisch nicht gegeben, auch wenn das gerne von<br />

Medienverantwortlichen postuliert wird. Beinahe alle einschlägigen Programme, die<br />

regelmäßig erscheinen, werden am Wochenende gebracht, einmalige <strong>und</strong> unregelmäßige<br />

Sen<strong>du</strong>ngen gerne an Feiertagen wie Weihnachten oder Ostern. (Vgl. Radtke 2003: 10)<br />

Das größte Problem in diesem Kontext stellt die gedankliche Aussonderung <strong>und</strong><br />

Beschränkung auf die Behinderung bei den Betroffenen dar. Das bedeutet, man re<strong>du</strong>ziert<br />

einen Menschen auf seine Behinderung <strong>und</strong> vergisst dabei ganz, welcher Charakter er<br />

eigentlich ist. (Vgl. Radtke 2003: 10) „Es geht darum, den Menschen ins Zentrum aller<br />

Überlegungen zu stellen <strong>und</strong> seine Behinderung als ein zwar vorhandenes, nicht aber<br />

konstitutives Merkmal zu betrachten.“ (Radtke 2003: 8)<br />

Diesem Teufelskreis entkommt man nur, indem man die Existenz eines jeden Menschen<br />

als das, was sie eigentlich ist, auffasst, nämlich als „… eine eigenständige<br />

Lebensgestaltung, die ihren Wert aus sich selbst gewinnt.“ ( Radtke 2003:10)<br />

Eine positive Entwicklung lässt sich bei Spielfilmen, aber vor allem auch bei Fernsehserien<br />

erkennen. Mittlerweile treten immer häufiger tatsächlich Betroffene als Darsteller auf.<br />

(Vgl. Radtke 2003: 11)<br />

Im non-fiktionalen Bereich sieht Radtke dringenden Bedarf an Verbesserung der aktiven<br />

Partizipationsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderung. Dabei soll in erster Linie<br />

Menschen mit körperlichen <strong>und</strong> sensorischen Einschränkungen die Ausbil<strong>du</strong>ng zu<br />

Medienberufen, wie beispielsweise Journalist, Redakteur, Kameramann <strong>und</strong> Tontechniker,<br />

ermöglicht werden. Zudem sollen Betroffenen Sitz <strong>und</strong> Stimme in den R<strong>und</strong>funk- <strong>und</strong><br />

Medienräten der R<strong>und</strong>funkanstalten <strong>und</strong> Landesmedienzentralen eingeräumt werden. (Vgl.<br />

Radtke 2003: 12)<br />

Betroffene <strong>und</strong> Verbände sind aber auch aufgefordert, sich verstärkt Medienarbeit zu<br />

widmen. Denn nur so kann das Ziel, das Abbauen der Verzerrungen in der Darstellung von<br />

Menschen mit Behinderung, erreicht werden. (Vgl. Radtke 2003: 12) Mürner sieht als<br />

einzigen Ausweg, dass diskriminierende Inhalte in der Medienberichterstattung vermieden<br />

werden können, dass Menschen mit Behinderung „… selbst mehr Gelegenheit gegeben<br />

!<br />

26


wird, in den Massenmedien zu Wort zu kommen, ihre Weltsicht, ihre Erfahrungen <strong>und</strong><br />

Bedürfnisse auszuarbeiten…“. (Mürner 2003: 195)<br />

Da<strong>raus</strong> lässt sich folgern, dass eine vermehrte Teilhabe <strong>und</strong> Teilnahme Betroffener zu<br />

einem Ausweg aus dieser Problematik führen könnte.<br />

6. Medienwirklichkeit <strong>und</strong> Lebensrealität<br />

Aus dem vorherigen Kapitel geht hervor, dass das <strong>du</strong>rch mediale Inhalte transportierte<br />

Wirklichkeitsbild von Menschen mit Behinderung oftmals nicht der Realität entspricht.<br />

Mithin kommt es sogar zu stereotypen <strong>und</strong> diskriminierenden Inhalten, die eben nur dann<br />

vermieden werden können, wenn Menschen mit Behinderung die Möglichkeit gegeben<br />

wird, selbst aktiv am Medienprozess mitzuwirken. (siehe dazu vorherige Kapitel)<br />

Es stellt sich also die Frage, wie sich denn die mediale Wirklichkeit für Menschen mit<br />

Behinderung gestaltet, viel mehr noch, in welcher Relation die Medienwirklichkeit zu der<br />

Lebensrealität steht. Dieses Kapitel stellt den Versuch dar, diese Relation etwas näher zu<br />

beleuchten.<br />

6.1. Die bittere (?) Realität<br />

Erst kürzlich wurde von der WHO der erste Weltbericht über Behinderung veröffentlicht.<br />

Darin wurde festgestellt, dass hingegen früherer Annahmen die Zahl von Menschen mit<br />

mentalen <strong>und</strong> körperlichen Behinderungen in der Gesamtbevölkerung doch deutlich größer<br />

ist, als die bislang angenom<strong>mene</strong>n 10 Prozent. „More than a billion people are estimated<br />

to live with some form of disability, or about 15% of the world’s population (based on<br />

2010 global population estimates).” (Vgl. WHO 2011(a): 261)<br />

Es steht fest, dass die Zahl von Menschen mit Behinderung stetig steigen wird.<br />

Hauptursachen dafür sind zum einen die zunehmende Alterung der Weltbevölkerung, die<br />

ein erhöhtes Risiko für das Widerfahren einer Behinderung darstellt, <strong>und</strong> zum anderen die<br />

immer größer werdende Zahl von Patienten mit chronischen Krankheitsbeschwerden. Aber<br />

auch andere intervenierende Faktoren spielen im Hinblick darauf eine <strong>du</strong>rchaus bedeutende<br />

Rolle, „… such as road traffic crashes, natural disasters, conflict, diet, and substance<br />

abuse.”. (WHO 2011(a): 262)<br />

!<br />

27


Eine genaue Zahl für Menschen mit Behinderung in Österreich festzulegen, gestaltet sich<br />

als äußerst schwierig. Problematisch dabei ist, dass Menschen mit Behinderung eine sehr<br />

heterogene Gruppe darstellen, sie unterscheiden sich hinsichtlich zahlreicher Dimensionen.<br />

Zudem ist die Sammlung von Daten über Menschen mit Behinderungen hierzulande aus<br />

historischen Gründen eine hoch sensible He<strong>raus</strong>forderung. So erlaubt das Datenschutzrecht<br />

diesbezügliche Datensammlungen nur auf Gr<strong>und</strong>lage von Gesetzen <strong>und</strong> auch nur dann,<br />

wenn die Sammlung dieser Daten zur Erfüllung gesetzlicher Aufträge unerlässlich ist.<br />

