SELBSTHILFE: EINE KRAFT, DIE VERBINDET - Wiener ...
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BRAUCHEN LEUTE MIT<br />
LERNSCHWIERIGKEITEN<br />
FÜRSPRECHERINNEN<br />
ODER BETREUERINNEN?<br />
NEIN! SIE KÖNNEN FÜR<br />
SICH SELBST SPRECHEN.<br />
<strong>DIE</strong> BEWEGUNG „PEOPLE<br />
FIRST“ TRITT DAFÜR EIN.<br />
Ruth Ferrari<br />
Zuerst kommt<br />
stets der Mensch<br />
Wenn du glaubst, du<br />
seist behindert, dann<br />
solltest du dich weiterhin<br />
verstecken.<br />
Wenn du glaubst, du<br />
seist eine Person,<br />
dann komm raus und sag es der Welt“,<br />
so das Motto von Ray Loomis, einem der<br />
Gründer von „People First“, der Selbstvertretungsbewegung<br />
von Menschen<br />
mit Lernschwierigkeiten. Selbstvertretung<br />
bedeutet, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten<br />
selbst SprecherInnen<br />
für ihre Rechte und ihr gesamtes Leben<br />
sein sollen und nicht von BetreuerInnen<br />
oder sonstigen FürsprecherInnen vertreten<br />
werden wollen.<br />
Niemand braucht eine Etikette. „Die<br />
,People First‘-Bewegung soll Menschen<br />
mit Lernschwierigkeiten ermächtigen,<br />
für ihre Interessen selbst einzutreten,<br />
ihre Anliegen in die gesellschaftliche<br />
Diskussion einzubringen, gängige Vorurteile<br />
abzubauen und einen anderen<br />
Blickwickel von Menschen mit Lernschwierigkeiten<br />
in der Gesellschaft zu<br />
schaffen“, erläutert Mag. a Angelika<br />
gesunde stadt – winter 2010<br />
Vötsch-Rosenauer von der <strong>Wiener</strong> Gesundheitsförderung.<br />
Doch wie kam es dazu? Ein Blick zurück:<br />
In den 70er-Jahren wurden in den USA<br />
und Kanada die ersten Treffen für Menschen<br />
mit sogenannter „geistiger Behinderung“<br />
organisiert. 1974 verwehrten<br />
sich in Oregon die Beteiligten gemäß<br />
dem Slogan „Etiketten sind für Dosen,<br />
nicht für Menschen“ dagegen, weiter als<br />
geistig behindert bezeichnet zu werden.<br />
Sie nannten sich „People First“, um zu<br />
demonstrieren, dass auch Menschen mit<br />
Lernschwierigkeiten in erster Linie Menschen<br />
sind und ihre Beeinträchtigung<br />
erst an zweiter Stelle kommt.<br />
Über Großbritannien und Schweden<br />
kam die Idee nach Mitteleuropa. „Die Bewegung<br />
ist heute überall aktiv und offen<br />
für alle, die mitwirken wollen, Barrieren<br />
in der Umwelt abzuschaffen“, erklärt<br />
Mag. Oliver Koenig vom Institut für<br />
Bildungswissenschaft der Universität<br />
Wien. „Denn Betroffene wollen nicht nur<br />
selbstbestimmt wohnen, für ihre Arbeit<br />
gerecht entlohnt werden und sich überall<br />
selbst vertreten, sondern sie fordern<br />
auch eine leichtere Sprache.“ Gemein-<br />
SCHWERPUNKTTHEMA <strong>SELBSTHILFE</strong><br />
„Durch meine Teilnahme in der Gruppe<br />
fühle ich mich nicht mehr alleine.<br />
Gemeinsam können wir viel erreichen.“<br />
Christine Schilling,<br />
Mitglied von „Vienna People First“<br />
sam mit UnterstützerInnen bringen sie<br />
deshalb ihre Anliegen durch Vorträge in<br />
Bildungs- und Behinderteneinrichtungen<br />
an die Öffentlichkeit.<br />
Menschenrechte werden umgesetzt.<br />
Auch in Österreich gibt es mit der<br />
Plattform „Netzwerk Selbstvertretung<br />
Österreich“ eine „People First“-Bewegung<br />
– in Wien sind zwei Gruppen aktiv:<br />
„Vienna People First“ und die „Selbstvertreter<br />
der Lebenshilfe“. Und was<br />
sagen die Mitglieder? Christine Schilling<br />
von „Vienna People First“ berichtet:<br />
„Die Gruppe gibt mir die Möglichkeit,<br />
dass ich nicht alleine bin. Gemeinsam<br />
können wir mehr erreichen – vor allem<br />
auch politisch!“ ●<br />
www.selbstbestimmt-leben.net/wibs<br />
www.viennapeoplefirst-gaw.at<br />
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