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Internationale Konferenz des Comenius-Netzwerks<br />
unausreichend entwickelte Medienmethodologien. In diesem Kontext entstand das Bedürfnis<br />
zur Ergänzung von reinem e-learning durch andere Lernformen. Um die Probleme zu<br />
überwinden in Richtung einer optimierten Lernform, die sowohl die neuen Technologien<br />
miteinbezieht und die unterschiedlichen Lerntempi und -stile respektiert, entwickelte sich<br />
das e-learning zu b-learning: blended learning. Es lohnt sich, einen Augenblick über diese<br />
Bezeichnung zu reflektieren.<br />
In den Kognitionswissenschaften ist blending ein geläufiges Wort geworden. Damit<br />
bezeichnet man die kognitive Fähigkeit zur Erschaffung von neuen Bedeutungen. Bereits<br />
vertraute Konzepte werden in einen neuen konzeptuellen Raum projiziert und aus ihrer<br />
Integrierung entsteht eine neue (blended) Bedeutung, die somit die neue Realität kognitiv<br />
erfasst. Dieser hochkreative Prozess der konzeptuellen Integration ist trivial genug, um bei<br />
der andauernden Anwendung nicht bewusst gemerkt zu werden, aber gleichzeitig so präsent<br />
in allen Bereichen menschlicher Aktivität, dass er als inhärent menschlich gilt (spürbar in<br />
der Sprache, in der Mathematik, in der Kunst, und entscheidend in der Phylogenese - siehe<br />
Fauconnier & Turner, Brandt und Tomasello).<br />
Auf das Lernen bezogen bezeichnet dieses blending in der Bezeichnung blended learning<br />
(oder in der Kurzform b-learning), das Ergebnis der selektiven Projektion aus zwei<br />
Lernansätzen: die traditionelle Präsenzveranstaltung (der Präsenzunterricht, das Seminar)<br />
und das e-Learning. Weshalb die Bezeichnung b-learning dabei so wichtig ist, zeigt das<br />
Prinzip des blending an sich: es geht nicht darum, traditionelle Unterrichtsformen mit online-<br />
Aufgaben auf Distanz abzuwechseln, sondern vielmehr um die Integrierung beider Formen<br />
(in den Aspekten, wo sie sich ergänzen), um zu einem übergeordneten Ziel beizutragen: ein<br />
effektiveres Lernprozess, wo der Wissenserwerb genaue Ziele dient.<br />
Blended-learning kann verschiedene Formate übernehmen. Ein Beispiel ist die Anwendung<br />
von Aufgabesätzen, die die mediengestütze Erarbeitung von Lerninhalten vorsieht. Dieser<br />
Phase von e-learning, bei der eventuelle Wissensunterschiede innerhalb der Lerngruppe<br />
erstmal auf eine gemeinsame Ausgangsbasis niveliert werden, folgt dann eine Präsenzphase<br />
in einer an Zeit und Ort gebundenen Präsenzveranstaltung, wo Anwendungskontexte für<br />
das erworbene Wissen hingeführt und gemeinsam besprochen und bearbeitet werden. Wir<br />
kommen gleich wieder zu diesem Punkt.<br />
4. B-learning und Sprachenlernen: möglich?<br />
Die Zusammensetzung von drei wichtigen Faktoren für das Fremdsprachenlernen bietet heute<br />
ein interessantes Szenarium für den Einsatz von blended learning in der Sprachausbildung.<br />
1. Zum einen, die europäische Sprachpolitik, die voraussieht, dass jeder EU-Bürger<br />
mindestens zwei Fremdsprachen aktive beherrscht und dazu noch über rezeptive<br />
Kenntnisse mindestens einer anderen verfügt. Einen bedeutsamen Schritt in diese<br />
Richtung machte der Europäische Rat mit der Verfassung von dem Europäischen<br />
Referenzrahmen für Sprachen, der die Sprachkompetenz in den verschiedenen<br />
Kenntnisniveaus beschreibt, objektiver messen und vergleichen lässt, quer über<br />
Sprachen und europaweit. Die genaue Beschreibung der Sprachbewältigung in Form<br />
von “kann-Kompetenzen” setzt voraus, dass der Lerner dem eigenen Spracherwerb<br />
bewusster ist und somit fähig ist, seine eigenen Fähigkeiten zu beurteilen und seinen<br />
Lernprozess zu beeinflussen. Somit ist die Basis festgelegt für den europäischen<br />
Sprachenportfolio, als europaweiter Sprachenpass.<br />
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