(Vgl. BMASK 2009: 7)<br />

Exakte Zahlen gibt es nur über verschiedene Gruppen behinderter Menschen, dabei ist zu<br />

beachten, dass die einzelnen Betroffenen mehreren Kategorien gleichzeitig angehören<br />

können. Diese Zahlen als Gesamtsumme von Menschen mit Behinderung zu betrachten,<br />

wäre somit keinesfalls zielführend. (Vgl. BMASK 2009: 7) Eine genaue <strong>und</strong> einheitliche<br />

Statistik für Menschen mit Behinderung in Österreich liegt zur Zeit des<br />

Forschungsberichtes noch nicht vor. Darum gelten die von der WHO veröffentlichen 10<br />

Prozent als Richtwert.<br />

6.2. Mediale Zugänglichkeit<br />

Die Gesellschaftsform der heutigen Zeit wird oftmals mit dem Terminus<br />

„Informationsgesellschaft“ beschrieben. Zentral dabei sind vor allem die Bedeutungen von<br />

Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien.<br />

Aus dem Bericht des B<strong>und</strong>esministeriums für Arbeit, Soziales <strong>und</strong> Konsumentenschutz<br />

geht hervor, dass die wesentliche Vo<strong>raus</strong>setzung für gesellschaftliche Teilhabe in allen<br />

Lebensbereichen die Zugänglichkeit ist. Damit gleichzusetzen sind Begriffe wie<br />

„Barrierefreiheit“ <strong>und</strong> „Design for all“. Zugänglichkeit legt auch den Gr<strong>und</strong>stein für die<br />

Gleichstellung von Menschen mit Behinderung. (Vgl. BMASK 2009: 26 f)<br />

„Österreich hat in Bezug auf die Informationsgesellschaft die Ziele der Europäischen<br />

Union übernommen (…) Eines der Ziele – ‚Informationsgesellschaft für alle‘ – impliziert<br />

auch die Berücksichtigung der Anforderungen behinderter Menschen zur Teilnahme an der<br />

Informationsgesellschaft.“ (BMASK 2009: 107)<br />

!<br />

28


Die Zugänglichkeit von Information ist vor allem deshalb ein zentraler Aspekt der<br />

vorliegenden Forschungsarbeit, weil gerade die Entwicklung digitaler Technologien<br />

„…Menschen mit Behinderungen enorme Möglichkeiten zur Überwin<strong>du</strong>ng<br />

sozioökonomischer, geographischer, kultureller, zeitliche <strong>und</strong> anderer…“<br />

Einschränkungen bieten. (BMASK 2009: 108)<br />

Wird von Zugänglichkeit zu Information gesprochen, so sind zweierlei Dinge zu beachten.<br />

Sowohl die Technologie, als auch der Inhalt selbst können Barrieren zu Information<br />

darstellen. Unter dem technologischen Gesichtspunkt kann die Bedienung <strong>und</strong> Navigation<br />

ein Problem für Menschen mit Behinderung verstanden werden, so zum Beispiel das<br />

Drehen eines Knopfes an einem Gerät oder das Klicken mit der Maus am Computer. Der<br />

von der Technologie übermittelte Inhalt selbst, wie beispielsweise Klangbilder,<br />

Abbil<strong>du</strong>ngen <strong>und</strong> Sprache, kann aber auch kompliziert für Betroffene sein. (Vgl. WHO<br />

2011(a): 183)<br />

Die beste Weise, diese Barrieren zu überwinden, ist eine schrittweise Annäherung an die<br />

Problematik zur Verbesserung bisheriger Zustände. (Vgl. WHO 2011(a): 193) Um<br />

Zugänglichkeit von Information erfolgreich gewährleisten zu können, sind gesetzliche<br />

Gr<strong>und</strong>strukturen zu schaffen <strong>und</strong> auszubauen, die dies ermöglichen. Der private, wie auch<br />

der öffentliche Sektor sind dazu aufgerufen, Zugänglichkeit stets in ihre Handlungen <strong>und</strong><br />

Entwicklungen mit einzubeziehen. Bestehende Informations- <strong>und</strong><br />

Kommunikationstechnologien sollten so verändert werden, dass ein jeder da<strong>raus</strong><br />

profitieren kann, <strong>und</strong> neu geschaffene so ausgestaltet sein, dass jeder einen Nutzen da<strong>raus</strong><br />

ziehen kann. Außerdem soll mehr in die Ausbil<strong>du</strong>ng von Menschen mit Behinderung<br />

investiert werden, um eine „digital literacy“ <strong>und</strong> andere bedeutende Skills bei Betroffenen<br />

zu erarbeiten. (Vgl. WHO 2011(a): 195f)<br />

Um die Lage in Österreich zu verdeutlichen, wird im Folgenden das Programmgebot des<br />

ORF beleuchtet. In diesem Rahmen wurden die inhaltlichen Barrieren untersucht. Der<br />

Fokus wurde hierbei auf den Bereich des Fernsehens gelegt.<br />

!<br />

29


6.2.1. Inhaltliche Barrieren am Beispiel Fernsehen in Bezugnahme auf den ORF<br />

Um inhaltliche Barrieren veranschaulichen zu können, werden Angebote für Hör- <strong>und</strong><br />

Sehbehinderte dargestellt.<br />

Im Jahr 1980 begann der ORF im Rahmen von ORF TELETEXT Sen<strong>du</strong>ngen zu<br />

untertiteln. Dieser Service für Hörbehinderte wurde seither stetig ausgebaut. Dem<br />

Behindertenbericht 2008 zufolge hält der ORF seit Jahren im deutschen Sprachraum eine<br />

Spitzenposition im Angebot für hörbehinderte Zuseher inne. (Diese Information ist jedoch<br />

mit Vorsicht zu betrachten, wenn man bedenkt, dass sie einem Bericht des<br />

B<strong>und</strong>esministeriums entstammt.) Im Gesamten werden circa 26 Prozent aller<br />

Fernsehsen<strong>du</strong>ngen in ORF 1 <strong>und</strong> ORF 2 mit Teletext-Untertiteln ausgestrahlt. Außerdem<br />

wird die „Zeit im Bild“ um 19:30 Uhr seit 2004 täglich auf dem unverschlüsselten<br />

Satelliten-Kanal ORF 2E in die <strong>Österreichische</strong> Gebärdensprache übersetzt. Mit<br />

