Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Internationale Regulation 211<br />
Als Folge des Zusammenbruchs der internationalen Regulierung geriet der<br />
Geld-, Kredit- und Devisenverkehr immer stärker in die Verfügung privater Banken<br />
und Finanzspekulanten und wird nun mehr und mehr durch deren kurzfristige<br />
Profitinteressen bestimmt: »Casino-Kapitalismus« (Strange 1986). Ihnen<br />
gegenüber versagte der IWF als Regulationsinstanz vollkommen. »Der Dollar ist<br />
nicht mehr reguliertes Weltgeld, also Medium zu Steuerung des Weltmarkts<br />
durch politische Instanzen, sondern Vehikel der Durchsetzung privater Interessen<br />
auf internationalen Finanzmärkten.« (Altvater 1987, 233f.) Festzuhalten<br />
bleibt, daß der Prozeß der »Deregulierung« des internationalen Geld- und<br />
Kreditsystems eine Folge der zunehmenden Globalisierung des Kapitalverhältnisses<br />
und der damit verbundenen Krise des fordistischen Regulationsmodus und<br />
erst in zweiter Linie das Produkt bewußter - »neoliberaler« - politischer Strategien<br />
war. Die Durchsetzung neo liberaler Politiken ist eher als Reaktion auf die<br />
globale Krise und die damit verbundenen Umstrukturierungsprozesse und weniger<br />
als deren Ursache zu werten.<br />
Die Krise des Fordismus in den Zentren und der damit verbundene Zusammenbruch<br />
des internationalen ökonomischen Regulationssystems verschärften<br />
nun ihrerseits das ökonomische Desaster vieler derjenigen peripheren - vor<br />
allem lateinamerikanischer - Länder, die eine importsubstituierende »fordistisehe«<br />
Industrialisierungsstrategie verfolgt hatten. Der Mißerfolg dieses Entwicklungskonzepts<br />
hat allerdings auch schwerwiegende interne Gründe. Der<br />
Versuch, Elemente des fordistischen Akkumulationsmodells (Produktionstechnologien,<br />
Konsumstandards) zu importieren und damit nach dem Modell eines<br />
»peripheren Fordismus« den Entwicklungsweg der Metropolen zu kopieren,<br />
scheiterte oft an den herrschenden sozio-ökonomischen Strukturen und Kräfteverhältnissen.<br />
Unter dem Schutz hoher Zollmauern und überbewerteter Währungen<br />
entstanden oligopolistische Industriestrukturen mit geringer Produktivität,<br />
die technologisch weitgehend von den kapitalistischen Zentren und multinationalen<br />
Unternehmen abhängig blieben (Hurtienne 1987, 128ff.; Fröbel u.a.<br />
1987, 93ff.). Die notwendigen Produktivitätsfortschritte wurden nicht nur durch<br />
die protektionistisch abgesicherten Oligopolmärkte, sondern auch durch die fehlende<br />
soziale Regulierung der Arbeitskraft und ineffiziente Ausbildungssysteme<br />
behindert (Lipietz 1987, 60ff.). Vor allem ließ in vielen Ländern das Ausbleiben<br />
wirksamer Landreformen nicht nur die Produktivität des Agrarsektors stagnieren,<br />
sondern verhinderte auch das Ansteigen der Massenkaufkraft, das eine Vorbedingung<br />
der Entfaltung fordistischer Strukturen gewesen wäre. Das fordistisehe<br />
»Massen«-Konsummodell blieb daher bei einer gleichzeitig wachsenden<br />
sozialen Polarisierung auf eine kleine städtische Mittelschicht beschränkt. Eine<br />
Koalition aus interner Industriebourgeoisie, multinationalen Unternehmen,<br />
Staatsbürokratie, Großgrundbesitzern und städtischer Mittelschicht blockierte<br />
auf diese Weise in vielen Fällen die ökonomische Entwicklung und ließ das<br />
importsubstituierende Industrialisierungsmodell schließlich scheitern (Lipietz<br />
1987, 60ff.; Hein/Mutter 1987, 118ff.; Hurtienne 1987, 128ff.; Fröbel u.a. 1987,<br />
93; Ominami 1986). Daß es zu einem wesentlichen Grad diese internen Machtund<br />
Kräfteverhältnisse waren, die zur Krise des peripheren Fordismus insbesondere<br />
in Lateinamerika führten, zeigt nicht zuletzt die Entwicklung der sehr viel<br />
DAS ARGUMENT 19811993 ©