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Testwerkstatt: Alternative Aufgabentypen entwickeln

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STANDARDS<br />

Testauswertung:<br />

Aufgaben überprüfen<br />

Wie sieht die tatsächliche Schwierigkeit<br />

der Aufgaben aus, gemessen<br />

an der Lösungswahrscheinlichkeit<br />

der jeweiligen Aufgabe?<br />

Bestimmt wird die Lösungswahrscheinlichkeit<br />

über den Mittelwert<br />

der aufgetretenen Aufgabenlösungen.<br />

Dazu wird pro Schüler und<br />

Aufgabe jeweils der Wert „1“ für<br />

gelöst, der Wert „0“ für nicht gelöst<br />

vergeben, bei den offenen<br />

Aufgaben „0,5“ für teilweise gelöst<br />

(vgl. Kasten mit Lösungserwartungen).<br />

Einfach ist die Berechnung<br />

mit Statistikprogrammen<br />

wie SPSS, doch auch die Berechnung<br />

mit Taschenrechner ist<br />

problemlos möglich (dazu pro<br />

Aufgabe die Summe der vergebenen<br />

Werte ermitteln und durch<br />

die Anzahl der Schüler dividieren,<br />

die die Aufgabe bearbeitet<br />

haben). 6 Abb. 4 zeigt die auf diese<br />

Weise bestimmten tatsächlichen<br />

Aufgabenschwierigkeiten des<br />

durchgeführten Tests 7 , für die Gesamtstichprobe<br />

und differenziert<br />

nach den Schularten der teilnehmenden<br />

Schüler. So sind die Aufgaben<br />

1 (Lösungswahrscheinlichkeit<br />

33,85%) und 9 (32,31%)<br />

insgesamt die schwierigsten Aufgaben<br />

im Test. Besonders hervorzuheben<br />

ist, dass Aufgabe 1<br />

diesen Schwierigkeitsgrad trotz<br />

der Vorgabe von Antwortmöglichkeiten<br />

erreicht.<br />

Ungeeignete Aufgaben<br />

aufspüren<br />

Die ermittelten Lösungswahrscheinlichkeiten<br />

ermöglichen<br />

auch, untaugliche Aufgaben aufzuspüren.<br />

Für die am Test teilnehmenden<br />

Klassen – Spezialschüler,<br />

„Durchschnitts“-Gymnasiasten<br />

und Regelschüler – sind begründet<br />

verschiedene Leistungsniveaus<br />

anzunehmen. Die „normalen“<br />

Gymnasiasten müssten die Aufgaben<br />

demnach häufiger lösen können<br />

als die Regelschüler, aber weniger<br />

häufig als die hochbegabten<br />

Spezialschüler. Verdächtig sind<br />

also zum einen Aufgaben, bei de-<br />

Mittel- Gesamt- Gymnasium Gymnasium Regelschule<br />

werte stichprobe ‚spezial’ ‚normal’ ‚Realschulzweig’<br />

Aufgabe Nr.<br />

(n = 66) (n1 = 15) (n2 = 35) (n3 = 16)<br />

1 ,3385 ,4667 ,4118 ,0625<br />

2 ,7273 ,8667 ,7714 ,5000<br />

3 ,5234 ,5333 ,6000 ,3214<br />

4 ,8939 1,000 ,9429 ,6875<br />

5 ,8030 1,000 ,8000 ,6250<br />

6 ,4308 ,6667 ,4706 ,1250<br />

7 ,6615 ,9333 ,6765 ,3750<br />

8 ,6462 ,8667 ,6324 ,4688<br />

9 ,3231 ,5000 ,3529 ,0938<br />

10 ,7121 ,7667 ,7000 ,6875<br />

Abb. 4: Bei einer systematischen Testauswertung<br />

geben die Mittelwerte der Testteilnehmer Auskunft<br />

über die Schwierigkeit der Aufgaben. Je niedriger der<br />

Wert, umso schwieriger ist die Aufgabe.<br />

42<br />

nen alle drei Gruppen (innerhalb<br />

einer Lerngruppe: leistungsstärkste<br />

