Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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326 Besprechungen<br />
Im Kanton Zürich, so schätzen Blattmann/Meier, leisten die Männer nur halb<br />
soviel gesellschaftlich notwendige Arbeit wie die Frauen, erzielen da<strong>für</strong> fast doppelt<br />
soviel Einkommen und besitzen anderthalbmal soviel Vermögen. Diese ungerechte<br />
Verteilung von Arbeit und Einkünften ist ein Spiegelbild der gesellschaftlichen<br />
Machtverhältnisse. In patriarchalen Gesellschaften waren und sind die Macht- und<br />
Kulturträger Männer, was entscheidende Auswirkungen auf die Verteilung der<br />
Arbeit zwischen den Geschlechtern hat (vgl. Kap.!). Veränderungen in der Erwerbsarbeit<br />
sind notwendige Voraussetzung <strong>für</strong> die Gleichstellung der Geschlechter.<br />
Frauen müssen jedoch noch zusätzlich die Rollenverteilung im Privaten verändern<br />
(19). Historisch gesehen hat die Vereinbarkeit von Familie und Berufsarbeit immer<br />
eine wichige Rolle gespielt. Frauen waren bis zur Industrialisierung fast ausschließlich<br />
in hausnahen, familiären Erwerbsbereichen tätig (25). Die Industrialisierung<br />
brach dann aber die alten Gesellschaftsnormen auf. Zur Fabrikarbeit wurden auch<br />
Frauen und Kinder herangezogen. Mit der Einführung der Schutzvorschriften <strong>für</strong><br />
Frauen (1877) wurden immer mehr attraktive berufliche Tätigkeiten mit dem Argument<br />
der seelischen Unzumutbarkeit von Frauen ferngehalten. Die Schutzvorschriften<br />
wurden zum Schutzwall der Männerberufe vor den Frauen (51). Die Idee der Kollektivierung<br />
der Hausarbeit, entwickelt von kämpferischen feministischen Strömungen,<br />
wurde von den Sozialdemokraten nicht weiter verfolgt. Statt dessen forderten<br />
sie zur angeblichen Entlastung der Frau den Ernährerlohn <strong>für</strong> die Männer und in der<br />
Folge die Erwerbsaufgabe der Frauen (52). Unverheiratete Frauen arbeiteten meist<br />
zu Löhnen, die kaum sie selbst ernährten und fast keine Altersversorgung zuließen<br />
(vgl. Kap.3). Auch in den siebziger, achtziger und neunziger Jahren ist die geschlechtsspezifische<br />
Arbeitsteilung intakt geblieben und damit auch die privilegierte<br />
Rolle der Männer auf dem Arbeitsmarkt. Die Frauenerwerbszahlen hängen von der<br />
Wirtschaftskonjunktur des Landes ab (vgJ. Kap.4).<br />
Die eidgenössische Frauenkommission stellte 1976 fest, daß erwerbstätige Frauen,<br />
insbesondere Familienfrauen, Alleinerziehende und Wiedereinsteigerinnen von<br />
einer Wirtschaftskrise direkt stärker betroffen sind als Männer; vor allem durch den<br />
Verlust von Teilzeitstellen und Heimarbeit (74). Das arbeitsmarktpolitische Ziel des<br />
Bundesrates der Schweiz in den siebziger Jahren, die Vollbeschäftigung, wurde nicht<br />
verstanden als ausreichende Beschäftigung <strong>für</strong> alle, sondern als volle Beschäftigung<br />
der Schweizer Männer (75). Seit 1981, zehn Jahre nach dem Stimm- und Wahlrecht<br />
der Frauen, sind nicht nur die Schweizer vor dem Gesetz gleich, sondern auch die<br />
Schweizerinnen. Es konnten plötzlich in einer Zeit des Wirtschaftsaufschwungs<br />
Rahmenbedingungen geschaffen werden, die zu einer höheren Erwerbsbeteiligung<br />
der Frauen führten. Nur sind diese Rahmenbedingungen kritisch zu betrachten: Sie<br />
zielen darauf, die Arbeitskraft der Frauen möglichst elastisch zu halten (99). 1991<br />
waren immerhin über die Hälfte aller Frauen teilzeitlich erwerbstätig (103). Weitere<br />
Ergebnisse der neunziger Jahre zeigen, daß die Schweiz von egalitären Positionen<br />
auf dem Arbeitsmarkt noch weit entfernt ist. Männer sind immer noch in der alten<br />
Ernährerrolle gefangen und die meisten Frauen versuchen immer noch, Hausarbeit,<br />
Betreuungsaufgaben und Berufstätigkeit zu vereinbaren.<br />
Zur Aufhebung der Benachteiligung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt stellen<br />
Blattmann/Meier drei Strategien vor, die alle den Arbeitsmarkt zugunsten von<br />
Frauen beeinflussen (Kap.6). Die Forderung nach der Verkürzung der Erwerbsarbeitszeit<br />
ist ihr wichtigstes Anliegen; allerdings soll sich diese Verkürzung auf die<br />
Wochenerwerbsarbeitszeit beziehen. So soll ein Nebeneinander von Haus- und<br />
Betreuungsarbeit und weiblicher Erwerbsarbeit unter Berücksichtigung der Überwindung<br />
der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung ermöglicht werden (142). Die<br />
nA' ARGlJMENT 19811993 ©