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Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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176 Andrzej Malkiewicz/Jerzy Palys<br />

Kriminalität. Nichtsdestoweniger hat diese Situation eine große Chance geschaffen:<br />

Parlament und Regierung haben die Freiheit erlangt, neue Wirtschaftsbedingungen<br />

zu schaffen, und sie wurden sogar gezwungen, schnelle Reformen einzuleiten.<br />

Ein weiteres Moment war die Auslandsverschuldung, die im Jahre 1989 40,8<br />

Milliarden Dollar und 5,8 Milliarden Rubel erreichte. J Es war unmöglich, diese<br />

Summe vollständig zurückzuzahlen. Sogar die Bezahlung der Zinsen hat die<br />

Kapazität der polnischen Wirtschaft überfordert. Die Arbeit am Umbau des<br />

Wirtschaftsmodells mußte einstweilig Rettungsrnaßnahmen beinhalten.<br />

Die wirtschaftliche Katastrophe nahm alle Hoffnungen auf das sozialistische<br />

Wirtschaftsmodell und mußte alle gesellschaftlichen und politischen Kräfte dazu<br />

bringen, den Gedanken von Veränderungen zu akzeptieren. Das erklärt eigentlich<br />

die Tatsache, daß im Dezember 1989 die Regierung dem Parlament ein<br />

Gesetzespaket vorlegte, den »Balcerowicz-Plan«, der »Schock«-Reformen in<br />

Richtung vollständiger Marktwirtschaft beinhaltete und die Zustimmung aller<br />

Parlamentsfraktionen erlangte. Präsident General Wojciech Jaruzelski hat damals<br />

gesagt: »Besser rechtzeitig eine unvollkommene Entwicklung als eine vollkommene,<br />

die zu spät kommt.« (Balcerowicz 1992, 21)<br />

Der Balcerowicz-Plan hatte zwei Grundziele: die Privatisierung und die Überführung<br />

der polnischen Wirtschaft in die Marktwirtschaft. Zur Erlangung dieser<br />

Ziele waren jedoch folgende Aufgaben zu lösen: Eindämmung der Inflation;<br />

Umbau der Staatswirtschaft und ihre Unterordnung unter das Marktsystem;<br />

Lösung des Problems der Auslandsverschuldung; Öffnung des polnischen Marktes<br />

<strong>für</strong> Importwaren.<br />

Diese letzte Frage hat viel Streit hervorgerufen. Die Schöpfer des Programms<br />

glaubten, unter den Bedingungen eines hohen Monopolisierungsgrades der<br />

Staats industrie würde deren Privatisierung die niedrige Effektivität konservieren<br />

und würden die ohnehin schwachen Anreize zur Modernisierung blockiert. Ihrer<br />

Auffassung nach würde die Konkurrenz ausländischer Waren dem entgegenwirken;<br />

die Betriebe mit niedrigster Effektivität würden geschlossen und die<br />

anderen zur Modernisierung gezwungen werden. Der breite Zustrom ausländischer<br />

Waren auf den polnischen Markt galt als Eintrittspreis der polnischen<br />

Wirtschaft <strong>für</strong> den Weltmarkt und als die Rückkehr in das Weltsystem, von dem<br />

die polnische Wirtschaft seit 1939 abgeschnitten war. Das verstanden auch westliche<br />

Finanzkreise als ein Angebot zur Beteiligung am Programm der polnischen<br />

Umgestaltung. Ihre Zustimmung drückte sich insbesondere in folgendem aus:<br />

zeitweilige Aussetzung von Zinszahlungen; Bewilligung neuer Anleihen und<br />

Garantien; Umstrukturierung der Schuldenrückzahlung sowie deren künftige<br />

Reduzierung, solange Polen auf dem Wege der Reformen verbleibt.<br />

Am 1. Januar 1990 begann die »Schocktherapie«. Ihr Elemente waren die<br />

Abwertung des Zloty, die Anhebung der meisten Preise, die Auflösung aller mittleren<br />

Leitungsebenen, die Selbstfinanzierung der Betriebe und die Liberalisierung<br />

des Außenhandels. All diese Entscheidungen wurden gleichzeitig ins Werk<br />

umgesetzt. Leszek Balcerowicz argumentierte, wenn man einem Hund den<br />

Schwanz abschneiden wolle, tue man das besser im ganzen als stückweise. Das<br />

Ziel dieser Operation war vor allem die Überwindung von Defiziten, und die<br />

DAS ARGUMENT 19811993 ©

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