Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
ltege und Fallen beim Aufbau des Kapitalismus in Polen 179<br />
(Jak6bik 1992, 23). Der schwache Absatz war kaum eine Ermunterung <strong>für</strong> das<br />
Auslandskapital. Diese erste Schwierigkeit wurde durch das Programm der tatsächlichen<br />
Privatisierung zu lösen versucht (erinnert sei an die Noucher- Privatisierung«<br />
in der Tschechoslowakei2). Aber bis heute blieb sie in der Projektierungsphase.<br />
Sichere Effekte brachte dagegen die Privatisierung in Form von<br />
Produktionsleasing, die bisher 271 Betriebe erfaßte.<br />
Obwohl sich in den Jahren 1990 bis 1992 die Zahl der privatisierten Betriebe<br />
verdoppelte (auf 1523 Tausend), wurden auch im weiteren Verlauf kaum<br />
Betriebe mit mehr als fünf Beschäftigten gebildet. Ein positives Merkmal war<br />
die »Legalisierung« eines bedeutenden Teils des »Schwarzmarktes«. Aber an der<br />
Trennwand zwischen öffentlichem und privatem Eigentum entstand eine vielfältige<br />
Wirtschaftskriminalität und Korruption.<br />
Wie aus alledem ersichtlich ist, hat die »Schocktherapie« innerhalb des Landes<br />
im Bereich der wirtschaftlichen Bedingungen nicht zu den wichtigsten erwarteten<br />
Resultaten geführt, d.h. nicht zu einer bedeutenden Beschleunigung der<br />
Privatisierung. Sie erbrachte dagegen andere Konsequenzen. Die am tiefsten<br />
gehenden Veränderungen der wirtschaftlichen Lage Polens waren Resultat des<br />
Eintritts Polens in den Weltmarkt. Der Ausgangspunkt <strong>für</strong> die Hoffnung der<br />
Polen waren die Metropolen des Systems. Die Warnungen unzähliger Untersuchungen<br />
wurden überhört, die im Tenor in der Aussage übereinstimmten:<br />
»wenn unser Land sich mit dem Marktsystem verbindet, wird es die Position Portugals<br />
oder Mexikos, keinesfalls aber Kanadas oder Deutschlands einnehmen«<br />
(Pajstka 1991, 112).<br />
Das Resultat des polnischen Beitritts zum kapitalistischen Weltsystem wurde<br />
schon nach einigen Monaten sichtbar, nämlich in der Verringerung der Nachfrage<br />
nach einheimischen Produkten. In allen Fällen, in denen polnische Waren<br />
durch Importwaren ersetzt werden konnten, wurde dies zum Verhängnis <strong>für</strong> die<br />
polnischen Betriebe. Häufig resultierte das aus dem niedrigen Preis und der<br />
hohen Qualität sowie aus einem »Demonstrationseffekt«. Die Verbraucher, denen<br />
man 50 Jahre lang die breiten Kontakte mit »westlichen« Waren genommen hatte,<br />
kauften sie »demonstrativ«, zunächst einfach der Möglichkeit wegen, sie zu<br />
erhalten, aber auch wegen der attraktiven Verpackung, der Werbung usw. Ein<br />
großer Teil der polnischen Wirtschaft war auf Grund der technologischen, organisatorischen<br />
und finanziellen Bedingungen nicht in der Lage, den Importwaren<br />
eine wirksame Konkurrenz entgegenzusetzen. Der te ure Kredit (hoch gehalten<br />
aus Angst vor der Rückkehr der Inflation), daß die polnische Wirtschaft ihre<br />
ohnehin niedrige Innovationsneigung radikal verringerte sowie die Fähigkeit zur<br />
elastischen Reaktion auf Marktveränderungen fast vollends einbüßte, wodurch<br />
sich ihre Konkurrenzbedingungen auf dem Weltmarkt weiter verschlechterten.<br />
Wegen der Unfähigkeit zu Anpassung und Modernisierung hat die Konkurrenz<br />
importierter Waren keine Anpassungsreaktionen seitens der einheimischen Produzenten<br />
hervorgebracht und bestenfalls die Importzölle erhöht.<br />
Folgen des Produktionsniedergangs, der bis zum Frühjahr 1992 andauerte,<br />
sind die Zahlungsunfähigkeit eines bedeutenden Teils der Betriebe, sowohl der<br />
staatlichen als auch der privaten, sowie die Verringerung der Haushaltseinnahmen,<br />
woraus die Kürzung der Budgetausgaben folgte, insbesondere der<br />
DAS ARGUMENT 19811993 ©