Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Geschichte 305<br />
sowieso zunehmend) aus der familia herausgelösten Sklaven einbezieht. Kudlien<br />
versucht, die <strong>für</strong> sich reklamierte Wissenschaftlichkeit »sensibilisiert-emotionalen<br />
Kritikern« wie Finley abzusprechen, nicht ohne Verständnis zu simulieren: <strong>für</strong><br />
»Juden«, die den KZ-Staat erleben mußten, sei diese Perspektive auf die Sklaverei<br />
»charakteristisch« (150-156, v.a. 153). Diese Geste, Finleys Angriff auf die Sklavenhaltergesellschaft<br />
mit seinem Judesein quasi zu entschuldigen und die eigenen Voraussetzungen<br />
überheblich so in Szene zu setzen, daß sie den wertfreien Zugang zur<br />
Geschichte liefern sollen, hat es in sich: Mit dem Versuch, Finley auf diese Weise aus<br />
der 'seriösen' Geschichtswissenschaft auszugrenzen, begibt Kudlien sich in gefährliche<br />
Nähe zum Antisemitismus. Thomas Schwarz (Berlin)<br />
Schneider, Helmuth: Einführung in die antike Technikgeschichte. Wissenschaftliche<br />
Buchgesellschaft, Darmstadt 1992 (258 S., br.. 39.- DM)<br />
Eine deutschsprachige Darstellung antiker Technik ist seit Hugo B1ümners »Technologie<br />
und Terminologie der Gewerbe und Künste bei Griechen und Römern«<br />
(1874-1887) nicht mehr veröffentlicht worden. Wohl vor allem, so der Heidelberger<br />
Privatdozent <strong>für</strong> Alte Geschichte. Schneider. weil Technikgeschichte. meist von<br />
Ingenieuren betrieben, auf die Geschichte von Erfindungen reduziert wurde. Das<br />
Konzept, Beziehungen zwischen Technik und Gesellschaft, die sozialen, politischen<br />
und ökonomischen Ursachen wie auch deren Auswirkungen zu thematisieren, wurde<br />
in den sechziger Jahren in den USA entwickelt (u.a. von Melvin Kranzberg in der<br />
seit 1960 erscheinenden Zeitschrift Technology and Culture) und in der BRD in den<br />
siebziger Jahren aufgegriffen (zuerst von R. Rürup und K. Hausen). Schneider skizziert<br />
diese Ansätze, um daran sein eigenes Vorhaben anzuknüpfen, »einen methodischen<br />
Ansatz <strong>für</strong> die antike Technikgeschichte zu entwickeln, der nicht die ... Defizite<br />
der älteren Forschung aufweist« (3). Daß antike Technik ein eigenständiges Forschungsgebiet<br />
darstellt - in Abgrenzung zur Technik der Bronzezeit oder des Mittelalters<br />
-, steht <strong>für</strong> Schneider. im Gegensatz zu M. 1. Finley, außer Frage. Behauptet<br />
Finley. daß Techniken der Bronzezeit durch Griechen und Römer kaum eine Verbesserung<br />
erfahren haben. sieht Schneider die Konstruktion »komplizierterer, arbeitssparender<br />
Geräte« (14) als Indiz <strong>für</strong> eine wesentliche Weiterentwicklung.<br />
Schneider gibt an Hand reichhaltigen (schrift- und nichtschriftlichen) Quellenmaterials<br />
einen Überblick der verschiedenen Bereiche: Energie (Energieformen:<br />
Muskelkraft von Mensch und Tier, Wasserkraft seit augusteischer Zeit, Brennstoffe<br />
wie Holz und Holzkohle), Produktion (Agrartechnik/z.B. Schraubenpresse und<br />
Räderpflug, Bergbau und Metallurgie I Münzproduktion , Keramikproduktion/Töpferscheibe.<br />
Glasherstellung/Technik des Formschmelzens und Textilproduktionl<br />
Webstuhl), Transport (Landtransport/dichtes Netz gepflasterter Straßen bei den<br />
Römern und Schiffahrt/Entwicklung des Hecksteuers), Bautechnik (Hebevorrichtungen,<br />
Gußmörteltechnik) sowie Infrastruktur (Straßen und Häfen/Techniken des<br />
Hafenbaus), Wasserversorgung (Verteilungsnetze, Archimedische Schraube) und<br />
Kommunikation (Buchwesen). Diese Bereiche sollen vor der Folie eines erweiterten<br />
Technikbegriffs - unter Einbeziehung von Arbeit, wirtschaftlichen Einflüssen sowie<br />
sozialen Ursachen und Auswirkungen - untersucht werden.<br />
Antike Technik - von einer kontinuierlichen und in den verschiedenen Regionen<br />
gleichzeitig sich vollziehenden Entwicklung kann natürlich nicht gesprochen werden<br />
- in ihren gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingtheiten darzustellen, gelingt<br />
dem Autor nur stellenweise. So beschreibt Schneider z.B. die unter der Voraussetzung<br />
von Bevölkerungswachstum und Urbanisierung sich entwickelnde, auf Überschüsse<br />
ausgerichtete »marktorientierte Gutswirtschaft« mit ihren ersten Ansätzen<br />
DAS ARGUMENT 198!1993 .CI;)