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Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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312 Besprechungen<br />

FSLN-Positionen angelehnten Analyserasters, womit der Autor versucht, die historische<br />

Entstehung und Besonderheit des Sandinismus herauszuarbeiten. So bleibt er<br />

bei Gemeinplätzen: »Der Sandinismus erweist sich letztlich weniger als eigenständige<br />

<strong>Theorie</strong>. denn als eine (emanzipatorische) Praxis der Befreiung, die sich aus der<br />

Geschichte Nicaraguas und aus den wirtschaftlichen, politischen, sozialen und militärischen<br />

Bedingungen ergeben hat« (105). Das ideologische Fundament des Sandinismus<br />

sei »die Synthese aus drei gleichberechtigten Komponenten: 1. ein auf das<br />

Volk und die Unabhängigkeit orientierter Nationalismus, 2. das in der Alltagskultur<br />

verwurzelte Christentum und 3. der Marxismus, verbunden mit den revolutionären<br />

Erfahrungen anderer Völker« (8). Auch dieses zweite Raster geht nicht über die offiziösen<br />

FSLN-Veröffentlichungen hinaus. Und trifft es in dieser Allgemeinheit nicht<br />

mehr oder weniger auf die Mehrheit der modernen mittel amerikanischen Befreiungsbewegungen<br />

zu? Wenn als Besonderheit des nicaraguanischen »nacionalismo<br />

popular« hervorgehoben wird, er schließe die enge Verbundenheit mit den anderen<br />

mittelamerikanischen Ländern gegen den US-Imperialismus ein, so spiegelt sich<br />

hier gerade eine kontinentale Tradition, die bereits im 19. Jahrhundert ihren Ausgang<br />

nahm. Im Gegensatz dazu werden wesentliche konstituierende Elemente des Sandinismus<br />

nicht oder nur unzureichend erwähnt, etwa die anarcho-syndikalistische Traditionslinie<br />

des frühen Sandino, die wichtige Rolle der studentischen Radikalisierung.<br />

die zentrale Bedeutung Carlos Fonsecas sowie der kaum zu überschätzende<br />

Einfluß Che Guevaras <strong>für</strong> die Entstehung des modernen Sandinismus.<br />

Schließlich versucht der Autor, die Entwicklung der sandinistischen Revolution<br />

mit dem Begriffsinstrumentarium der beiden Etappen der Revolution (bürgerlichdemokratisch<br />

und sozialistisch), wie es vor allem im »marxistisch-leninistischen«<br />

Diskurs der DDR eine Rolle spielte, zu begreifen. Dies wird jedoch weder den dargestellten<br />

Entwicklungsprozessen (»gemischte Wirtschaft« und »politischer Pluralismus«)<br />

gerecht, noch einer Bewegung, die explizit aus der Abgrenzung von einem<br />

solchen Etappenverständnis entstand.<br />

Hinzu kommen sachliche Fehler: So ist es äußerst gewagt, Fonseca als Vertreter<br />

der Tendenz »Guerra popular prolongada« (27f.) zu präsentieren. Unklar ist auch die<br />

Zahl der Toten im Bürgerkrieg - einmal ist von 28000 Toten (43), ein andermal von<br />

50000 Gefallenen (59) die Rede. Dadurch wird der Wert des Buches als Einführung<br />

eingeschränkt. Das gilt erst recht <strong>für</strong> Helmut Schaafs Vorwort, der das Buch als<br />

»soziokulturelle Interpretation« des Zusammenbruchs der kreolischen Herrschaft<br />

durch den Sieg des Sandinismus vorstellt, was nicht nur an der Realität, sondern<br />

auch an Links' Analyse vorbeigeht. Die Auswahlbibliographie führt überwiegend<br />

Titel zum Thema 500 Jahre Kolonialismus in Lateinamerika auf.<br />

Werner Mackenbach (Frankfurt/M.)<br />

Martinez Cuenca, Alejandro: Nicaragua: Una dCcada de retos. Prologo de<br />

Sergio Ramirez. Editorial Nueva Nicaragua, Managua 1990 (278 S., br., 10,- C$)<br />

Der frühere sandinistische Außenhandels- und Planungsminister versucht in diesem<br />

(acht Monate nach der Wahlniederlage der Sandinisten erschienenen) Buch eine<br />

Bilanz aus »einem Jahrzehnt der Herausforderungen« zu ziehen und Perspektiven der<br />

Entwicklung Nicaraguas zu diskutieren. Zunächst würdigt Cuenca die Errungenschaften<br />

der sandinistischen Revolution. zu denen er die Beteiligung der Arbeiter am<br />

Aufbau der Gesellschaft. die Verstaatlichung des Handels <strong>für</strong> Produkte des täglichen<br />

Bedarfs (was eine flexible Haltung gegenüber privaten Produzenten nicht ausgeschlossen<br />

habe). die Verstaatlichung des Bankwesens (wenn auch der extreme Zentralismus<br />

der Handelsbank negative Effekte gehabt habe), die Agrarreform und die<br />

n6" ARr.CMENT 198/1993

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