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Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Erziehungswissenschaft 299<br />

und Zähmung der beiden indischen Wolfskinder Kamala und Amala Wesenszüge der<br />

aufklärerischen Überwältigung des »Wilden« herausarbeiten. Daran schließen sich<br />

die erziehungsgeschichtlichen Reflexionen von Oelkers über die Stilisierung des<br />

Wilden durch Rousseau und über Entwürfe einer »natürlichen Erziehung« an. Ungeachtet<br />

des hohen Niveaus dieser abschließenden Beiträge wird der Stellenwert <strong>für</strong><br />

die »Ethnopädagogik« nicht klar. Außerdem hat mich die Be<strong>für</strong>chtung beschlichen,<br />

daß eine Kritik des pädagogischen Denkens folgenlos bleibt, wenn sie die gesellschaftliche<br />

Formbestimmtheit nicht mitreflektiert. Auch mir wird die damit vermittelte<br />

Verzweiflung »am Ende lästig« (Goethe, zit. n. Oelkers, 235). Insgesamt ein<br />

Sammelband mit recht unterschiedlichen Beiträgen, was Informationsgehalt und<br />

Fragestellung betrifft. Georg Auernheimer (Marburg)<br />

Bernhard, Armin, und Jürgen Eierdanz (Hrsg.): Der Bund der entschiedenen<br />

Schulreformer. Eine verdrängte Tradition demokratischer Pädagogik und Bildungspolitik.<br />

dipa-Verlag, Frankfurt/M. 1991 (200 S., br., 26,- DM)<br />

Die Debatte um die 'Aufarbeitung' der NS-Vergangenheit in der Pädagogik, um die<br />

Rolle der etablierten Pädagogik 1933 und um die 'Verdrängung' vermeintlich fortschrittlicher<br />

Ansätze der Pädagogik der Weimarer Republik durch die Pädagogik der<br />

Nachkriegszeit wurde in den letzten Jahren in der deutschen Erziehungswissenschaft<br />

teilweise recht heftig geführt. Geübt in der Lektüre solcher 'Verdrängungsliteratur' ,<br />

erwartet man eine kräftige Schelte der traditionellen, bürgerlichen, etablierten Pädagogik<br />

und eine ungebrochene Bejahung des zu Unrecht vergessenen Ansatzes des<br />

Bundes entschiedener Schulreformer (BESch). Doch wird man hier, zumindest teilweise,<br />

eines Besseren belehrt.<br />

Zwar herrschen in der Einleitung und in manchen Abhandlungen noch die Urteile<br />

der oben genannten Art vor, doch ist der Ansatz einer Infragestellung ungebrochener<br />

Bejahung nicht zu übersehen. Kleinere Ungereimtheiten der Argumentation spiegeln<br />

schon die Schwierigkeit der Beurteilung einer sich ambivalent darstellenden Tradition.<br />

So wird dem BESch einerseits Marginalität, andererseits wesentliche Mitbestimmung<br />

der pädagogischen und bildungspolitischen Diskussion in der Weimarer<br />

Republik zugeschrieben; seine demokratische Organisation wird gewürdigt, obwohl<br />

er alles andere als demokratisch organisiert war (mit einem Paul Oestreich an der<br />

Spitze, dessen autokratisches Verhalten einige Gründungsmitglieder zum Austritt<br />

veranlaßte); sein Ansatz wird geschildert, doch zugleich festgestellt, daß der BESch<br />

in sich sehr vielfältig war und das Gemeinsame fast nur in der Vorstellung lag, »daß<br />

über Erziehung und Bildung Gesellschaft entscheidend verändert werden könne und<br />

gesellschaftliche Fortschritte erst vermittels pädagogisch initiierter Bewußtseinsprozesse<br />

ihr humanes Fundament erhielten« (7); der Antifaschismus wird gerühmt,<br />

obwohl doch dem Leser vieler Äußerungen Oe streichs und einiger seiner Mitstreiter<br />

die Haare zu Berge stehen ob der Affinitäten zum NS-Sprachgebrauch.<br />

Man fragt sich, worin der Unterschied besteht zu den kritisierten Verdrängern,<br />

wenn G. Koneffke feststellen kann, daß das Vokabular des BESch »gelegentlich<br />

bemerkenswerte Übereinstimmungen mit dem Vokabular des politisch reaktionären<br />

Irrationalismus aufweist« (15). Diese Feststellung wird als Verharmlosung überdeutlich<br />

sichtbar durch die Lektüre zweier Aufsätze, an denen der eine Herausgeber,<br />

Eierdanz, beteiligt ist. Hier wird klar ausgesprochen, daß Pau! Oestreich und andere<br />

exponierte Mitglieder des BESch romantisierenden Volksgemeinschaftsvorstellungen<br />

anhingen; daß sie Themen und Argumentationsmuster der Nazis aufnahmen,<br />

»und zwar nicht, um sie mit anderen Inhalten zu füllen« (56; vgl. 104); daß sie den<br />

deutschen Faschismus bis Ende der zwanziger Jahre weitgehend ignorierten (»Die<br />

DAS ARGUMENT 198/1993 ©

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