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Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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232 lngrid Arbeitlang<br />

Arbeitsgesetzbuch (AGB) der DDR herangezogen werden. Es galt als entscheidendes<br />

Regelwerk, mit dem die in der Verfassung verankerte Gleichberechtigung<br />

von Männern und Frauen (Art. 2011 Verfassung) konkretisiert werden sollte. Im<br />

ersten Kapitel des AGB wurden die Grundlagen und Ziele der FrauenfOrderung<br />

festgelegt. Demnach sind »solche Bedingungen (zu schaffen), die es den Frauen<br />

ermöglichen, ihrer gleichberechtigten Stellung in der Arbeit und in der beruflichen<br />

Entwicklung immer besser gerecht zu werden und ihre berufliche Tätigkeit<br />

noch erfolgreicher mit ihren Aufgaben als Mutter und in der Familie zu vereinbaren«<br />

(§3 AGB). Mit diesem Paragraphen wurde allgemein die Förderung<br />

von Frauen im Erwerbsbereich festgeschrieben, und Frauen mit Kindern wurden<br />

als besonders zu fOrdernde Gruppe ausgewiesen. Der Förderung beider Zielgruppen<br />

- Frauen im allgemeinen, Mütter im besonderen - scheint die gleiche<br />

Wertigkeit zuzukommen. Die Analyse des AGB ergibt, daß vorrangig Mütter im<br />

Mittelpunkt der Regelungsmuster standen. Da Frauen mit Kindern größere<br />

Schwierigkeiten haben, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen (Vereinbarkeitsproblematik),<br />

ist ihre Unterstützung positiv zu beurteilen. Problematisch ist allerdings<br />

die Reduzierung der FrauenfOrderung auf diese Zielgruppe. Dadurch<br />

erhält die Beseitigung der <strong>für</strong> alle Frauen bestehenden Diskriminierung einen<br />

untergeordneten, wenn nicht nebensächlichen Stellenwert.<br />

Besonders deutlich wird die einseitige Orientierung auf Frauen }llit Kindern<br />

im 12. Kapitel des Arbeitsgesetzbuches, in dem die »besonderen Rechte der<br />

werktätigen Frau und Mutter« geregelt sind. Bis auf eine Ausnahme förderten<br />

alle Paragraphen (§ § 240-251) erwerbstätige Frauen einzig im Hinblick auf ihre<br />

biologische und soziale Funktion als Mutter. Der einzige Paragraph, der sich<br />

nicht auf Mütter bezog, war auch nicht <strong>für</strong> Frauen relevant. §251 AGB gewährte<br />

alleinstehenden Vätern unter bestimmten Voraussetzungen gleiche »Vergünstigungen«<br />

bei der Arbeitszeit- und Urlaubsregelung wie vollzeitbeschäftigten<br />

Müttern. So kurios die Plazierung von § 251 AGB auf den ersten Blick erscheint,<br />

so prägnant verdeutlicht sie, daß mit der »Förderung der Frau« die einseitige Verantwortung<br />

<strong>für</strong> die private Reproduktion weiterhin den Frauen zugewiesen wurde.<br />

Alleinstehende Väter waren eine Ausnahme, nicht die Regel. Die Einordnung von<br />

alleinerziehenden Vätern in das Kapitel <strong>für</strong> Mütterbelange kann als Freudsche<br />

Fehlleistung bezeichnet werden, offenbart sie doch ungewollt die innere Logik des<br />

Gleichberechtigungsverständnisses des Gesetzgebers. Entgegen aller Verlautbarungen<br />

wurde der Status quo der geschlechtsspezifischen Sozialrollen an einem<br />

wesentlichen Punkt nicht verändert, sondern fortgeschrieben. Die Verwirklichung<br />

einer derart verstandenen Gleichberechtigung bringt <strong>für</strong> Männer wenig Verände:<br />

rungen. Sie sind weiterhin Arbeitnehmer, deren Arbeitskraft ungehindert von<br />

familiären Pflichten im Bereich der gesellschaftlichen Produktion voll eingesetzt<br />

werden kann. Frauen hingegen haben sowohl den Anforderungen in der gesellschaftlichen<br />

Produktion als auch denen in der privaten Reproduktion zu genügen.<br />

Der Konzeption des Arbeitgesetzbuches lagen nicht alleine eine geseh1cehtsspezifische<br />

Rollenzuweisung und daraus resultierende Arbeitsteilung zu Lasten<br />

von Frauen zugrunde, sondern auch eine unterschiedliche Wertigkeit der Geschlechter.<br />

Erkennbar wird dies an der Zuordnung von Frauen zu den Bevölkerungsgruppen<br />

»Jugendliche sowie ältere und invalide Menschen«, die in den<br />

DAS ARGUMENT 19811993 ©

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