Gebärdensprache ausgestrahlt werden außerdem die Kinder-Nachrichtensen<strong>du</strong>ng „News“<br />

<strong>und</strong> die „Wochenschau“. (Vgl. BMASK 2009: 110) Ob es als positiv aufgefasst werden<br />

soll, dass der ORF in der Hinsicht eine „Spitzenposition“ innehalte, sei dahingestellt, wenn<br />

man bedenkt, dass der englische Sender BBC bereits seit einiger Zeit 100 Prozent seines<br />

Programms untertitelt. (Vgl. Huainigg 2009)<br />

Für Menschen mit Sehbehinderungen bietet der ORF auch eine entsprechende Auswahl an<br />

Filmen an. Diese sind mit Audiodeskription versehen. (Vgl. BMASK 2009: 110) Im<br />

Fachjargon werden diese Filme als „Höhrfilme“ bezeichnet. Seltsam dabei ist, dass eine<br />

Übersicht über Filme, die mit diesem Service ausgestattet sind, im ORF- Teletext erhältlich<br />

sind. Das wirft natürlich die berechtigte Frage auf, wie denn eine blinde Person den<br />

Teletext lesen kann. Wird der Teletext nun aber <strong>du</strong>rchforstet, ist schnell festzustellten, dass<br />

die Anzahl der angebotenen Filme hierbei minimal ist. Huainigg zufolge, ist von einem<br />

spärlichen Angebot für Sehbehinderte im ORF zu sprechen, denn nur einmal die Woche<br />

wird ein Film, nämlich „Ein Fall für zwei“, in diesem Format präsentiert. (Vgl. Huainigg<br />

2009)<br />

!<br />

30


6.3. Aktive Partizipation im Journalismus von Menschen mit Behinderung<br />

Um den Bereich der aktiven Teilnahme abzudecken, wird als Exempel die Partizipation<br />

Betroffener im Journalismus herangezogen.<br />

Hier zu Lande haben redaktionelle Mitarbeiter mit Behinderung Seltenheitswert. Der<br />

Gr<strong>und</strong> dafür ist häufig der gleiche: Ihnen werden vermeintlich fehlende Skills unterstellt.<br />

(Vgl. Falböck 2003: 33) Der mangelhafte Beschäftigungsgrad wird demzufolge meist<br />

damit begründet, Menschen mit Behinderung hätten eine schlechte Ausbil<strong>du</strong>ng. Dies sei<br />

unbedingt abzugrenzen von Vorurteilen gegen Menschen mit Behinderung. (Vgl. Huainigg<br />

1996: 120)<br />

Dennoch zeigt der angloamerikanische Raum, dass es auch andere Möglichkeiten gibt. Die<br />

Ursache, warum in Amerika Menschen mit Behinderung aus dem redaktionellen Alltag<br />

nicht mehr wegzudenken sind, sieht Falböck zum Teil im „Americans with Disabilities<br />

Act“, kurz ADA genannt. 1990 leisteten die USA <strong>du</strong>rch den ADA ein Stück Pionierarbeit<br />

auf diesem Gebiet. Dieses Gesetz ermöglicht Menschen mit Behinderung ein weitgehend<br />

selbstständiges Leben zu führen. ( Vgl. Falböck 2003: 33)<br />

Die fünf zentralen Punkte des ADA sind: (Vgl. Falböck 2003: 33 f)<br />

!<br />

1. Verhinderung von Diskriminierung bei der Jobbewerbung <strong>und</strong> im Arbeitsalltag.<br />

2. Verpflichtung von öffentlichen Dienstleistern, wie zum Beispiel Eisenbahn- <strong>und</strong><br />

Busgesellschaften, ihre Infrastruktur so zu verändern, dass jedem die Teilnahme<br />

möglich ist.<br />

3. Verpflichtende barrierefreie Umweltgestaltung, vor allem bei öffentlichen<br />

Gebäuden.<br />

4. Verpflichtung der Telekommunikationsunternehmen, Menschen mit Sprach- oder<br />

Hörbehinderung eine gleichberechtigte Nutzung ihrer Einrichtungen ohne<br />

Mehrkosten zu gewährleisten.<br />

5. Schutz vor Vergeltung <strong>du</strong>rch Beklagte, die aufgr<strong>und</strong> der ADA zur Rechenschaft<br />

gezogen wurden.<br />

31


Interessant ist, dass hingegen der Erwartungen nach Inkrafttreten dieses Gesetzes, keinerlei<br />

negative wirtschaftliche Folgen festgestellt werden konnten. (Vgl. Falböck 2003: 34) Ganz<br />

im Gegenteil- der ADA gab Anlass zur Hoffnung: Die darauffolgenden Alltagserfahrungen<br />

(Menschen mit Behinderung waren nun ein Teil der Gesellschaft <strong>und</strong> somit des<br />

Straßenbildes) führten zu einer Verringerung der Gefühle von Irritation <strong>und</strong> Fremdheit<br />

beim Ansehen von Menschen mit Behinderung. (Vgl. Falböck 2003: 34)<br />

Die sogenannte „Last Minority“, gemeint sind Journalisten mit Behinderung, wurde in den<br />

1990er Jahren mittels Fragebögen untersucht <strong>und</strong> quantifiziert. Im Zeitraum von 1985 bis<br />

1992 waren 20 Prozent der Redakteure bei den Tageszeitungen in den USA beeinträchtigt.<br />

(Vgl. Falböck 2003: 34) Des Weiteren stellt Falböck fest, dass die enorme Angst vor hohen<br />

Kosten bei benötigten technischen Hilfsmitteln, wie zum Beispiel speziellen Tastaturen<br />

<strong>und</strong> Mäusen, völlig unbegründet ist. (Vgl. Falböck 2003: 34)<br />

6.4. Zur Bedeutung der Medien für Betroffene<br />

Es soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass Medien eine unheimliche Bedeutung für<br />

Menschen mit Behinderung darstellen, genauso wie für nicht behinderte Personen auch.<br />

Das Medium selbst nämlich bietet mehr Chancen, als nur ein reines<br />

Kommunikationshilfsmittel zu sein. Der Umgang mit Medien dient nicht nur der<br />

Kompensation, sondern kann darüber hinaus den Bil<strong>du</strong>ngsprozess <strong>und</strong> therapeutische<br />

Maßnahmen bei Betroffenen fördern. Vor allem die Medienpädagogik setzt sich damit<br />

auseinander. (Vgl. Lutz 2003: 148)<br />

Dennoch gibt es auch hierbei auftretende Probleme, die diesen Prozess auf negative Art<br />

