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Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Wie befreiend war die DDR-Frauenfärderunf? :' 237<br />

Datenverarbeitung, als Ausdruck der Gleichberechtigung gewertet (Zur gesellschaftlichen<br />

Stellung 1978, 200). Dabei wurde übersehen, daß Gleichberechtigung<br />

sich nicht auf die Frage reduzieren läßt, ob Männer und Frauen in gleichem<br />

Umfang Technik handhaben und bedienen können. Vielmehr ist von Bedeutung,<br />

ob Frauen an der Technikentwicklung teilhaben und dadurch ihre Interessen bei<br />

der Gestaltung der Lebensbedingungen innerhalb und außerhalb des Erwerbsbereichs<br />

vertreten können. Unter dieser Fragestellung fallt die Bilanz negativ<br />

aus. Die Geschlechterpolarisierung bestand weiterhin, sowohl im Wissenschaftsbereich,<br />

wo die Technik entwickelt wird, als auch beim Einsatz in der Produktion.<br />

Im Hoch- und Fachschulbereich verrichteten mehrheitlich Männer die<br />

»wissenschaftlich-schöpferische Arbeit«, Frauen führten die wissenschaftliche<br />

Routinearbeit aus (vgl. Röth 1989, 50, und Anlage 14).<br />

In dem Zusammenspiel von Geschlechtersozialisiation und Berufswahl entschieden<br />

sich 1987 60 Prozent aller Schulabgängerinnen <strong>für</strong> 16 Facharbeiterberufe<br />

von 259 angebotenen. Verstärkt wurde die geschlechtsspezifische Berufswahl<br />

durch die staatlich vorgegebenen Lehrstellenangebote. Seit 1975 waren vor<br />

allem solche Stellenangebote <strong>für</strong> Mädchen rückläufig, die sich im Zentrum der<br />

Technikgestaltung und -beherrschung befanden, während der Frauenanteil in<br />

den lediglich ausführenden Industriezweigen wuchs (vgl. Nickel 1990, 40). Die<br />

Gründe <strong>für</strong> die horizontale Segregation lagen vor allem in der geschlechtsspezifischen<br />

Sozialisation und dem eingeschränkten Berufsangebot <strong>für</strong> Frauen. Letzteres<br />

läßt darauf schließen, daß von staatlicher Seite ein Interesse an der Aufrechterhaltung<br />

des Status quo vorhanden war. Bei der vertikalen Segregation waren es<br />

vorrangig Probleme bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die in den<br />

achtziger Jahren initiierten Maßnahmen, Frauen <strong>für</strong> den beruflichen Aufstieg zu<br />

motivieren, hatten nicht den gewünschten Erfolg (vgl. Bertram 1987 a und<br />

1987b). Frauen übernahmen frühestens dann eine Leitungsfunktion, wenn die<br />

Kinder die Schule besuchten. Dagegen war bei Männern keine Verbindung zwischen<br />

der beruflichen Entwicklung und dem Alter sowie der Zahl ihrer Kinder<br />

zu beobachten. Im Gegenteil, die Phase des beruflichen Aufstiegs lag bei Männern<br />

zwischen dem 24. bis 34. Lebensjahr, also zu einer Zeit, in der die meisten<br />

Väter von Kleinkindern waren. Die notwendige Fortbildung wurde beispielsweise<br />

bei Wissenschaftlern zu 31 Prozent in der Freizeit absolviert (vgl. Röth<br />

1989, 100ff.). Entsprechend wenig konnten und wollten diese Männer zur Haushaltsführung<br />

und Kindererziehung beitragen. Männliche Forscher und Entwickler<br />

waren größtenteils mit Frauen verheiratet, die teilzeitbeschäftigt oder nicht<br />

berufstätig waren (vgl. ebd., 109). Auch in der DDR war die Karriere eines Mannes<br />

besser möglich, wenn die Frau ihm den Rücken freihielt, indem sie die Arbeit<br />

<strong>für</strong> seine Reproduktion übernahm. Im industriellen Bereich war der Zeitumfang<br />

einer Leitungstätigkeit <strong>für</strong> Frauen unvereinbar mit ihren Familienpflichten. Eine<br />

Untersuchung über die Situation von Meisterinnen in der Leichtindustrie und in<br />

der E1cktronischen/Elektotechnischen Industrie kam zu dem Ergebnis, daß lange<br />

Arbeitszeiten, Sondereinsätze und Mehrschichtsystem nicht mit den familiären<br />

Pflichten vereinbar sind (vgl. Heinrich 1989, 14ff.). Als weiterer gravierender<br />

Hinderungsgrund <strong>für</strong> eine berufliche Karriere stellten sich die in den siebziger und<br />

achtziger Jahren <strong>für</strong> immer mehr Frauengruppen gültigen Freistellungsregelungen,<br />

DAS ARGUMENT 198/1993 ©

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