Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Ingrid Arbeitlang<br />
Wie befreiend war die DDR-FrauenfOrderung?<br />
Analyse rechtlicher und sozioökonomischer Regelungen<br />
Nach offIzieller Darstellung war in der DDR die Gleichberechtigung von Männern<br />
und Frauen verwirklicht. Die ausschlaggebenden Kriterien bei der Definition<br />
von Gleichberechtigung waren der Anteil der erwerbstätigen Frauen und der<br />
Grad der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Spätestens seit den Veränderungen<br />
ab Mitte des Jahres 1989 widersprachen einzelne Frauen und Frauengruppen<br />
in der damals noch existierenden DDR öffentlich dieser Darstellung.<br />
Ihrer Meinung nach war die Frauenfrage nicht gelöst und die Gleichberechtigung<br />
der Geschlechter nicht hergestellt; auch wenn mehr als 90 Prozent der Frauen in<br />
der DDR erwerbstätig waren, konnte die Geschlechterhierarchie nicht aufgehoben<br />
werden. Die breite öffentliche, <strong>kritische</strong> Auseinandersetzung mit den von<br />
staatlicher Seite festgelegten Inhalten von Gleichberechtigung brach mit dem<br />
Beitritt zur Bundesrepublik ab und wurde bis heute nicht wieder aufgenommen.<br />
Im Gegenteil. Je deutlicher sich die negativen sozialpolitischen Folgen des Beitritts<br />
abzeichnen, beispielsweise der überproportional hohe Anteil von erwerbslosen<br />
Frauen, desto positiver wird das System der sozialen Absicherung und der<br />
Frauenerwerbspolitik in der DDR beurteilt. Doch dieser tendenziell verklärende<br />
Blick auf die Vergangenheit verhindert die Problematisierung des weiblichen<br />
Lebenszusammenhangs, und zwar sowohl wie er zu DDR-Zeiten determiniert<br />
wurde als auch heute.<br />
Es gilt, eine <strong>kritische</strong> Bestandsaufnahme zu ziehen, bei der patriarchale Strukturen<br />
herausgearbeitet werden. Allgemein ist darunter das »Gesamtsystem der<br />
ökonomischen, sozialen, politischen, rechtlichen, kulturellen, sexuellen und<br />
ethnischen Beziehungen zwischen den Geschlechtern (zu) verstehen, die von<br />
männlicher Macht und Herrschaft geprägt sind« (Maier 1990, 22). Sie beinhalten<br />
die Minderwertigkeit von Frauen und weisen ihnen als dem zweiten Geschlecht<br />
eine materiell und ideell benachteiligte, untergeordnete Position in der Gesellschaft<br />
zu. Da ich die Trennung und unterschiedliche Wertigkeit von gesellschaftlicher<br />
Produktion und privater Reproduktion, verbunden mit einer geschlechtsspezifischen<br />
Arbeitsteilung als wesentliche Grundlage der Diskriminierung von<br />
Frauen erachte, verfolge ich drei zentrale Fragestellungen: 1. Konnte die hohe<br />
Integration von Frauen in die Erwerbstätigkeit das weibliche Geschlecht als<br />
soziale Kategorie aufheben? 2. Wurde eine Gleichwertigkeit der Geschlechter<br />
erreicht? 3. Existieren geschlechtsspezifische Rollenzuweisungen und welche<br />
Konsequenzen sind damit verbunden? Unter diesem Blickwinkel werde ich die<br />
Frauenpolitik der DDR, wie sie in den letzten 20 Jahren gestaltet wurde, auf<br />
strukturelle Diskriminierungsmechanismen im Erwerbsbereich analysieren.<br />
Die Integration der Frauen in den Erwerbsbereich wurde durch rechtliche<br />
Grundlagen gefördert. Doch bereits auf der gesetzlichen Ebene war die strukturelle<br />
Diskriminierung von Frauen verankert. Als Beleg <strong>für</strong> diese These kann das<br />
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DAS ARGUMENT 19811993 ©