Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Ökonomie 327<br />
staatlich garantierte Existenzsicherung als weiterer Vorschlag beinhaltet das Recht<br />
auf Einkommen auch ohne Verrichtung von Lohnarbeit (152). Hierin liegt u.a. die<br />
Gefahr, daß das garantierte Mindesteinkommen zum staatlichen Hausfrauenlohn<br />
wird. Der Vorzug wird letztendlich all jenen Maßnahmen gegeben, die darauf abzielen,<br />
die Erwerbstätigkeit den Lebensbedürfnissen anzupassen. Als neue Idee<br />
wird eine garantierte Existenzsicherung <strong>für</strong> Kinder vorgeschlagen. Der Rechtfertigung<br />
<strong>für</strong> die Ernährerlöhne der Männer würde damit der Boden entzogen (159).<br />
Natürlich, so Blattmann/Meier abschließend, ist die Erwerbstätigkeit noch lange<br />
nicht die Emanzipation. Nur: ohne Überwindung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung<br />
zu Hause und in den Betrieben und ohne das eigene Geld kommt frau mit<br />
der Emanzipation nicht sehr weit. Jutta Finken (Ritterhude)<br />
Werlhof, Claudia von: Was haben die Hühner mit dem Dollar zu tun? Frauen<br />
und Ökonomie. Frauenoffensive, München 1991 (213 S., br., 28,50 DM)<br />
Der Band versammelt Texte, die Werlhof zwischen 1977 und 1985 erarbeitete und<br />
in verschiedenen Zeitschriften und Sammelbänden veröffentlichte. Im Vorwort wird<br />
in den Aufbau eingeführt: Zunächst gehe es darum, die Mängel in der großen <strong>Theorie</strong><br />
zu diskutieren, d.h. herauszustellen, daß der »systematische Zusammenhang«<br />
zwischen Kapital, Staat und Patriarchat in derzeitigen Wirtschafts- und Gesellschaftstheorien<br />
immer noch nicht angemessen reflektiert wird (vgl. 7). Im zweiten<br />
Teil werden »die tabuisierten Grundlagen« der Ökonomie benannt: Die Arbeit von<br />
Frauen weltweit und von Bauern in der »3. Welt« als direkt naturabhängige Produzenten<br />
(40ff.). Es folgt die Warnung vor »falschen Alternativen«; so wird z.B. die<br />
Glorifizierung des »informellen Sektors« infolge der Abkehr von der »Arbeitsgesellschaft«<br />
berechtigterweise deshalb kritisiert, weil auf den Zusammenhang von Lohnarbeit<br />
und anderen Formen von Arbeit nicht eingegangen wird. Im vierten und letzten<br />
Teil wird der Ausstieg aus der herrschenden Ökonomie durch Subsistenzproduktion<br />
empfohlen.<br />
Werlhofs Grundthese lautet: Es gibt nichts außerhalb des Kapitalismus. Ebenso<br />
wie die gemischten Ökonomien in der »3. Welt« stellten auch die sozialistischen Länder<br />
nur spezifische Produktionsverhältnisse in der globalen Produktionsweise des<br />
Kapitalismus dar. Das Kapital braucht unbezahlte Frauenarbeit und Bauernarbeit als<br />
Bereiche, in denen es fortgesetzt ursprünglich akkumulieren kann. Der Staat ist<br />
Handllinger des Kapitals. Er errichtet die geschlechtliche Arbeitsteilung und besticht<br />
die Männer mit der Verfügung über Frauen. So führt er die Strategie des Teileund-Herrsche<br />
ein. Ermüdend ist, dieses Theorem auf gleich abstrakte Weise in fast<br />
allen Texten lesen zu müssen. Was Anfang der achtziger Jahre provozierende Thesen<br />
und ermutigende Quergedanken waren, ruft Anfang der neunziger Jahre Unzufriedenheit<br />
hervor. Denn angesichts des Zusammenbruchs der sozialistischen Länder<br />
und der Transformation der sozialistischen in marktwirtschaftliche Ökonomien steIlen<br />
sich viele Fragen neu. Lassen sich die Prozesse in den GUS-Staaten und in der<br />
ehemaligen DDR, die massenhafte Vertreibung der Frauen aus der Lohnarbeit, mit<br />
einem Begriff wie »Hausfrauisierung« fassen? Müssen sich die Menschen dort auf<br />
Dauer von dem Gedanken verabschieden, daß der Großteil der zur Bedürfnisbefriedigung<br />
erforderlichen Güter über offizielle Märkte zu haben ist? Wird Subsistenzproduktion<br />
zum Überlebenszwang <strong>für</strong> viele? Und wo liegt darin tatsächlich eine<br />
Chance <strong>für</strong> eine sozial und ökologisch vertretbare ökonomische Alternative? Welche<br />
Folgen hat dies <strong>für</strong> die kapitalistischen Länder? - Mit empirischen Untersuchungen<br />
zu solchen Fragen könnte der Ansatz weitergetrieben werden; wenn Werlhof es nicht<br />
tut, sollten es andere tun. Sünne Andresen (Berlin)<br />
DAS ARGUMENT 19811993 ©