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Gesellschaft zur Förderung von Kinderbetreuung e. V. Gesellschaft ...

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Kinder<br />

brauchen<br />

Spiel<br />

Warum dies? Warum gerade jetzt – und warum immer wieder?<br />

Was für Erwachsene oft ein Rätsel ist, ist die ureigene<br />

Sprache <strong>von</strong> Kindern auf ihrem Weg sich die Welt anzueignen:<br />

Das Spiel. „Spielen geht nicht ohne zu lernen und Lernen wird<br />

nachhaltiger, wenn es spielerisch ist“, sagt der Frankfurter Sozialforscher<br />

Dr. Harald Seehausen. Das Team des Kinderhaus<br />

KIWI der GFK e.V. hatte den Innovationsberater am 23. Januar<br />

zu einer Vortragsveranstaltung in den Räumen der Wintershall<br />

Holding AG in Kassel eingeladen und es kamen rund 100 Eltern,<br />

Erzieherinnen und Erzieher. Das Motto: „Was brauchen<br />

Kinder?“ „Jedes Kind braucht wenigstens einen Erwachsenen,<br />

der in dieses Kind vernarrt ist“, so brachte Dr. Harald Seehausen<br />

auf den Punkt, was Bindungsforscher herausgefunden haben:<br />

Damit ein Kind sich gesund entwickeln könne, brauche<br />

es eine emotional hoch aufgeladene Gefühlsbindung zu einem<br />

anderen Menschen. Und um eine solche Bindung entstehen<br />

lassen und aufrechterhalten zu können, bedürfe es eines Dritten,<br />

eines Menschen, der unterstützt, kommentiert, kritisiert:<br />

„Jemand, der eine Rückmeldung gibt, der einfach vorhanden<br />

ist“, so Seehausen. Störfaktoren gesunder Entwicklung seien<br />

zu viel Kontrolle – und zu viel Chaos.<br />

„Kinder bemühen sich aktiv und kreativ darum, sich ein Bild<br />

<strong>von</strong> der Welt zu machen und sie zu erforschen, sie wollen<br />

selbst lernen und dabei etwas `Wichtiges´ tun“, so Dr. Seehausen.<br />

Das bedeute auch: „Jede nachwachsende Generation muss<br />

sich ihre Wertvorstellungen und Wissenspakete selbst erarbeit<br />

-Räume<br />

Dr. Harald Seehausen<br />

hielt einem Vortag<br />

im Kinderhaus KIWI<br />

en, sie werden nicht <strong>von</strong> den Erwachsenen übergeben“. Die<br />

Pädagogik frage heute nicht mehr, wie Kinder <strong>von</strong> Erwachsenen<br />

„erzogen“ werden könnten – sondern welche eigenen Kräfte<br />

sie haben, ihre Sicht der Dinge herauszubilden. „Man kann<br />

es auch so formulieren: Lass deinem Kind Zeit zum Irrtum und<br />

behüte es dabei. Ein misslungener Versuch ist eine Auskunft<br />

und keine Niederlage“, sagte Dr. Seehausen.<br />

Studien zeigten, dass bereits Säuglinge selbstständig und einfallsreich<br />

reagierten und handelten: „Kinder im vorschulischen<br />

Alter können und wollen viel mehr lernen, als wir ihnen gemeinhin<br />

zutrauen.“. Dabei seien sie auf Kommunikation und Gegenseitigkeit<br />

angewiesen: Erwachsene müssten ihnen im Gespräch,<br />

Spiel und gemeinsamen Tun behutsam Raum und Respekt für<br />

eigene Entdeckungen und Erklärungssätze zugestehen. Rückmeldungen,<br />

Vorschläge und Handlungsbeispiele der Erwachsenen<br />

seien dabei unverzichtbar – weil Kinder in ihrer Fähigkeit,<br />

widersprüchliche Erfahrungen konstruktiv zu verarbeiten,<br />

immer wieder an Grenzen gerieten. „Kinder brauchen Erwachsene,<br />

die ihre <strong>Förderung</strong> als eine Gratwanderung zwischen Führung<br />

und Zurückhaltung begreifen“, so Dr. Seehausen.<br />

Kindertagesstätten müssten vielfältige Anreize, Beziehungsangebote,<br />

Raum, Zeit und Hilfestellungen für autonome Lernprozesse<br />

bieten – aber auch „Spiel-Räume“: „Gerade das zweckfreie<br />

Spiel entwickelt Kompetenzen eines Kindes in vielen Bildungsbereichen<br />

– natürlich ohne dass es dies beabsichtigt<br />

hätte“. Leider werde das Spiel als „Königsweg der Entwicklungsförderung“,<br />

als Grundlage <strong>von</strong> Lernen und Bildung, sehr<br />

vernachlässigt und komme in Bildungsplänen nur am Rande<br />

vor. Auch im Kita-Alltag sei noch eine deutliche Trennung <strong>von</strong><br />

„Freispiel“ und „Angebot“ verbreitet: „Nicht selten wird das<br />

Spiel als unernst, allenfalls als Erholung angesehen – und das<br />

pädagogische Programm als das eigentlich Wichtige.“ Doch<br />

im Spiel setzten sich Kinder mit ihrer Umwelt auseinander. „Je<br />

mehr wir selbst unter Stress stehen und unser Tun nur nach<br />

zweckgebundener Rationalität und Leistung ausrichten, desto<br />

weniger Zugang zum Spiel <strong>von</strong> kleinen Kindern haben wir.“ In<br />

einer Leistungsgesellschaft gehöre es offenbar <strong>zur</strong> Rolle Erwachsener,<br />

das Spiel <strong>von</strong> Kindern gering zu schätzen, die Reichhaltigkeit<br />

ihrer Spiel-Räume zu verknappen oder sie pädagogisch<br />

„in Dienst nehmen“ zu wollen. „Viele Erwachsene übersehen<br />

das Spiel <strong>von</strong> Kindern“, gab Dr. Seehausen zu bedenken,<br />

„sie amüsieren sich, wo es nichts Lächerliches gibt; sie mischen<br />

sich zum falschen Zeitpunkt ein, beharren auf der Realität<br />

– ihrer Realität, ohne nachzusinnen, welche Antworten<br />

ein Kind in seiner Realität dem entgegensetzt“. ::: Gundula Zeitz<br />

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