Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Internationale Regulation 197<br />
Kapitalismus strukturbestimmenden sozialen Formen und Gesetzmäßigkeiten -<br />
Wertform, Akkumulationsimperativ, Markt- und Preismechanismus - sich konkret<br />
auswirken, hängt von den sozio-kulturellen Rahmenbedingungen und der<br />
Art und Weise der (institutionalisierten) Klassenbeziehungen ab, in die sie »eingebettet«<br />
sind. Die Entwicklung einer konkreten Regulationsweise ist definitiv<br />
nicht aus den strukturellen Bedingungen des Kapitalverwertungsprozesses<br />
»ableitbar«, sondern wird wesentlich von sozialen Bewegungen, Kämpfen und<br />
Konflikten und den dabei durchgesetzten sozialen Formen, Kompromißstrukturen<br />
und Wertvorstellungen bestimmt. Die Stabilität einer historischen Formation<br />
des Kapitalismus setzt zwar die Herausbildung eines sich entsprechenden und<br />
sich wechselseitig stabilisierenden Akkumulations- und Regulationsmodus voraus,<br />
aber beide stehen nicht in einem funktionalen Bedingungs-, sondern in<br />
einemArtikulationsverhältnis. D.h. ihre Entstehung ist das Resultat zwar miteinander<br />
verbundener, aber nicht aufeinander reduzierbarer Prozesse, in denen sich<br />
ökonomische Strukturbedingungen und Dynamiken mit den Strategien und<br />
Handlungsorientierungen sozialer Akteure verbinden. Es gibt demzufolge weder<br />
eine allgemeine »Logik« der kapitalistischen Entwicklung noch ist die Totalität<br />
der kapitalistischen Gesellschaft als Entfaltung einer einfachen »Kernstruktur«<br />
zu begreifen. Die Herausbildung relativ stabiler kapitalistischer Formationen ist<br />
vielmehr eher eine Art historischer »Fundsache« (Lipietz). Dies bedeutet allerdings<br />
nicht, daß Geschichte zufallsbestimmt wäre. Solange das kapitalistische<br />
Vergesellschaftungsverhältnis besteht, bleiben strukturelle Gesetzmäßigkeiten<br />
wirksam und unterliegen soziale Handlungsmuster den <strong>für</strong> diese charakteristischen<br />
Formbestimmungen: Geld- und Warenförmigkeit sozialer Beziehungen,<br />
Lohnverhältnis, besitzindividualistische Konkurrenz, Trennung von "Politik«<br />
und »Ökonomie«, von »Staat« und »Gesellschaft«.<br />
Die Regulationstheorie fragt also nach den Bedingungen der relativen Stabilität<br />
eines Vergesellschaftungszusammenhangs, der sich aus strukturellen Gründen<br />
in einem permanenten Umwälzungsprozeß befindet und daher prinzipiell<br />
krisenhaft und unsicher ist. Akkumulationsregimes und Regulationsweisen enthaltenjeweils<br />
spezifische, nicht notwendig korrespondierende und nicht in funktionaler<br />
Beziehung stehende Dynamiken, was bedeutet, daß kapitalistische<br />
Gesellschaften nur bedingt und nur auf begrenzte Zeit stabil sein können. »Säkulare«<br />
Krisen historischer kapitalistischer Formationen sind grundsätzlich als<br />
Brüche im Verhältnis von Akkumulations- und Regulationsweise zu begreifen,<br />
die dazu führen, daß die Kapitalverwertung unter den gegebenen ökonomischen,<br />
technischen und politisch-sozialen Verhältnissen nicht mehr möglich ist. Die<br />
Lösung solcher großen Krisen besteht in der grundlegenden, durch politischsoziale<br />
Kämpfe vorangetriebenen Reorganisation von Akkumulations- und Regulationsweise.<br />
Dies bedeutet, daß weder vom ewigen Fortbestand des Kapitalismus<br />
noch von seinem sicheren Zusammenbruch ausgegangen werden darf. Auf<br />
Grund der jeweils gegebenen Akkumulations- und Regulationsbedingungen hat<br />
jede historische kapitalistische Formation ihre besondere Form der Krise.<br />
Das Konzept der Regulation steht in Verbindung mit einem sehr stark von<br />
Gramsci, Althusser und den Historikern der »Annales«-Schule beeinflußten Verständnis<br />
der Marxschen <strong>Theorie</strong>: Es gibt weder eine sich linear durchsetzende<br />
DAS ARGC\1ENT 198' 1993 :g