<strong>und</strong> Weise beeinflussen können <strong>und</strong> dazu führen, dass der Einsatz von Medien nicht immer<br />

darin resultiert, bestimmte Ziele zu erreichen. Als das Ziel der Medienpädagogik gilt die<br />

Erreichung einer Medienkompetenz. Die Medienpädagogik stellt für Behindertenarbeit<br />

eine methodische Erweiterung dar, die jedoch noch viel zu wenig zum Einsatz kommt. Die<br />

Gründe dafür lassen sich wie folgt beschreiben: (Vgl. Lutz 2003: 148 f)<br />

! Ein exzessiver Medienkonsum wird häufig als negativer Einfluss auf die Entwicklung<br />

!<br />

von Kindern gesehen. Sonderpädagogen beklagen oft, dass besonders lernbehinderte<br />

<strong>und</strong> verhaltensauffällige Kinder einen besonders ausgeprägten Medienkonsum pflegen<br />

32


!<br />

<strong>und</strong> gerade deshalb wenig aufgeschlossen sind für gezielte Förderungen. Es wird<br />

vermutet, dass diese Beeinträchtigungen der Kinder auf den Medienkonsum<br />

zurückzuführen sind. Demnach liegt der Gedanke der Re<strong>du</strong>zierung des<br />

Mediengebrauchs näher als ihr methodischer Einsatz.<br />

! Der Umgang mit Medien wird überwiegend aus bil<strong>du</strong>ngspolitischen Gründen<br />

eingefordert. Damit sollen Chancen für die Zukunft gewahrt werden. Dennoch werden<br />

gerade behinderten Kindern diese Zukunftschancen nicht zugestanden, sie werden als<br />

nicht bil<strong>du</strong>ngsfähig abgestempelt. Gerade die Entwicklung einer Medienkompetenz,<br />

einer der zentralen Ziele eines medienpädagogischen Bil<strong>du</strong>ngsauftrags, wird<br />

beispielsweise bei geistiger Behinderung, nicht in dem Maße eingefordert, wie es bei<br />

nicht behinderten Menschen der Fall ist.<br />

!<br />

! Vorwiegend geht es um die Kompensation der Behinderung <strong>du</strong>rch den rein technischen<br />

Einsatz von Medien. Das soll heißen, ein Gehörloser zieht es zum Beispiel eher vor,<br />

den Computer zu gebrauchen, als den Fernseher.<br />

!<br />

! Der hohe Kostenfaktor von Personal <strong>und</strong> Technik erweist sich als bedeutender Faktor.<br />

(Anmerkung: Diese Kritik widerlegte Falböck jedoch. Siehe dazu vorheriges Kapitel.)<br />

!<br />

! Standardisierungen sind aufgr<strong>und</strong> der Differenzierungen kaum möglich.<br />

!<br />

! Die therapeutischen Möglichkeiten sind bis dato noch wenig erprobt. Im Vergleich zu<br />

anderen pädagogischen Arbeitsfeldern hat die aktive Medienarbeit noch wenig<br />

Anklang bei den therapeutisch Arbeitenden gef<strong>und</strong>en.<br />

!<br />

Zur Veranschaulichung, wie sich Medienarbeit mit Menschen mit Behinderung gestalten<br />

kann, wird auf Projekte mit geistig Behinderten eingegangen. Festzuhalten ist, dass die<br />

Medienarbeit mit geistig Behinderten mit Sicherheit den schwierigsten Teilbereich der<br />

Medienarbeit mit Behinderten darstellt, weil die Notwendigkeit der Vermittlung von<br />

Medienkompetenz als Bil<strong>du</strong>ngsauftrag hier am schwersten zu vermitteln gilt. Die resultiert<br />

da<strong>raus</strong>, dass Bil<strong>du</strong>ng als gesellschaftlicher Auftrag zeitgleich auch immer im Kontext einer<br />

direkten Verwertbarkeit steht. Hier gilt es, klar von Bewertungen wie „bil<strong>du</strong>ngsunfähig“<br />

<strong>und</strong> „eingliederungsunfähig“ Abstand zu nehmen <strong>und</strong> sich auf die Tatsache zu<br />

33


konzentrieren, dass für die Medienarbeit mit geistig Behinderten gr<strong>und</strong>sätzlich alle Medien<br />

gleichermaßen geeignet sind. (Vgl. Lutz 2003: 150)<br />

Als besonders schwierig stellt sich dennoch der Anspruch der aktiven Medienarbeit auf<br />

Veröffentlichung der erstellten Pro<strong>du</strong>ktionen he<strong>raus</strong>. So gibt es häufig Vorbehalte, die<br />

Pro<strong>du</strong>kte von Menschen mit geistiger Behinderung außerhalb eines geschützten Rahmens<br />

zu präsentieren, „… um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, behinderte Menschen vor<br />

einem öffentlichen Publikum vorzuführen. Diese Angst ist jedoch meist unbegründet, wenn<br />

auch nicht ganz von der Hand zu weisen.“ (Lutz 2003:150)<br />

Die aktive Medienarbeit mit Menschen mit geistiger Behinderung, sofern diese auf ein<br />

Pro<strong>du</strong>kt abzielt, stellt immer eine Gratwanderung zischen Einmischung in den<br />

Pro<strong>du</strong>ktionsprozess <strong>und</strong> sinnvoller Hilfestellung dar. Auch wenn die Fähigkeit von<br />

Menschen mit Behinderung meist größer ist, als oft angenommen wird, so ist der Anspruch<br />

an die Betreuungsperson einer solchen Gruppe nur als Mentor zu fungieren nicht immer zu<br />

verwirklichen. (Vgl. Lutz 2003: 151)<br />

6.5. Forderungen Betroffener an die Medien<br />

Um die Forschungsarbeit zu vervollständigen, sollen zu Letzt noch die Forderungen<br />

Betroffener näher erläutert werden, um aufzeigen zu können, inwiefern die Position von<br />

Menschen mit Behinderung innerhalb der Medien, aber auch im Medienprozess, verbessert<br />

werden könnte. Gr<strong>und</strong>lage dafür ist eine Punktation der österreichischen<br />

Arbeitsgemeinschaft „Behinderte Menschen <strong>und</strong> Medien“. (Vgl. Firlinger 2003: 51f)<br />

