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Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Geschichte 307<br />

'ethnisch' oder 'religiös' bestimmter Kulturen begonnen, die auch im Namen einer<br />

eigenen Sprache geführt werden; mitten in Europa gefahrdet der Sprachenstreit zwischen<br />

Flamen und Wallonen die Einheit Belgiens usw. Überall scheinen partikulare<br />

Identitäten gegenüber Universalismen an Boden zu gewinnen. - Im Reich Alexanders<br />

und im römischen Imperium muß es vergleichbare Probleme gegeben haben. In<br />

den Beiträgen wird aber nur selten danach gefragt. H. Freis weist eine entsprechende<br />

Frage gar zurück. »Es ist nicht unsere Absicht darzustellen, wie der genannte Raum<br />

die Kultur und die Sprache seiner Eroberer annahm« schreibt er bei einer Untersuchung<br />

über Grabinschriften in der Provinz Belgica (214). Vitruvs Konstruktionsanweisungen<br />

<strong>für</strong> <strong>Krieg</strong>smaschinen interessieren allein unter dem Gesichtspunkt der<br />

historischen Vorlage (0. Lendle). Es überwiegen Philologie (C.w. Görler, C.w.<br />

Mueller-Goldingen, P. Steinmetz) und Geistesgeschichte. Man erfahrt, daß der<br />

Mythos über das Schatzhaus des Rbampsinit aus Ägypten kommt (C.w. Müller), die<br />

antike Diskussion über die Schuld am Zweiten Punischen <strong>Krieg</strong> wird als Übersetzungsproblem<br />

des Lutatiusvertrages untersucht (K.M. Girardet).<br />

In den Aufsätzen wird das Bild einer später zweisprachigen griechisch-römischen<br />

Oberschicht erkennbar, in deren Komödien fremde Sprachen als 'defizitäres' Griechisch<br />

bzw. Lateinisch präsentiert werden (w. Hofmann, K. Sier). Der Umgang mit<br />

weiteren Sprachen stellte sich vor allem im Zusammenhang von Eroberungskriegen<br />

(P.R. Franke). - Das Gegensatzpaar Heltenes/bdrbaroi bildete sich zu Beginn des<br />

6. Jahrhunderts v.u.Z. heraus (6f.), abwertende Konnotationen der »barbarischen«<br />

Sprachen verbreiten sich anscheinend erst im Epikureismus, möglicherweise als<br />

»Reaktion gegen die kosmopolitische Haltung der Stoa« (l Werner. 11). Zweisprachigkeit<br />

war in Griechenland so gut wie nicht vorhanden, die wenigen Übersetzungen<br />

aus fremden Sprachen sind fast ausschließlich Fachliteratur, eine griechische<br />

Übersetzungstheorie gab es nicht. Als Dolmetscher wurden Sklaven verwendet<br />

(11f.). Die Anfange der antiken Sprachwissenschaft hängen mit der Einverleibung<br />

Griechenlands in das römische Imperium zusammen. Die römische Oberschicht ist<br />

bereits im 2. Jh. v. Chr. zweisprachig. Man hält sich griechische Sklaven als Sprachlehrer,<br />

beschäftigt sich mit griechischer Wissenschaft und Literatur. Um die römische<br />

Großmacht aus der kulturellen Subalternität zu führen, beginnt Cicero mit der<br />

vergleichenden Etymologie, und Lucilius versucht, die lateinische Sprache von griechischen<br />

Lehnwörtern zu 'reinigen' (R. Weis). Die Sprachwissenschaft wird fast nur<br />

von römischen Grammatikern betrieben, stets wird eine Abhängigkeit des Lateinischen<br />

vom Griechischen behauptet (K. Schöpsdau). Für Griechen wurde das Erlernen<br />

der lateinischen Sprache hingegen erst notwendig, »als die Karriere in Verwaltung und<br />

Heer des Imperium Romanum von angemessenen Lateinkenntnissen abhing«<br />

(l Werner, 12). Latein gehört nun nicht mehr zu den »barbarischen« Sprachen (18).<br />

Außerhalb dieses exklusiven Kreises stellten sich Fremdsprachenprobleme <strong>für</strong><br />

Händler und Reisende, vor allem aber <strong>für</strong> die Durchsetzung der Befehlsordnung in<br />

den multi-ethnischen Söldnerheeren. Vulgärlateinisches macht sich im griechischsprachigen<br />

Byzanz über die Heeressprache geltend (H. Petersmann). P.R. Franke<br />

interessiert sich in diesem Zusammenhang <strong>für</strong> Sprache als »Herrschaftsinstrument«<br />

und »Statussymbol« (94). Im punischen Heer beispielsweise wurden mindestens<br />

sechs Sprachen gesprochen. Diese Vielfalt machte eine Kontrolle manchmal unmöglich,<br />

und bereits Polybios erwähnt sie

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