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Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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318 Besprechungen<br />

geschlechtshierarchischen Arbeitsteilung in der Familie anzusehen. Überhaupt fehle<br />

ein Analysemodell, mit dem der Zusammenhang von patriarchaler und kapitalistischer<br />

Herrschaft erfaßt werden könnte. Ein solches Modell müsse »die strukturelle<br />

und subjektive Seite von Arbeits- und Technikgestaltung im Geschlechterverhältnis<br />

und im Verwertungszusammenhang sowie die Vermittlungsmechanismen theoretisch<br />

zu erfassen« (40f.) erlauben. Aulenbacher führt hierzu den Begriff »Produktivkraft<br />

Subjektivität« ein: Subjektivität »ist geschlechtlich (die biologische Seite: Körper,<br />

Generativität) und geschlechtsspezifisch (die soziale Seite) und wird als solche<br />

vergesellschaftet zur Produktivkraft« (47). Im weiteren werden Ergebnisse industriesoziologischer<br />

empirischer Untersuchungen zum geschlechts spezifischen<br />

Arbeitskrafteinsatz zusammengefaßt. Die Charakteristika industrieller Frauenarbeit<br />

(un- und angelernt, monoton, immobil usw.) werden zurückgeführt auf die frauenspezifische<br />

Erwerbsperspektive, darauf daß Arbeiterinnen auf Grund von Kinderund<br />

Hausarbeit die Beschäftigung zeitweise unterbrechen. Antworten auf die Fragen,<br />

wie die Arbeiterinnen selbst mit der »Widersprüchlichkeit von Teilhabe und<br />

Ausschluß aus der vergesellschafteten Arbeit« (58) umgehen, welche Konsequenzen<br />

dies <strong>für</strong> ihre Identitätsentwicklung und letztlich <strong>für</strong> Emanzipationsstrategien hat,<br />

sucht Aulenbacher in subjekttheoretischen Ansätzen (Tatschmurat, Heise). Sie<br />

knüpft an Becker-Schmidt u.a. an, die davon ausgehen, daß Frauen infolge »der<br />

widersprüchlichen Situation, in der Lohnarbeit 'gebraucht' und 'verbraucht' zu werden<br />

und in der Hausarbeit Ganzheitlichkeit und Sinnlichkeit zu erfahren bei gleichzeitiger<br />

Isolation und fehlender Anerkennung« (65), emanzipatorische Potentiale<br />

entwickeln, die der kapitalistischen Trennung von Produktion und Reproduktion zuwiderlaufen.<br />

Für die Entfaltung und Realisierung dieses emanzipatorischen Frauenpotentials<br />

seien die kollektiven Veränderungsstrukturen von großer Bedeutung. In<br />

vorhandenen Beteiligungskonzepten zur Gestaltung von Arbeit und Technik wird das<br />

Geschlechterverhältnis in aller Regel ausgegrenzt. Erst in dem inhaltlich und organisatorisch<br />

abgesonderten Bereich der »Frauen«- politik taucht es wieder auf. Aulenbacher<br />

kritisiert dies, weil so eine Trennung vollzogen wird, »wo - aus der Kapitalperspektive<br />

und im individuellen Handeln - auf Grund geschlechtsspezifischer Vergesellschaftung<br />

von Arbeitskraft eine Einheit gesetzt ist« (73).<br />

Im empirischen Teil werden zwei Richtungen verfolgt: 1. werden die (geschlechtsspezifischen)<br />

Arbeits- und Technikgestaltungen in 16 Betrieben der Bekleidungsund<br />

Maschinenbauindustrie durch Betriebsbegehungen, Fragebögen zu Betriebsdaten,<br />

ExpertInnengespräche mit Geschäftsleitung, Betriebsrätinnen und Ingenieuren<br />

erhoben. 2. wird die Frauenfcirderpolitik der GTB einer <strong>kritische</strong>n Betrachtung<br />

unterzogen. Hierzu wurden Gruppendiskussionen in fünf gewerkschaftlichen<br />

Arbeitskreisen zu Frauenfragen geführt, eine Fragebogenaktion zum Technikeinsatz<br />

in einer Verwaltungsstelle der GTB vorgenommen, Curricula <strong>für</strong> drei Frauenbildungsseminare<br />

entwickelt und erprobt sowie eine beratende Funktion bei der Erstellung<br />

von Frauenfcirderplänen wahrgenommen.<br />

Aulenbacher kommt zu folgenden Ergebnissen: Die Textil- und Bekleidungsunternehmen<br />

haben in ländlichen Gebieten meist ein Beschäftigungsmonopol. Der<br />

Frauenanteil ist hoch, die Entlohnung niedrig (durchschnittlicher Stundenlohn 1982<br />

12,69 DM gegenüber 18,89 DM im verarbeitenden Gewerbe, vgl. 222). In der Regel<br />

wird im Akkord gearbeitet. Durch starke Importkonkurrenz besteht ein hoher Rationalisierungsdruck<br />

und die Angst vor Arbeitsplatzverlust ist weit verbreitet (116).<br />

Aulenbacher beschreibt, wie mit der spezifischen Lebenssituation von Abeiterinnen,<br />

mit deren »doppelt struktureller Schwäche« bei Arbeitsplatzabbau, Technikeinsatz,<br />

Rationalisierung, Bewertung von Qualifizierung, Gratifikation, Gesundheitsrisiken,<br />

DAS ARGUMENT 198/1993 ©

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