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Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Geschichte 303<br />

den herrschenden Gruppierungen eine neue Arbeitsteilung ausbildet und die Priester<br />

eigenständige, von den Magistraten getrennte Funktionen erlangen. Augustus als<br />

Pontifex Maximus habe sie wieder zusammengeführt.<br />

Parallel zu diesen Differenzierungen verlief die Entwicklung der Jurisprudenz,<br />

von Priestern unterschiedene Juristen traten auf. Aldo Schiavone beschränkt sich in<br />

seiner Abhandlung zu ihnen allerdings auf eine allgemeine Beschreibung. Jean­<br />

Michel Carri wählt einen anderen Weg: Seine Untersuchung über den Soldaten konzentriert<br />

er auf die frühe Kaiserzeit, in der sich das Berufssoldatenturn herausbildete.<br />

Die Folge sei eine negative Bewertung des Soldatenberufs in der öffentlichen Meinung<br />

gewesen und faktisch sei der »Zivilist« als Gegentypus geschaffen worden.<br />

Die folgenden Arbeiten über die Unterschichten Roms umreißen vor allem die entscheidenden<br />

Brüche in der sozialen und wirtschaftlichen Lage der Sklaven, Bauern<br />

und Freigelassenen zwischen 200 vor und 200 nach u.Z., d.h. zwischen dem Übergang<br />

zur rationellen Nutzung von Sklavenarbeit und dem beginnenden Zusammenbruch<br />

dieser Wirtschaftsweise. Diese Wandlungen waren entscheidend <strong>für</strong> die Lage<br />

der Bauern, der städtischen Armut und der Freigelassenen. Die aus ihnen resultierenden<br />

sozialen Differenzierungsprozesse, die lange Zeit ohne Folgen <strong>für</strong> die gesellschaftliche<br />

Ordnung blieben, führen Paul Veyne im Schlußbeitrag wieder zu der<br />

Frage, wie angesichts der erkennbaren sozialen Dynamik die langdauernde Stabilität<br />

des Reichs möglich war. Ua. führt er das nach dem Ende des Bürgerkriegs erreichte<br />

Wohlstandsniveau an, das einen relativ toleranten Umgang verschiedener Kulturen,<br />

Religionen und auch sozialer Gruppen ermöglichte. Die römische Zivilisation sei<br />

»so ungerecht und grausam ... wie viele andere« gewesen und vermittele doch auch<br />

»den Eindruck einer liberalen, offenen und gelassenen Gesellschaft« (409f.). Die<br />

negativen Faktoren kommen leider zu kurz wie z.B. die brutale Ausplünderung entfernter<br />

Provinzen, die im 1. Jh. V.U.Z. etwa in Spanien und Gallien auf ein neues<br />

Niveau gehoben wurde und deren Resultate allen gesellschaftlichen Schichten<br />

zugute kamen, bzw. die Erschließung neuer Siedlungsräume nach Ausrottung der<br />

einheimischen Bevölkerung. Generell hätte etwas mehr Analyse der ökonomischen<br />

Umstände dem Band gutgetan. Arnold Schölzel (Berlin)<br />

Kudlien, Fridolf: Sklaven-Mentalität im Spiegel antiker Wahrsagerei (Bd.23:<br />

Forschungen zur antiken Sklaverei ... der Akademie der Wissenschaften und der<br />

Literatur, Mainz). Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1991 (192 S., br., 58.- DM)<br />

Gegen die Auffassung vom Sklaven als »bloßem« Werkzeug seines Herrn (14) will<br />

Kudlien das »eigentlich 'Menschliche'« der Sklaven-Mentalität in Quellen» 'niederer'<br />

Wahrsagerei« von »Homer bis in die Spätantike« suchen (10, 19). Der Kieler Professor<br />

rekonstruiert aus auf Sklaven gemünzten und weitgehend stereotypisierten<br />

Orakeltexten eine Liste sklaventypischer Elemente. Ein Sklave habe demzufolge im<br />

Verhältnis zu seinem Herrn sowohl Trägheit, Aufsässigkeit, Fluchtneigung und Hinterlist<br />

als auch Arbeitswille, Loyalität und Rechtschaffenheit etc. an den Tag gelegt.<br />

Kudlien stößt darauf, daß die meisten der von ihm gesammelten Elemente nicht<br />

»exklusiv sklaventypisch« sind. Er schließt daraus, daß es sich bei »Grundzügen der<br />

Sklavenmentalität« wie »Hoffnung auf Gewinn« oder »Konformismus« um »Allgemein-Menschliches«<br />

handle. Er erklärt daher seinen Gegenstand als »bürgerlich«;<br />

noch »genauer« will er von» 'kleinbürgerlicher' Mentalität sprechen« (157-160).<br />

Kurz, er schreibt dem Bürger einen universalen Status in der Geschichte zu. Die<br />

Besonderheiten der bürgerlichen Klasse lösen sich im Mythos von einer bürgerlichen<br />

Menschheit auf. Eine solche Imagination entsteht einhergehend mit einer<br />

Abstraktion von der historischen Spezifik antiker »vulgärer Wahrsagerei«, die der<br />

DAS ARGUMENT 198/1993 ©

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