1) Gleichwertige Behandlung<br />

Menschen mit Behinderung haben das Recht, als gleichberechtigte, gleichwertige <strong>und</strong><br />

selbstbestimmte Indivi<strong>du</strong>en einerseits behandelt, andererseits aber auch dargestellt zu<br />

werden. Dies ist unabhängig von der Behinderungsart der Betroffenen, dies gilt also für<br />

alle Behinderungsarten gleichermaßen.<br />

!<br />

34


2) Behinderte Menschen als Experten in eigener Sache<br />

Der Gr<strong>und</strong>satz „Betroffene berichten über Betroffene“ muss unbedingt beachtet <strong>und</strong><br />

eingehalten werden.<br />

3) Erfüllung des Behindertengleichstellungsgesetzes<br />

Jeder Medienträger sollte ausreichend Menschen mit Behinderung entsprechend ihrer<br />

Ausbil<strong>du</strong>ngen beschäftigen. Da es wichtig ist, Betroffenen selbst die Möglichkeit<br />

einzuräumen, ihre Anliegen darzustellen <strong>und</strong> zu präsentieren, muss das<br />

Behindertengleichstellungsgesetz unbedingt eingehalten werden. Die Inhalte <strong>und</strong><br />

Darstellungsformen der Medienbeiträge werden <strong>du</strong>rch die Zusammenarbeit von<br />

behinderten <strong>und</strong> nichtbehinderten Mitarbeitern wesentlich geprägt.<br />

4) Anbieten von Ausbil<strong>du</strong>ngsangeboten<br />

Damit behinderte Mitarbeiter selbst Beiträge gestalten <strong>und</strong> Redaktionen betreuen können,<br />

muss ihnen nach Muster der BBC eine entsprechende Ausbil<strong>du</strong>ng angeboten werden.<br />

5) Mitarbeiterschulung<br />

Auch nichtbehinderte Mitarbeiter müssen im Umgang mit behinderten Kollegen geschult<br />

werden, zum Beispiel im Erlernen der Gebärdensprache. Betroffene fungieren damit auch<br />

als Ausbildner <strong>und</strong> haben als Vorbildfunktion einen nachhaltigeren positiven Effekt auf<br />

Kollegen, als irgendwelche anderweitigen Experten.<br />

6) Recht auf nicht diskriminierende Darstellung<br />

In der medialen Berichterstattung soll darauf geachtet werden, dass Menschen mit<br />

Behinderung nicht auf ihre Einschränkungen re<strong>du</strong>ziert werden. Sowohl die<br />

Diskriminierung verbaler Art (wie zum Beispiel der Ausdruck „jemand sei an den<br />

Rollstuhl gefesselt“), wie auch die Diskriminierung bildmäßiger Art ( meint beispielsweise<br />

wenn ein Betroffener hinter seinem Hilfsmittel verschwindet) sind unbedingt zu<br />

vermeiden.<br />

7) Einstellung der „Schicksalsberichterstattung“<br />

Dabei geht es darum, dass Menschen mit Behinderung in der medialen Berichterstattung<br />

nicht auf abstrakte Leidensvorstellungen Nichtbehinderter re<strong>du</strong>ziert werden dürfen.<br />

!<br />

35


„Behinderte Menschen als mediale ‚Schicksale‘ reißerisch <strong>und</strong> voyeuristisch zu<br />

präsentieren ist diskriminierend, verletzt die Würde des Menschen <strong>und</strong> ist daher<br />

einzustellen.“ (Firlinger 2003: 51) Es muss stets der Gr<strong>und</strong>satz einer ausgewogenen <strong>und</strong><br />

sachlichen Informationsgebung eingehalten werden.<br />

8) Die Position der medialen Almosenträger<br />

Besonders die österreichische Weihnachtsaktion „Licht ins Dunkel“ ist schwer zu<br />

überdenken, denn sie schafft eine eigene Wirklichkeit. Sie ist in der derzeitigen Form<br />

einzustellen, oder sonst inhaltlich <strong>und</strong> konzeptionell abzuändern. Menschen mit<br />

Behinderung kommen dabei, wenn überhaupt, nur als Mitleid erregende Kreaturen vor. Die<br />

Sen<strong>du</strong>ng ist voller Klischees <strong>und</strong> Scheinlösungen.<br />

9) Die Darstellung in allen Gestaltungsformen<br />

Jeder Medienträger muss Informationen über alle Aspekte des Lebens behinderter<br />

Menschen verbreiten. Der Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung kann nur insofern<br />

begegnet werden, indem in möglichst vielen Dokumentationen, Magazinen,<br />

Diskussionsformen, Filmen <strong>und</strong> Serien darüber berichtet wird.<br />

10) Medium für alle<br />

Es soll beachtet werden, dass auch sinnesbehinderte Menschen Medien benutzen.<br />

Gehörlose Menschen brauchen im Rahmen des Fernsehens Untertitelung, beziehungsweise<br />

Gebärdensprache, um der Handlung folgen zu können. Die Gebärdensprache soll vor allem<br />

bei Informationssen<strong>du</strong>ngen <strong>und</strong> Livesen<strong>du</strong>ngen eingesetzt werden. Auch Sehbehinderte<br />

konsumieren Fernsehen. Der Zweikanaltonbereich als Erklärungsleisten für Betroffene soll<br />

auch in Österreich, wie in vielen anderen Ländern bereits üblich, genützt werden.<br />

11)Einrichtung von Behindertenmagazinen<br />

Die Zahl der Betroffenen <strong>und</strong> deren Angehörigen machen einen beträchtlichen Teil der<br />

Gesamtbevölkerung aus. Daher wird darauf hingewiesen, es sei ein Behindertenmagazin<br />

einzurichten, welches dem Informationsbedarf dieser Bevölkerungsgruppe betrifft.<br />

!<br />

36


12) Kooperation von Behindertenorganisationen <strong>und</strong> den Medienträgern<br />

Nur <strong>du</strong>rch die Kooperation von Behindertenorganisationen <strong>und</strong> Medienträgern kann es zu<br />

einem Informationsaustausch kommen, welcher <strong>du</strong>rch neue Strukturen innerhalb der<br />

Medien, wie zum Beispiel das Einrichten einer Behindertenredaktion, erreicht werden<br />

kann.<br />

13) Menschen mit Behinderung als Entschei<strong>du</strong>ngsträger<br />

Bei gleicher Qualifikation haben die Medienträger Menschen mit Behinderung bevorzugt<br />

einzustellen. Sie sind auch in Gremien, die in einer beratenden oder auch kontrollierenden<br />

