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Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Kunst- und Kulturwissenschaft 293<br />

Wittkämpfer, Gerhard W. (Hrsg.): Medien und Politik. Wissenschaftliche Buchgesellschaft,<br />

Darmstadt 1992 (225 S., br., 39,80 DM)<br />

Die denkfaule und langweilige Umschlaggestaltung dieses obskuren Sammelbandes<br />

ist insofern gelungen, als sie ganz genau dessen Inhalt veranschaulicht: Die<br />

Illustration zeigt ein altertümliches Radio auf einem altertümlichen Fernseher auf<br />

irgendwelchen Druckerzeugnissen stehend. Das wären also die Medien. Für die<br />

Politik hat sich offenbar kein passendes Bild finden lassen. Warum eigentlich nicht<br />

die »spitting images« unserer Politikerprominenz? Gepaßt hätte es allemal, denn <strong>für</strong><br />

die Autoren dieses Bandes ist Politik zunächst und vor allem Parteipolitik. In den 17<br />

mehr oder minder faden Beiträgen läßt sich kein neuer resp. origineller Gedanke und<br />

kaum eine überzeugende These oder eine interessante Behauptung zu dem modischen,<br />

aber nichtssagenden Thema »Medien und Politik« finden. Massiert tritt das<br />

Geschwätz beispielsweise im Beitrag des VerwaltungsrechtIers Rolf Stober auf, der<br />

u.a. entdeckt hat, daß die »Medien ... der ideale Mittler und Akteur zwischen Beteiligten<br />

und Betroffenen, zwischen Staat und Volk« sind. »Sie repräsentieren schlechthin<br />

die gesamte Gesellschaft und Öffentlichkeit nicht zuletzt durch ihre Veröffentlichungen.«<br />

(29)<br />

In jedem zweiten Beitrag wird aufs Neue hergebetet: »Medien ... prägen öffentliche<br />

Meinungen und Haltungen, aber schüren auch Ängste«; »Medien bestimmen<br />

oft die Prioritäten und Posterioritäten politischen Handeins«; »Medien selektieren«;<br />

»Die Medien multiplizieren Haltungen, von der Freude bis zur Angst, vom Optimismus<br />

bis zum Pessimismus«; »Medien unterhalten«. Das, wohlgemerkt, sind Wittkämpfers<br />

in der Einleitung hervorgehobene »ethisch-zentrale Punkte« (6).<br />

Aus einem der theoretisch anspruchsvolleren Beiträge über »Linguistische <strong>Theorie</strong>n<br />

und Methoden in ihrer Relevanz <strong>für</strong> die Politikwissenschaft« (131) läßt sich lernen:<br />

»Politisches Handein ist stets auch Sprachhandeln.« (140) Es folgt ein Zitat -<br />

dem wichtigen Band von Lothar Schmidt: Das treffende Zitat zu Politik, Recht und<br />

Wirtschaft entnommen -, das diese Behauptung in anderen Worten umschreibt.<br />

Dann die Erörterung der Frage, wie politisches Sprachhandeln funktioniert - Antwort:<br />

»Der Erfolg der Kommunikationsabsichten ist ... abhängig von dem Grad der<br />

Übereinstimmung der Situationspräsuppositionen, die Hörer und Sprecher gemeinsam<br />

sind.« (142f.) Als Höhepunkt der Ausführungen: Der »Entwurf einer 'Ökologischen<br />

Linguistik' «. Denn »Sprachen und Ökosysteme weisen eine ähnliche Struktur<br />

auf und können als kreative, homöostatische Systeme begriffen werden.« (143) Folglich<br />

genüge es nicht, nur die Sprache, sondern auch ihren Verwendungszusammenhang<br />

zu analysieren - in den Worten von Sandhövel und Wittkämpfer: die »situativen<br />

Kommunikationskontexte und kommunikative Dimensionen politischer Entscheidungsprozesse«.<br />

Auf dieser Grundlage, so freuen sich die Autoren, könnten »Erkenntnisse<br />

politikwissenschaftlicher Forschung ... Basis politischer Empfehlungen<br />

sein: politische Linguistik als Politik-Beratung« (145). Das ist »politische Wissenschaft«<br />

gradheraus, auf die das oben unterschlagene Zitat aus dem Zitatebuch nun<br />

doch so trefflich paßt, daß es leicht abgewandelt (»Politik« ersetzt durch »Wissenschaft«)<br />

zitiert werden soll: »Wissenschaft machen, heißt in jedem Herrschaftssystem,<br />

mit Hilfe der Sprache <strong>für</strong> erstrebte Wirkungen den Weg des geringsten<br />

Widerstandes zu suchen.« (140) Ulrich Schmid (Berlin)<br />

DAS ARGUMENT 198/1993 ©

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