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Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Soziale Bewegungen und Politik 311<br />

Konflikt ein Nord-Süd-Konflikt war. Schneider verweist darauf, daß die Bolschewiki<br />

darauf hofften, durch eine staatskapitalistische Konzentration und Zentralisation<br />

der Produktionsmittel dem Schicksal eines halbkolonialen Schwellenlandes zu<br />

entgehen und den Anschluß an den fortgeschrittenen Westen durch eine beschleunigte<br />

Industrialisierung zu erreichen. Dieses Notstands- und Nachholprogramm<br />

nannten sie dann »Sozialismus« (317). Dies ist eine ex-post-Deutung, die den damals<br />

Handelnden die Brille von heute aufsetzt.<br />

Im abschließenden Kapitel zeichnet Schneider die Kehrseiten der entwickelten<br />

Marktwirtschaften und die <strong>Katastrophen</strong> in den unentwickelten des Südens nach, um<br />

gegen soziale Spaltung und Zerstörung des globalen Ökosystems eine neue Weltwirtschaftsordnung<br />

einzuklagen, die nicht zeitgeistgemäß in »der Vergesellschaftung und<br />

Demokratisierung der Verfügungsmacht über die Produktionsmittel« (339) wurzeln<br />

solle. Kein Weltproblem, das er nicht in seiner Tour de force auf eine Weise antippt,<br />

die bei lernwilligen Zeitgenossinnen Nachdenklichkeit erzeugen könnte.<br />

Robert Lederer (Bochum)<br />

Links, Christoph: Sandinismus. Ein Versuch mittelamerikanischer Emanzipation.<br />

Das Gesellschaftskonzept der FSLN und seine Wandlungen im Revolutionsprozeß.<br />

Mit einem Vorwort von Helmut Schaaf. Edition Der andere Buchladen, Köln 1992<br />

(112 S., br., 9,80 DM)<br />

Links analysiert die Entwicklung der FSLN in ihrer Regierungszeit von 1979 bis<br />

1989 entlang ihrer »drei Grundprinzipien der Revolution« (55): gemischte Wirtschaft,<br />

politischer Pluralismus und Nichtpaktgebundenheit. Überzeugend und ausführlich<br />

stellt er die FSLN-Wirtschaftspolitik dar: ihre Widersprüche und Bedingungen<br />

sowie die Wandlungen des Konzepts der »gemischten Wirtschaft« hin zur Übernahme<br />

»neoliberaler« Wirtschaftsrnaßnahmen und schließlich das wirtschaftspolitische<br />

Scheitern der FSLN. Auch nach der Wahlniederlage sei es der FSLN »nicht<br />

gelungen, ein überzeugendes Konzept <strong>für</strong> eine grundsätzlich andere Wirtschafts- und<br />

Sozialpolitik vorzulegen« (77).<br />

Das Konzept des »politischen Pluralismus« habe sich in vier Phasen entwickelt:<br />

die Phase des »revolutionären Pluralismus« (82) von 1979 bis 1983, geprägt durch<br />

den Versuch der FSLN, ein demokratisches politisches Leben aufzubauen (Schaffung<br />

von Gewerkschaften und Massenorganisationen); die Phase eines Pluralismus<br />

ohne »besondere strukturelle Einschränkungen« (85) von 1983 bis 1987, innerhalb<br />

dessen die FSLN mit anderen um die Hegemonie ringt (wichtiges Datum: die Wahlen<br />

von 1984); die Phase vom Sommer 1987 bis zum Sommer 1988 mit dem Ziel<br />

einer »Demokratisierung nach westlichem Vorbild« (91) (Eckpunkte: der mittelamerikanische<br />

Friedensprozeß, der nationale Dialog mit allen oppositionellen Kräften,<br />

eine Amnestie <strong>für</strong> politische Gefangene, Pressefreiheit und demokratische Wahlen);<br />

schließlich die Phase von 1988 bis 1990, die von einer weiteren politischen Öffnung<br />

der FSLN-Führung gegenüber den bürgerlichen Kräften geprägt ist (mit dem<br />

Schlußpunkt der Wahlen von 1990). Links schildert, wie diese Entwicklung dazu<br />

beitrug, daß die FSLN die politische Macht verlor, ohne sich anzumaßen, Ratschläge<br />

<strong>für</strong> eine andere, »erfolgreichere« Politik zu geben. Allerdings beschränkt er sich darauf,<br />

die überraschende Wahlniederlage zu konstatieren, ohne Ursachen da<strong>für</strong> herauszuarbeiten.<br />

Gegenüber diesen kenntnisreiehen Darstellungen bleibt das Kapitel<br />

über die »Nichtpaktgebundenheit« im Duktus einer oberflächlichen Anklage gegen<br />

eine sozialdemokratische Politik, die ähnlich wie in Portugal die Revolution abgewürgt<br />

habe.<br />

Grundlegendere Schwächen ergeben sich auf Grund des eng an die offiziellen<br />

DAS ARGUMENT 198/1993 ©

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