Funktion dem Medienträger beigegeben sind, zu nominieren.<br />

14) Kontrolle <strong>und</strong> Realisierung<br />

Alle der oben angeführten Gr<strong>und</strong>sätze müssen für alle Anbieter elektronischer Medien<br />

gelten <strong>und</strong> sind gesetzlich zu verankern. Ein Konzept zur Realisierung der Forderungen<br />

<strong>und</strong> deren tatsächlichen Umsetzung ist daher unbedingt zu erarbeiten. Infolgedessen muss<br />

jedes Jahr „… der B<strong>und</strong>esregierung bzw. dem Parlament ein Bericht des Medienträgers<br />

über die Defizite bzw. die Erfolge erlegt werden.“ (Firlinger 2003: 52)<br />

15) Gleichheitsgr<strong>und</strong>satz<br />

Für die Festigung demokratischer Strukturen ist die gleichberechtigte Teilhabe von<br />

behinderten Menschen am Mediengeschehen unverzichtbar.<br />

!<br />

37


III SCHLUSS<br />

1. Conclusio <strong>und</strong> Ausblick<br />

Die Forschungsarbeit wird als Versuch angesehen, einen Beitrag zum Thema<br />

Öffentlichkeit <strong>und</strong> Wirklichkeitskonstruktion zu leisten. Die spezielle Thematik zu<br />

Menschen mit Behinderung wurde auf ähnliche Weise bis dato noch nicht behandelt.<br />

Gleich zu Beginn konnte festgestellt werden, dass im Rahmen der Fixierung von<br />

Begriffsdefinitionen schon merkbar wurde, wie verschieden die Zugangsweisen, mit denen<br />

an die bestimmten Bereiche herangegangen wird, sein können.<br />

Die Etablierung gesellschaftlicher Wirklichkeiten als Funktion von Öffentlichkeit konnte<br />

im Rahmen der Forschungsarbeit am Beispiel von Menschen mit Behinderung aufgezeigt<br />

werden.<br />

Diese heterogene Gruppe von Menschen wird nicht dargestellt, wie sie wirklich sind. Die<br />

ewige Diskussion darüber, was Realität wirklich ist, soll hier bewusst ausgelassen werden,<br />

da es den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Viel mehr geht es darum, dass diese<br />

Personen ihrem Wirklichkeitsbild, welches über die Medien transportiert wird, nicht<br />

entsprechen. Schon in früheren Zeiten trug eine gewisse Sensationslust dazu bei,<br />

Menschen, die vor allem von Körperbehinderungen betroffen waren, besonders gerne zu<br />

betrachten. Werden Menschen mit Behinderungen heutzutage in den Medien dargestellt, so<br />

findet sich <strong>du</strong>rchaus eine Parallele zur Geschichte wieder. Auch heute noch finden<br />

behinderte Menschen den Einzug in die Berichterstattung, weil sie etwas<br />

Außergewöhnliches an sich haben. Sie werden beispielsweise als „W<strong>und</strong>erwuzzis“<br />

dargestellt, die es nur <strong>du</strong>rch heroische Taten, wie beispielsweise sportliche Leistungen, die<br />

ihnen von der „Normalwelt“ nicht zugetraut werden, in den Olymp der Medien schaffen.<br />

Das Gegenteil dazu sind die gerne gezeigten „Armutschkerl“. Menschen mit Behinderung<br />

werden als Opfer dargestellt, die Mitleid erregen. Eine alltagsnahe Darstellung – der<br />

Realität - ist selten zu finden. Diese Begebenheit trägt nicht gerade dazu bei, die<br />

Unsicherheit im Umgang von Nichtbehinderten mit Behinderten zu re<strong>du</strong>zieren, geschweige<br />

denn die empf<strong>und</strong>ene Distanz zwischen diesen beiden Gruppen zu verringern. Zudem<br />

halten nach wie vor Diskriminierungen Einzug in die mediale Berichterstattung <strong>und</strong> die<br />

Medienwelt im Allgemeinen.<br />

!<br />

38


Geht man davon aus, dass r<strong>und</strong> 10 Prozent der Bevölkerung behindert sind <strong>und</strong> sieht man<br />

sich die Medien an, lässt sich aufzeigen, dass die Medienwirklichkeit mit der<br />

Lebensrealität von Menschen mit Behinderung wohl kaum vereinbar ist.<br />

Noch immer ist die mediale Zugänglichkeit ein großes Thema. Auch wenn sich Österreich<br />

damit rühmt, eine Spitzenposition betreffend der Untertitelung bei Fernsehen im<br />

deutschen Sprachraum innezuhalten, taucht unweigerlich die Frage auf, warum man sich<br />

mit 26 Prozent der Untertitelung des gesamten ORF-Fernsehprogramms - einem eher<br />

erbärmlichen Ergebnis - auch noch brüstet.<br />

Aber nicht nur in der Medienrezeption treten Barrieren auf. Auch in der aktiven<br />

Medienarbeit treten Probleme in Zusammenhang mit Menschen mit Behinderung auf.<br />

Obwohl feststeht, dass gerade behinderten Menschen selbst mehr Gewicht gegeben werden<br />

muss, damit auch sie Raum haben, ihre Bedürfnisse auszusprechen, die schon erwähnten<br />

Distanzen abzubauen <strong>und</strong> zu Gleichberechtigung gelangen, scheint das hierzulande kaum<br />

jemanden dazu zu bewegen, beispielsweise mehr Menschen mit Behinderung als<br />

redaktionelle Mitarbeiter anzustellen. Das wird oft damit begründet, dass es ihnen an den<br />

nötigen „skills“ fehlt. Man fragt sich, warum im anglo-amerikanischen Raum in dieser<br />

Hinsicht so manches besser funktioniert.<br />

Es ist nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass <strong>du</strong>rch derartige Handlungen gesellschaftliche<br />

Wirklichkeiten konstruiert werden.<br />

Auch wenn, wie schon in den vorherigen Kapiteln angesprochen, eigentlich nicht von einer<br />

Integration von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft gesprochen werden sollte,<br />

denn auch sie sind ja ein Teil dieser, führen bestimmte Begebenheiten unweigerlich dazu.<br />

Denn diese Menschen werden ganz einfach ausgeschlossen. Um nur zwei Beispiele zu<br />

nennen -<br />

Unternehmen, die im Gr<strong>und</strong>e eine Behindertenquote zu erfüllen haben, können sich in<br />

Österreich auf legalem Wege davon freikaufen. (Vgl. ORF Steiermark 2009)<br />

Einer aktuellen Profil-Ausgabe zufolge entscheiden sich r<strong>und</strong> 80 Prozent der Frauen im<br />

