Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Internationale Regulation 205<br />
Widersprüche bewirken, daß internationale regulative »Regime« bisher nur dann<br />
auflängere Dauer stabilisiert werden konnten, wenn sie von einer hegemonialen<br />
Macht garantiert wurden, wie etwa von Großbritannien bis zum Anfang dieses<br />
Jahrhunderts oder von den USA in der Phase des Fordismus. Internationale<br />
Hegemonie gründet darauf, daß dominante nationale Formationen nicht nur ihr<br />
Wachstumsmodell als bestimmend durchsetzen und damit den internationalen<br />
Regulationszusammenhang prägen, sondern auch bereit und in der Lage sind,<br />
diesen mit ihren Ressourcen und Möglichkeiten zu stützen, was gegebenenfalls<br />
heißt, auf kurzfristige Vorteile zugunsten der längerfristigen Stabilität der von<br />
ihnen dominierten Weltmarktbeziehungen zu verzichten. Die Anwendung militärischer<br />
und ökonomischer Macht reicht nicht aus, um die Bestandsfahigkeit<br />
eines internationalen Akkumulations- und Regulationsmodus zu gewährleisten.<br />
Diese bleibt grundsätzlich an die <strong>Institut</strong>ionalisierung von Kompromißstrukturen<br />
gebunden, die auch abhängigen und untergeordneten Ländern eine<br />
Wachstums- und Entwicklungschance einräumen (Mistral 1986, 180). Daß auch<br />
dies keine willkürliche Option ist, sondern politischen Zwängen geschuldet sein<br />
kann, wird am Beispiel der US-Hegemonie in diesem Jahrhundert deutlich.<br />
Diese beruhte ganz wesentlich auf dem Konflikt mit der Sowjetunion, der nach<br />
1945 Europa und Japan unter den »Schutz« der USA zwang und gleichzeitig die<br />
Vereinigten Staaten zu einer auf die ökonomische Entwicklung ihres Einflußgebiets<br />
gerichteten Politik veranlaßt hat (Rabies 1992, 239).<br />
Der Niedergang der US-Hegemonie seit den siebziger Jahren resultiert gerade<br />
aus den strukturellen Dynamiken des von den Vereinigten Staaten dominierten<br />
und gestützten Systems internationaler Regulation, nicht zuletzt auf der Tatsache,<br />
daß die darin eingebundenen europäischen Staaten und Japan mit je eigenen<br />
Regulations- und Wachstumsmodellen in der Nachkriegszeit ökonomisch<br />
schnell aufholen und schließlich die Dominanz der westlichen Vormacht ernsthaft<br />
in Frage stellen konnten. Daß das Ende der US-Hegemonie mit dem Untergang<br />
der Sowjetunion endgültig besiegelt zu sein scheint, ist daher nur scheinbar<br />
paradox. In je spezifischer Weise sind sowohl die USA als auch die Sowjetunion<br />
der Krise des Fordismus zum Opfer gefallen. Welche Chancen zur Wiedererrichtung<br />
eines stabilen internationalen Regulationszusammenhangs in einem multipolaren,<br />
die Form einer »Triade« (vgl. Ohmae 1985) annehmenden globalen<br />
Kapitalismus bestehen, ist höchst ungewiß. Der <strong>kritische</strong> Punkt dabei ist die<br />
Regulierung des internationalen Geldverkehrs, die bei Abwesenheit sowohl<br />
eines »Weltstaats« als auch einer global beherrschenden Garantiernacht als kaum<br />
realisierbar erscheint (DabatiToledo 1992, 20ff.; vgl.auch Lipietz 1987, 27).<br />
Voraussetzung da<strong>für</strong> wäre eine Stärkung des internationalen <strong>Institut</strong>ionengefüges,<br />
die aber an die Bereitschaft der dominanten Metropolen gebunden ist, sie -<br />
quasi in Gestalt einer »kooperativen Hegemonie« - längerfristig zu garantieren.<br />
Dies allerdings steht in deutlichem Gegensatz zu der unter dem Druck einer sich<br />
verschärfenden inlernationalen Konkurrenz sich abzeichnenden Tendenz zur tripolaren<br />
Regionalisierung des globalen Kapitalismus (vgl. Altvater IHübner 1989,<br />
Amin 1992, Garten 1992).<br />
Eine Aussage über die sich tatsächlich durchsetzenden Entwicklungstendenzen<br />
hängt stark davon ab, wie die Auswirkungen des kapitalistischen Globalisierungs-<br />
DAS ARGUMENT 198/1993 ©