Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Nachrichten aus dem Patriarchat<br />
Nicht sie - nicht wir<br />
Zukunftsvision aus der kraftreichen Vergangenheit genommen<br />
Nach Wolf Biermann<br />
173<br />
"Eine radikale Revolution kann nur die Revolution radikaler<br />
Bedürfnisse sein, deren Voraussetzungen und Geburtsstätten zu<br />
fehlen scheinen.« (Kar! Marx, MEW I, 387)<br />
Eine weitere Erklärung bereichert den Stand der Diskussion, warum die DDR<br />
zusammenbrechen mußte. Sie kommt aus dem Traum-Land der Männer-machen<br />
Geschichte-Ideologie. Jene Männer, die das (Ost-)Land leiteten, werden als<br />
Gartenzwerge enttarnt; jener Machthaber, der die Sicherheit des Staates lenkte,<br />
wird als kleine ulkige Mumie mit Hut ins Licht gesetzt. Aber auf der Seite der<br />
Regierten fehlte es auch an MÄNNERN, es fanden sich nur angesoffene<br />
Schwächlinge und der gut genährte Feigling. In dieser Ansammlung eines passiven<br />
Unten, sozusagen der Basis, auf dessen Fett sich das Oben entwickeln<br />
konnte, spielten noch einige unbewaffnete Kinder vom Neuen Forum, die nicht<br />
nur ohne Waffen, sondern zudem noch geschwächt von Krankheiten waren,<br />
befallen von der Schwindsucht der DDR-Gegenkultur; diesen Kindern - so die<br />
Analyse - fehlte die barbarische Substanz, die blinde Wut. Weswegen sie zu vielen<br />
kleinen Oskar Matzeraths mit sozialistischem Antlitz ver-dichtet werden. Sie<br />
wollten nicht wachsen, weil zum Männer-Wachstum das Barbarentum und die<br />
Blindheit gehören.<br />
Wir im Westland können uns freuen, zumindest nicht von verweiblichten Intellektuellen<br />
regiert zu werden, nicht z.B. von dem akademisch verblödeten smalltalk<br />
Professor UVlter Jens. Alle deutschen Männer aus allen deutschen Zeiten<br />
(z.B. 1945 und 1989) vereinigen sich aber in ihrem starken und eindeutigen Verhältnis<br />
zur deutschen Laterne: der Deutsche denkt bei dem UVrt Laterne an<br />
seinen Köter und vielleicht an ein Soldatenliebchen vor dem Kasernentor.<br />
Der deutsche Mann der Zukunft, gegen seine eigene Vergangenheit angehend,<br />
sollte sich u.a. folgendes Verhalten zulegen: Parasiten verprügeln, anderen die<br />
Augen ausschlagen oder Zähne, bei Laternen an das Aufhängen anderer denken,<br />
den angeschlagenen Feinden den Tod an den Hals wünschen (aber nicht alle<br />
umbringen), das Pack aufhängen, sich selbst zum Pöbel machen, wenn andere<br />
Menschenverächter töten, sie umarmen, nicht um zu hindern, sondern aus Dankbarkeit,<br />
zum Selbstmord aufrufen. Die »anderen« sind die »Machthaber« der<br />
DDR: vom L Sekretär his zum ahertausendsten IM der Stasi.<br />
* * *<br />
* Alles kursiv Gedruckte stammt aus dem Artikel »a la lanterne' a la lanterne'" von Wolf Biermann,<br />
in: Der Spiegel 39, 1992.<br />
DAS ARGUMENT 19811993 C[:)