Wiener Donauspital bei einer <strong>du</strong>rchgeführten Fruchtwasser- oder Zelluntersuchung mit der<br />

Diagnose Down-Syndrom für eine Abtreibung. (Vgl. Erhart 2011: 121)<br />

!<br />

39


Auch wenn man diesen Tatsachen mit Sicherheit nicht wertfrei gegenüberstehen kann,<br />

sollen sie nur veranschaulichen, wie Menschen mit Behinderung aus der Gesellschaft<br />

ausgegrenzt werden. Wenn der Gesetzgeber das auch noch unterstützt, bleibt die Frage<br />

offen, wie man dem entgegenwirken kann.<br />

Da Öffentlichkeiten, <strong>und</strong> somit auch den Medien, die Funktion der Herstellung<br />

gesellschaftlicher Wirklichkeiten zugesprochen werden kann, ist es wohl ganz<br />

offensichtlich, dass die Medien selbst ihre Rolle in der Gesellschaft überdenken müssen.<br />

Werden nämlich derart verzerrte Bilder von Menschen mit Behinderung in die Welt<br />

hinausgetragen, darf es nicht verw<strong>und</strong>erlich sein, wenn sie da<strong>du</strong>rch noch immer keinen<br />

Platz in unserer Gesellschaft bekommen haben. Natürlich ist es nicht die alleinige Aufgabe<br />

der Medien, Betroffene in die Gesellschaft einzugliedern, dennoch könnten sie einen<br />

erheblichen Beitrag zur Verbesserung der Stellung behinderter Menschen im Hier <strong>und</strong> Jetzt<br />

leisten.<br />

Zuletzt soll darauf hingewiesen werden, dass es dennoch Gr<strong>und</strong> zu Hoffnung auf<br />

vermehrte Teilnahme <strong>und</strong> Teilhabe Betroffener in der Medienwelt gibt. Im Mai 2002<br />

haben viele privatwirtschaftliche Medienhäuser ein Manifest zum Thema „Media and<br />

Disability“ verabschiedet. Ziel dabei ist es, „…die mediale Darstellung von Menschen mit<br />

Behinderung sowohl als aktive als auch als passive Akteure zu fördern.“ (Falböck 2003:<br />

35) Auch wenn diese Aktion in England stattfand, könnte dieses Manifest als weltweite<br />

Leitlinie gelten, um künftig doch noch eine Gleichstellung Betroffener zu erreichen.<br />

!<br />

40


IV LITERATURVERZEICHNIS<br />

1. Primärliteratur<br />

BMASK/ B<strong>und</strong>esministerium für Arbeit, Soziales <strong>und</strong> Konsumentenschutz (Hrsg.):<br />

Behindertenbericht 2008. Bericht der B<strong>und</strong>esregierung über die Lage von Menschen mit<br />

Behinderungen in Österreich. 2009. Online abrufbar:<br />

http://www.bmsk.gv.at/cms/site/attachments/9/3/4/CH0009/CMS1299764062407/behinder<br />

tenbericht_09-03-17.pdf (5. 6. 2011)<br />

Burkart, Roland: : Kommunikationswissenschaft. Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Problemfelder. Umrisse<br />

einer interdisziplinären Sozialwissenschaft. 4., überarbeitete <strong>und</strong> aktualisierte Auflage.<br />

Wien (u.a.) : Böhlau. 2002 . S. 378 ff.<br />

Charlton, Michael; Lucius-Hoene, Gabriele; Soll, Katrin: Identitätsangebote für<br />

Betroffene. Krankheit <strong>und</strong> Behinderung in den Medien. Eine vergleichende Analyse der<br />

Jahrgänge 1955, 1975 <strong>und</strong> 1995. In: medien praktisch. Zeitschrift für Medienpädagogik.<br />

Heft 1/ 1999. S. 20- 24.<br />

Erhart, Marlene: Der Wunsch nach dem Super- Kind. In: profil. Nr. 25. 42. Jg. 20. 6. 2011.<br />

S. 121.<br />

Falböck, Gabriele: Behindert ist, wer Barrieren überwinden muss. In: B<strong>und</strong>esministerium<br />

für Unterricht, Kunst <strong>und</strong> Kultur (Hrsg.): Medienimpulse. Medien <strong>und</strong> Menschen mit<br />

Behinderungen. März 2003. S. 33- 35. Online abrufbar:<br />

http://www.mediamanual.at/mediamanual/themen/pdf/diverse/43_Falboeck.pdf (11. 5.<br />

2011)<br />

Firlinger, Beate: Behinderung <strong>und</strong> Medien. Initiativen zur Bewusstseinsbil<strong>du</strong>ng. In:<br />

Medienimpulse. Beiträge zur Medienpädagogik. Nr. 43. 2003. S. 51- 52. Online abrufbar:<br />

http://www.mediamanual.at/mediamanual/themen/pdf/diverse/43_Firlinger.pdf (20. 6.<br />

2011)<br />

Gellner, Winand: Öffentlichkeit, Medien <strong>und</strong> Politik. In: Breitling, Rupert; Gellner,<br />

Winand (Hrsg.): Politische Studien zur Öffentlichkeit, Medien <strong>und</strong> Politik: Politische<br />

!<br />

41


Studien zum 65. Geburtstag von Prof. Dr. Erwin Faul Universität Trier. Band III.<br />

Gerlingen: Maisch+ Queck. 1988. S. 3- 12.<br />

Gottschlich, Maximilian: Die Welt ist, wie wir sie denken. Zur Kulturkritik der<br />

Mediengesellschaft. Analysen <strong>und</strong> Essays. 1980- 1999. Springer Verlag: Wien. 1999.<br />

Hickethier, Knut : Einführung in die Medienwissenschaft. Stuttgart, Weimar: Metzler.<br />

2003.<br />

Huainigg, Franz- Joseph: Keine Begegnung auf Augenhöhe. Der ORF verabschiedet sich<br />

von seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag. Menschen mit Behinderung werden<br />

diskriminiert. In: Die Presse. 22. 4. 2009.<br />

http://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/472467/Keine-Begegnung-auf-<br />

Augenhoehe (19. 6. 2011)!<br />

Huainigg, Franz-Joseph : Schicksal täglich. Zur Darstellung behinderter Menschen im<br />

