Berufsprofil Physiotherapie - Physio Austria
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2 | Geschichte des Berufes<br />
Geschichte des Berufes17<br />
Die Anfänge der <strong><strong>Physio</strong>therapie</strong> (früher Physikalischer<br />
Therapie) finden sich literarisch belegbar<br />
18 im Altertum, wo beispielsweise in China<br />
und in Griechenland bedeutende Ärzte und<br />
Philosophen gymnastische Übungen als einen<br />
Bestandteil der sich auf naturwissenschaftlicher<br />
Basis aufbauenden wissenschaftlichen Medizin<br />
beschrieben. In Europa blieb während der<br />
Antike, im Mittelalter und der frühen Neuzeit<br />
Gymnastik als Mittel der Körperertüchtigung<br />
und Gesundheitserhaltung auf Männer im sport-<br />
und wehrfähigen Alter beschränkt.<br />
Erst im Jahr 1741, also am Beginn des Zeitalters<br />
der Aufklärung, machte ein französischer<br />
Arzt, Nicolas Andry (1658–1742), Physikalische<br />
Therapie auch zum Gegenstand der Behandlung<br />
körperlich missgebildeter Menschen. In seinem<br />
Lehrbuch, das die Orthopädie an Kindern<br />
begründet, beschrieb er Übungen zur Besserung<br />
bzw. Prävention von kindlichen Missbildungen.<br />
Andrys Gedankengut wurde von dem Schweizer<br />
Arzt Jean Andre Venel (1740–1791) übernommen,<br />
der 1780 in Orbe im Kanton Waadt<br />
die erste bekannte orthopädische Heilanstalt<br />
einrichtete.<br />
Als im Jahr 1762 die beiden Hauptwerke des<br />
Aufklärungsphilosophen Jean Jacques Rousseau<br />
(1712–1778), der Traktat „Contract Social“ und<br />
der Erziehungsroman „Emile“, erschienen, löste<br />
dies in Deutschland die Gründung zahlreicher<br />
„Philanthropinen“ genannter Erziehungsanstalten<br />
aus, in denen in gleicher Weise der geistigen<br />
Entwicklung wie der körperlichen Ertüchtigung<br />
pädagogisches Gewicht beigemessen wurde.<br />
Die angewendeten Bewegungsübungen entsprachen<br />
weitgehend den aus dem Altertum<br />
überlieferten und wurden unter dem Begriff<br />
„pädagogische Gymnastik“ zusammenge-<br />
fasst. Vom bedeutendsten Vertreter dieser Art<br />
Gymnastik in Deutschland, Johann Christoph<br />
Friedrich Gutsmuths (1759–1839), und von<br />
Franz Nachtegall (1777–1847), dem Gründer<br />
der „Gymnastischen Gesellschaft“ in Kopenhagen,<br />
beeinflusst, entwickelte der Schwede<br />
Pehr Henrik Ling (1776–1839) wenig später ein<br />
eigenes, neues System von Übungen. Lings<br />
System enthielt die bisher gebräuchlichen und<br />
den Verrichtungen des Alltags entlehnten oder<br />
nachempfundenen Bewegungen, dazu aber auch<br />
zusätzliche Einzelelemente komplexer Bewegungsabläufe,<br />
die der speziellen Situation der<br />
Patienten zu entsprechen hatten. Zusammen mit<br />
den Zanderschen „Gymnasten“, 19 Maschinen,<br />
die möglichst präzise verschiedene Bewegungen<br />
der menschlichen Extremitäten steuern konnten,<br />
entstand das System der sogenannten „schwedischen<br />
Gymnastik“, das im 19. Jahrhundert in<br />
Europa Vorbildcharakter hatte.<br />
Neben diesen gymnastischen Methoden<br />
im engeren Sinne wurden auch seit alters her<br />
bekannte andere Formen der physikalischen<br />
Therapie wie beispielsweise Wasser als Therapeutikum<br />
angewandt. Ab dem Anfang des 19.<br />
Jahrhunderts erlebte die naturwissenschaftlichtechnische<br />
Forschung einen rasanten Aufschwung,<br />
was nicht ohne Folgen für die Medizin<br />
und damit auch für die Physikalische Therapie<br />
blieb. In diesem Zusammenhang ist die Elektrotherapie<br />
zu nennen, die in dem Österreicher<br />
Josef Kowarschik (1876–1965) schon vor Beginn<br />
des Ersten Weltkrieges einen hervorragenden<br />
Vertreter besitzt. Dieser setzte zur Verabreichung<br />
elektrotherapeutischer Behandlungen<br />
vornehmlich sogenannte „ärztliche Hilfskräfte“<br />
ein. Diese Mitarbeit und die erst Jahre später<br />
solchen Hilfskräften zugestandenen Befugnisse<br />
physiotherapie <strong>Berufsprofil</strong> 9