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Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Soziale Bewegungen und Politik 309<br />

den sein Charme ausstrahlte«, die Piraten gefangennahm. Will: »Besonders beeindruckte<br />

sie Caesars Geschäftssinn. Aus einer Notlage schlug der Römer finanziellen<br />

Gewinn. Die fünzig Talente, die die kleinasiatischen Staaten aufgebracht hatten und<br />

die er wohl nicht zurückzahlte, zumindest aber die Schätze der gefangenen Seeräuber,<br />

die er als 'gute Prise einstrich', entledigten ihn seiner gröbsten finanziellen<br />

Sorgen.« (18) Nach Will war die Summe in 300000 Denare oder 75000 Ferkel konvertierbar.<br />

Caesars Karriere basierte auf einer Kombination von politischem Geschick, insbesondere<br />

Beliebtheit bei der städtischen Plebs, und Genialität in finanziellen Angelegenheiten.<br />

Will über Caesars Erreichen des ersten wirklich bedeutenden Staatsamtes:<br />

»Er dachte großzügiger als seine Gegner. Sie hofften, die Wahlen gewinnen zu<br />

können, indem sie die einfache Mehrheit von neun der 17 abstimmungsberechtigten<br />

Tribus kauften. Er bestach alle.« (34) Den diversen Vermutungen über die Motive<br />

Caesars, ausgerechnet Gallien dem Römischen Reich hinzufügen zu wollen (Korrektur<br />

der 'Ost' -Lastigkeit des Reichs, Bollwerk gegen den furor teutonicus, Ausleben<br />

seiner Leidenschaft und Phantasie etc.) widerspricht Will nicht, sondern formuliert<br />

sein Credo: »Caesars Gedanken lassen sich nicht lesen. wohl aber seine Bilanzen.<br />

Als der Statthalter seine Provinz verließ, waren die Bevölkerung Galliens zu einem<br />

Viertel und der Goldpreis in Italien um ein Viertel gefallen.« (66) Caesar nahm jede<br />

Drohung mit Frieden ernst und beantwortete sie mit Ausrottung und Versklavung,<br />

über die er in seiner Darstellung des <strong>Krieg</strong>es auch freimütig berichtet. Will versucht,<br />

Caesars Schweigen über politische und ökonomische Motive durch Berechnungen<br />

über Fourage, Sklavenhandel (der am meisten einbrachte) und Bereicherung am<br />

Staatsschatz zu kompensieren. Das gelingt zwar nicht vollständig, aber dennoch<br />

überzeugend: »Caesar wurde zunächst zum reichsten und dann zum mächtigsten<br />

Mann Roms ... Geschickter hatte bis dahin kein Staatsmann fremde Völker beraubt<br />

und das eigene bestohlen.« (247) Anders als Meier sieht Will in Caesar keinen<br />

Außenseiter, sondern ein Resultat der späten Republik wie Sulla, Crassus oder Pompeius.<br />

Er führte den größten Raubkrieg der Republik und erschöpfte ihre Mittel dabei<br />

endgültig. Den nächsten Schritt, die bürokratische Verwaltung der Ausplünderung,<br />

konnte er nicht mehr vollziehen. Arnold Schölzel (Berlin)<br />

Soziale Bewegungen und Politik<br />

Schneider, Michael: Das Ende eines Jahrhundertmythos. Eine Bilanz des Sozialismus.<br />

Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 1992 (415 S., Ln., 48,- DM)<br />

Gäbe es »eine freie, ungehemmte Presse« (R. Luxemburg, GW 4, 358), Schneiders<br />

Buch würde in einem großen Magazin als Serie veröffentlicht. Beim deplorabien<br />

Niveau, auf dem die Debatte über den Staatssozialismus in den Massenmedien<br />

geführt wurde, kann es als eine Art Vademecum betrachtet werden.<br />

Das erste Kapitel beschäftigt sich mit Marx als jemandem, der »seinen vermeintlichen<br />

Schülern wie seinen Gegnern ein Fremder und Unbekannter geblieben ist«<br />

(21). An seinem Denkmalsturz arbeiten gerade diejenigen eifrig. »die dem Marxismus-Leninismus<br />

jahrzehntelang als einem ... Dogma gehuldigt haben« (23). Gegen<br />

die Identifizierung des Marxschen Denkens mit dem Marxismus-Leninismus macht<br />

Schneider dreierlei geltend: 1) Anders als in der deutschen Sozialdemokratie habe<br />

bei Marx nicht der Etatismus eine zentrale Rolle gespielt, sondern »die aus der rousseauistisch-anarchistischen<br />

Tradition kommende Vorstellung. daß der Staat immer<br />

ein Unterdrückungsinstrument sei und daher sukzessive in die Gesellschaft 'zurück-<br />

DAS ARGUMENT 198/1993 (!';)

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