ORF. Innsbruck, Wien : Studien-Verlag. 1996.<br />

Klier, Peter: Warum man die Öffentlichkeit so schlecht belügen kann. (De incorrupta rei<br />

publicae fide pudoris causa). In: Evard, Jean- Luc; Klier, Peter (Hrsg.):<br />

Mediendämmerung. Zur Archäologie der Medien. Berlin: Ed. Tiamat. 1989.<br />

Luhmann, Niklas : Die Realität der Massenmedien. 3. Auflage. Wiesbaden : VS Verlag<br />

für Sozialwissenschaften. 2004 .<br />

Luhmann, Niklas : Soziale Systeme. Gr<strong>und</strong>riß [sic!] einer allgemeinen Theorie. Frankfurt<br />

am Main : Suhrkamp. 1987 .<br />

Lutz, Klaus: Medienarbeit mit Behinderten. In: merz. Medien <strong>und</strong> Erziehung. Zeitschrift<br />

für Medienpädagogik. 2003/ 03. S. 148- 151.<br />

Lutz, Petra; Macho, Thomas; Staupe, Gisela; Zirden, Heike: Einleitung der He<strong>raus</strong>geber.<br />

In: Lutz, Petra; Macho, Thomas; Staupe, Gisela; Zirden, Heike (Hrsg.): Der (im-)perfekte<br />

Mensch. Metamorphosen von Normalität <strong>und</strong> Abweichung. Für die Aktion Mensch <strong>und</strong><br />

die Stiftung deutsches Hygiene- Museum. Köln: Böhlau Verlag. 2003. S. 10- 17.<br />

!<br />

42


Möller, Carsten; Oberhäuser, Kai Peter; Von Sikorski, Christian: Massenmediale<br />

Kommunikation über Athleten mit Behinderung: Implizite Assoziationen als Barrieren in<br />

der Behindertensportrezeption. In: Beck, Klaus; Holtz-Bacha, Christina; Kutsch, Arnulf;<br />

Schönbach, Klaus (Hrsg.): Publizistik. Vierteljahreshefte für Kommunikationsforschung.<br />

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Jahrgang 56. Heft 1/ 2011. S. 51- 64.<br />

Mürner, Christian: Medien- <strong>und</strong> Kulturgeschichte behinderter Menschen. Sensationslust<br />

<strong>und</strong> Selbstbestimmung. Weinheim, Basel, Berlin: Beltz Verlag. 2003.<br />

Neidhart, Friedhelm: Einleitung. Öffentlichkeit, öffentliche Meinung, soziale Bewegungen.<br />

In: Neidhardt, Friedhelm (Hrsg.) : Öffentlichkeit, öffentliche Meinung, soziale<br />

Bewegungen. Kölner Zeitschrift für Soziologie <strong>und</strong> Sozialpsychologie. Sonderhefte Nr.<br />

34. Opladen : Westdeutscher Verlag. 1994 . S. 7- 41.<br />

Pöttker, Horst: Öffentlichkeit als gesellschaftlicher Auftrag. In: Pöttker, Horst (Hrsg.):<br />

Öffentlichkeit als gesellschaftlicher Auftrag. Klassiker der Sozialwissenschaft über<br />

Journalismus <strong>und</strong> Medien. Konstanz: UVK. 2001. S. 9- 34.<br />

Radtke, Peter: Zum Bild behinderter Menschen in den Medien. In: Aus Politik <strong>und</strong><br />

Zeitgeschichte. Band 8/2003. S. 7- 12. Online abrufbar:<br />

http://www.bpb.de/files/Q72JKM.pdf (11.5.2011)<br />

Renggli, Cornelia: Behinderung in den Medien. Sichtbar <strong>und</strong> unsichtbar zugleich. In:<br />

Katholischer Mediendienst (Hrsg.): Medienheft. 23.11.2004. Online abrufbar:<br />

http://www.medienheft.ch/kritik/bibliothek/k23_RenggliCornelia.html (10. 5. 2011)<br />

Renggli, Cornelia: Buchbesprechungen. Ingo Bosse: Behinderung im Fernsehen.<br />

Gleichberechtigte Teilhabe als Leitziel der Berichterstattung. In: In: Beck, Klaus; Holtz-<br />

Bacha, Christina; Kutsch, Arnulf; Schönbach, Klaus (Hrsg.): Publizistik. Vierteljahreshefte<br />

für Kommunikationsforschung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Jahrgang<br />

52. Heft 4/ 2007. S. 574.<br />

Schäffle, Albert: Öffentlichkeit <strong>und</strong> öffentliche Meinung. In: Pöttker, Horst (Hrsg.):<br />

Öffentlichkeit als gesellschaftlicher Auftrag. Klassiker der Sozialwissenschaft über<br />

Journalismus <strong>und</strong> Medien. Konstanz: UVK. 2001. S. 111- 134.<br />

!<br />

43


Schönwiese, Volker: Vorwort. In: Huainigg, Franz-Joseph : Schicksal täglich. Zur<br />

Darstellung behinderter Menschen im ORF. Innsbruck, Wien : Studien-Verlag. 1996. S.<br />

7- 8.<br />

Steininger, Christian : Markt <strong>und</strong> Öffentlichkeit . München, Paderborn : Wilhelm Fink<br />

Verlag. 2007.<br />

Waldschmidt, Anne: Selbstbestimmung als behindertenpolitisches Paradigma-<br />

Perspektiven der Disability Studies. In: Aus Politik <strong>und</strong> Zeitgeschichte. Band 8/2003. S.<br />

13- 20. Online abrufbar: http://www.bpb.de/files/Q72JKM.pdf (20. 6. 2011)<br />

Weber, Stefan: Konstruktivistische Medientheorien. In: Weber, Stefan (Hrsg.) : Theorien<br />

der Medien. Von der Kulturkritik bis zum Konstruktivismus . 2. überarbeitete<br />

Auflage. Konstanz : UVK. 2010. S. 170- 188.<br />

Weber, Stefan: Systemtheorien der Medien. In: Weber, Stefan (Hrsg.) : Theorien der<br />

Medien. Von der Kulturkritik bis zum Konstruktivismus . 2. überarbeitete<br />

Auflage. Konstanz : UVK. 2010. S. 189- 206.<br />

World Health Organization: World Report on Disability, 2011(a). Online abrufbar:<br />

http://whqlibdoc.who.int/publications/2011/9789240685215_eng.pdf (15. 6. 2011)<br />

2. Internetquellen<br />

ORF Steiermark. Unternehmen bei Behindertenquote müßig. (27. 2. 2009) In:<br />

http://steiermark.orf.at/stories/345228/ (21. 6. 2011)<br />

World Health Organization: Health Topics. Disabilities. 2011(b). In:<br />

http://www.who.int/topics/disabilities/en/ (5. 6. 2011)<br />

!<br />

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