Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
300 Besprechungen<br />
Diskussionsthemen dokumentieren eine präventive Entpolitisierung, die mitunter<br />
bis zur Anbiederung an die Nationalsozialisten ging«, ebd., vgl. 107) und teilweise<br />
»in auffallender Anlehnung an die faschistische Pädagogik« (ebd.) dem völkischen<br />
Mythos huldigten; daß Paul Oestreich 1932 sogar feststellen konnte, daß die meisten<br />
Gedanken des NS-Pädagogen Ernst Krieck bei ihm selbst schon viel früher formuliert<br />
waren (108); daß also auch im BESch ein »höchst ambivalentes Verhältnis zum<br />
deutschen Faschismus« herrschte (105), sein »Standort zwischen Volksfront und<br />
Volksgemeinschaft« lag (ebd.), ja auch eine »zeitweilige Verführbarkeit gemeinhin<br />
als fortschrittlich eingeschätzter Pädagogen« (113) konstatiert werden muß.<br />
Doch letztendlich versucht auch Eierdanz, dem ja als Mitherausgeber die Widersprüche<br />
in den Zuschreibungen nicht entgangen sein können, den BESch als be denkenswerte<br />
Tradition zu retten. Dies geschieht mit Kategorien, die einerseits im Politischen<br />
(die parteipolitische Anlehnung an die SPD ist eindeutig, damit auch die<br />
Bejahung der Republik) liegen und zeigen, wie wenig distinkt eine Zuschreibung<br />
»links« <strong>für</strong> die Weimarer Republik sein kann, die andererseits im Pädagogischen<br />
deutliche Berührungspunkte zur verpönten geisteswissenschaftlichen Pädagogik zeigen,<br />
z.B. negativ in der geteilten Ablehnung einseitig kognitiv orientierter Schule,<br />
positiv im Bildungsgedanken (bei Oestreich allerdings unter Erziehung subsumiert),<br />
der das ganze Subjekt und seine Selbsttätigkeit betont. Dieser Rettungsversuch ist<br />
nicht nur politisch legitim, denn es gab im BESch auch eine eindeutig antifaschistische<br />
Strömung, wie Eierdanz herausstellt 006f.), sondern auch pädagogisch nötig;<br />
er zeigt allerdings, daß eingefahrene GutlBöse-Schematismen <strong>für</strong> die historische<br />
und systematische Analyse der verschiedenen Pädagogiken der Weimarer Republik<br />
nicht weiterhelfen.<br />
Daß Ansätze zur Zerstörung oder zumindest zur Korrektur eigener 'linker' Mythen<br />
in diesem Band dokumentiert sind, macht seine besondere Bedeutung aus; daß die<br />
meisten anderen Beiträge, auf die der Rezensent, ungerecht gegen die einzelnen<br />
Autoren, nicht eingehen kann, konventionell bekannte Positionen wiederholen und<br />
die Kritik kaum berücksichtigen, ist ein Manko des Buches, das aber vor allem der<br />
ersteren wegen eine aufmerksame Lektüre verdient. Klaus-Peter Horn (Berlin)<br />
Geschichte<br />
Dahlheim, Werner: Herrschaft und Freiheit. Die Geschichte der griechischen<br />
Stadtstaaten (= Die griechisch-römische Antike, Bd.l: Griechenland, Reihe: UTB<br />
1646). Schöningh Verlag, Paderborn 1992 (341 S., br., 28,- DM)<br />
Der Althistoriker von der Technischen Universität Berlin sieht sich in einem Überlieferungszusammenhang,<br />
dessen »Erkenntnisgrundlage« durch neu gefundene<br />
Zeugnisse nicht verändert wird. Das unterscheidet sein Projekt von der Fontana<br />
History ofthe Ancient World, deren Herausgeber Murray gerade mit dem Anspruch<br />
auftritt, dem Publikum neue Entdeckungen zugänglich zu machen, die das Bild der<br />
Antike verändert haben. Dahlheim rückt dagegen in die Tradition des antiken<br />
Höhenkammdiskurses ein, um auch auf das zu »achten«, was noch die »Eltern« auf<br />
der »Schulbank« lernten (13). Er beginnt mit der Entstehung der »Kultur« auf Kreta<br />
(17). Die Fresken mit den »barbusigen Hofdamen« oder die »todesverachtende Akrobatik<br />
der kultischen Stierspringer« besitzen <strong>für</strong> ihn einen »zeitlosen Charme«. Die<br />
Architektur der Macht, die sich in den minoischen Palästen manifestiert, verklärt der<br />
Historiker zu einer »lebensfrohen und friedlichen Hofhaltung« (23). Dahlheims<br />
Fokus aber sind die Begriffe »Herrschaft und Freiheit« (14). Im Kern faßt er antike<br />
DAS ARGUMENT 198/1993 JJ