und leistungsschwächste Lernende)<br />

in etwa gleich gut antworten.<br />

Solche Aufgaben differenzieren<br />

zu wenig und wurden deshalb<br />

aus dem Test entfernt. Ebenso<br />

misstrauisch zu betrachten sind<br />

Aufgaben, bei denen die Lernenden<br />

mit dem insgesamt besten<br />

Testergebnis deutlich schlechter<br />

abschneiden als die Lernenden<br />

mit dem insgesamt schlechtesten<br />

Testergebnis. Auch diese Aufgaben<br />

eignen sich offensichtlich<br />

nicht zur Feststellung des tatsächlichen<br />

Leistungsvermögens und<br />

müssen bei einer künftigen Verwendung<br />

des Test weggelassen<br />

oder modifiziert werden. Genauer<br />

zu prüfen sind schließlich auch<br />

Mehrfachwahlaufgaben, bei denen<br />

einzelne Distraktoren überhaupt<br />

nicht gewählt wurden. Diese<br />

Distraktoren sind für die Lernenden<br />

offenbar nicht hinreichend<br />

plausibel und müssen ggf.<br />

ersetzt oder verändert werden.<br />

Schlussfolgerungen für<br />

die Lernenden ziehen<br />

Wie lässt sich ein solcher Test für<br />

die weitere Unterrichtsplanung<br />

und die Förderung der Lernenden<br />

nutzen? Hierzu ist es nötig, die<br />

Ergebnisse noch etwas genauer zu<br />

betrachten und z. B. zu erheben,<br />

wie häufig welche Antwortmöglichkeiten<br />

gewählt wurden. Für<br />

die Aufgaben 5 und 7 ergibt sich<br />

dabei folgendes Bild: Sechs von<br />

sechzehn Regelschülern wählen<br />

Antwort 5a und 5b, ein Viertel<br />

der Regelschüler/innen kreuzt<br />

Antwort 7a an. Damit offenbaren<br />

diese Lernenden deutliche Defizite<br />

im Wortschatzwissen. „Gemein“<br />

verstehen sie im Sinne von<br />

„fies“, „unangenehm“; „erlauben“<br />

hat für sie mit „dürfen“ zu tun.<br />

Hier bestehen also allem Anschein<br />

nach ganz grundlegende<br />

Hürden für das Verstehen literarischer<br />

Texte. Eine Konsequenz aus<br />

dem Ergebnis könnte gezielte<br />

Wortschatzarbeit sein (Wortfelder<br />

bilden, Synonyme finden, mit Stilebenen<br />

experimentieren).<br />

Interessant ist auch die Beobachtung,<br />

dass die meisten Lernenden<br />

offensichtlich die eigene Lebenswirklichkeit<br />

mit der literarischen<br />

Wirklichkeit identifizieren.<br />

Nur so erklärt sich u. a., dass bei<br />

Aufgabe 1 die Antworten b, c und<br />

d für die Mehrzahl der Schülerinnen<br />

und Schüler wählbar waren.<br />

Diese Distraktoren bieten Antworten<br />

an, die verstärkt die eigenen<br />

Erfahrungen der Lernenden<br />

widerspiegeln. Die Ergebnisse zu<br />

Aufgabe 10 stützen gleichfalls die<br />

angeführte These. Diese Aufgabe<br />

konnte unabhängig von der Wahl<br />

der Antwortmöglichkeit a oder b<br />

gelöst werden. Maßgeblich war<br />

die Qualität der Begründung (vgl.<br />

Kasten). Die meisten Teilnehmenden<br />

entschieden sich für Antwort<br />

a. Diejenigen, die a gewählt haben,<br />

begründen diese Wahl zum<br />

Deutschunterricht 5 / 2005

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