Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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226 Paul M. SweezylHarry Magdoff<br />
Das ist genau das, was nach 1929 passierte. Der Zusammenbruch dauerte volle<br />
zehn Jahre, was in der Geschichte des Kapitalismus etwas vollkommen neues<br />
war. Gegen Ende 1933 begann ein zyklischer Aufschwung, der ein paar Jahre<br />
andauerte, hauptsächlich stimuliert durch die Regierungspolitik. Eine Zeitlang<br />
sah es so aus, als würden sich die Dinge wieder »normalisieren«. Doch diese Illusion<br />
löste sich bald in Luft auf. Zur gleichen Zeit wie sich die Wirtschaft mehr<br />
und mehr erholte, schwollen die Mittel an, die nach Investitionsmöglichkeiten<br />
suchten. Doch es gab keine entsprechende Nachfrage, und im Sommer 1937 trat<br />
ein Rückschlag ein. Die Arbeitslosigkeit, die von 25 auf 15 Prozent aller<br />
Beschäftigten gefallen war, schnellte im darauffolgenden Jahr wieder hinauf auf<br />
19 Prozent. Dieses Jahrzehnt schien dazu bestimmt, so zu enden wie es begonnen<br />
hatte: fest verankert in der ökonomischen Flaute.<br />
Der Zweite Weltkrieg änderte dies alles und kündigte einen neuen und deutlich<br />
davon abgehobenen Zeitabschnitt an, der fast ein halbes Jahrhundert andauerte.<br />
Wir wollen in aller gebotenen Kürze versuchen, diesen Abschnitt unter denselben<br />
Prämissen zu charakterisieren, mit denen wir die vorangegangenen eineinhalb<br />
Jahrhunderte analysiert haben; d.h. unter dem Gesichtspunkt des Angebots<br />
an und der Nachfrage nach Kapital, den Kernelementen im Akkumulationsprozeß,<br />
die <strong>für</strong> das Funktionieren des kapitalistischen Wirtschaftssystems in etwa<br />
die gleiche Rolle spielen wie das Herz-Kreislauf-System <strong>für</strong> einen lebenden<br />
Organismus.<br />
Die entscheidenden Elemente im Übergang vom Früh- zum Spätkapitalismus<br />
sind, wie wir gesehen haben, eine stockende Nachfrage nach und ein anschwellendes<br />
Angebot an Kapital - ein Widerspruch, der seine Auflösung in der Stagnation<br />
findet. Aber Stagnation war nicht der vorherrschende Zustand der Jahre<br />
zwischen 1940 und 1990. Warum? Was wurde aus dem Angebot an und der Nachfrage<br />
nach Kapital, wie entwickelte sich der Akkumulationsprozeß während<br />
dieser Periode?<br />
An dieser Stelle bedarf es einer einleitenden Klarstellung. Jeder weiß, daß die<br />
Staatsausgaben vor 1930 eine <strong>für</strong> das Funktionieren der US-Wirtschaft sehr<br />
unbedeutende Rolle spielten. Das traf <strong>für</strong> die Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs<br />
und des Ersten Weltkriegs selbstverständlich nicht zu. Doch in bei den Fällen<br />
kehrte die wirtschaftliche Lage bald wieder zu dem zurück, was damals nach<br />
den <strong>Krieg</strong>en die Norm war. Dies geschah jedoch nicht nach dem Zweiten Weltkrieg.<br />
Die Kürzung der Militärausgaben unmittelbar nach dem <strong>Krieg</strong> war zwar<br />
einschneidend, aber nicht von Dauer. Mit dem Koreakrieg im Jahre 1950 begann<br />
eine erneute Aufrüstung, die öfter nach oben als nach unten zeigte und bis Ende<br />
der achtziger Jahre andauerte. In den Kategorien von Angebot an und Nachfrage<br />
nach Kapital bedeutet dies, daß das, was <strong>für</strong> die Rüstung ausgegeben wird, den<br />
gleichen ökonomischen Effekt hat wie die Konsumtion; d.h. Rüstungsausgaben<br />
entziehen dem Zirkulationsprozeß Güter und Dienstleistungen. Analytisch<br />
betrachtet müssen sie daher zur Konsumtion addiert und von dem subtrahiert<br />
werden, was anderenfalls einen Teil der Mittel an verfügbarem Investitionskapital<br />
bilden könnte. Unter dem Strich neigen Militärausgaben also dazu, das<br />
Angebot an Kapital zu verringern und, wie alle anderen Konsumformen, einen<br />
Bedarf an produktiver Kapazität zu erzeugen (in diesem Falle den Aufbau einer<br />
DAS ARGUMENT 198/1 993 ©