Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Internationale Regulation 209<br />
»Flexibilisierung« der Arbeitsverhältnisse, eine umfassende Industrialisierung<br />
des Dienstleistungssektors und die Entwicklung neuer Biotechnologien mit entscheidenden<br />
Folgen <strong>für</strong> die agrarische Produktion. Auf der Basis der neuen<br />
Technologien und der darauf gestützten Internationalisierung des Kapitals wurde<br />
eine weitgehende räumliche Zerlegung der Produktion möglich. Im Zuge der<br />
Strategie eines »worldwide sourcing« kam es zu einer Verlagerung insbesondere<br />
arbeitsintensiver oder umweltgefahrlicher Produktionen in solche peripheren<br />
Länder, die über entsprechende Voraussetzungen (billige und relativ qualifizierte<br />
Arbeitskraft, ausreichende Infrastruktur und politische »Stabilität«) verfügten.<br />
Diktatorische Regime erwiesen sich in dieser Hinsicht als besonders günstig<br />
(Fröbel u.a. 1987, 95f.). Die Durchsetzung der neuen Technologien erhöhte die<br />
Kapitalintensität und bedeutete damit zugleich den Zwang zur massiven Erweiterung<br />
der Märkte (Ohmae 1985, 13ff.; 1992, 2 Off.) . Die Spielarten dieser neuen,<br />
die alte internationale Arbeitsteilung quasi überlagernde Form der peripheren<br />
Weltmarktintegration wurden von Lipietz als »bloody taylorism« bzw. »peripherer<br />
Fordismus« bezeichnet (Lipietz 1987, 69ff.). Während der erstere eine extensive<br />
Arbeitskraftausbeutung ohne soziale Regulierung bezeichnet, bezieht sich<br />
der letztere auf die Ansätze zu einer partiellen Übernahme fordistischer<br />
Akkumulations- und Regulationsmodi in einigen »newly industrializing countries«.<br />
Insgesamt ist die sich nun durchsetzende neue internationale »Arbeitsteilung«<br />
durch verstärkte Differenzierungen in der Position einzelner Länder gekennzeichnet<br />
(Beaud 1987, 97ff.; McGrew u.a. 1992, 226ff.) Dabei läßt sich etwas<br />
vergröbernd die Herausbildung von drei ökonomischen Zonen feststellen<br />
(Ohmae 1985, 143ff., Dabat/Toledo 1992, 8ff.): (1) die hochindustrialisierten<br />
Zentren, die technologisch führend, aber durch eine tendenzielle Überakkumulation<br />
sowie sich erschöpfende Reserven an Naturressourcen und billiger<br />
Arbeitskraft gekennzeichnet sind und damit zu einer neuen Form des Zugriffs<br />
auf die Peripherie gezwungen werden. Durch die Einführung neuer Produktionstechnologien<br />
werden sie gleichzeitig von einer Reihe von Rohstoffen unabhängiger,<br />
was zu Lasten traditioneller peripherer Rohstoffproduzenten geht;<br />
(2) die semiindustrialisierte Peripherie, die sich durch Arbeitskräfteüberschuß<br />
und zugleich eine relativ gut ausgebaute Infrastruktur auszeichnet und damit -<br />
unter der Voraussetzung ihrer Weltmarktöffnung - zu einer wichtigen Kapitalanlagesphäre<br />
wird und schließlich (3) die agrarische Peripherie ohne eigene Entwicklungsdynamik.<br />
Tendenziell immer mehr verelendend, sinkt diese zum<br />
Objekt humanitärer Hilfs- oder polizeilicher Interventionsmaßnahmen herab.<br />
Der Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums hat neue Bewegung in diesen<br />
Ausdifferenzierungsprozeß gebracht. Die die Form von ethnischen und nationalen<br />
Konflikten annehmenden Auseinandersetzungen und <strong>Krieg</strong>e Z.B. auf dem<br />
Balkan und in Osteuropa sind auch als Kämpfe um die Positionierung innerhalb<br />
des neu sich herausbildenden Systems der »internationalen Arbeitsteilung«,<br />
genau genommen um Grade und Formen der Periphcrisicrung, zu verstehen.<br />
Die auf die Krise des Fordismus und den Zusammenbruch der Sowjetunion<br />
folgende Neustrukturierung des Weltkapitalismus hat die internationalen Wanderungs-<br />
und Fluchtbewegungen und deren »Regulierung« zu einem wichtigen<br />
DAS ARGUMENT 19811993 ©