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Krieg! AIDS! Katastrophen! - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Besprechungen<br />

Philosophie<br />

Lefkowitz, Mary R.: Die Töchter des Zeus. Frauen im alten Griechenland. Aus<br />

dem Englischen von Holger Fliessbach [Women in Greek Myth, 1986]. C.H. Beck<br />

Verlag, München 1992 (192 S., br., 34,- DM)<br />

Sklavenarbeit und Frauenunterdrückung als Strukturmerkmale der antiken Polis<br />

sind immer wieder (besonders schrill von Nietzsche) zur Rechtfertigung von Herrschaft<br />

herangezogen worden, während die Linke dieser Linie die Legitimität<br />

abspricht. Die amerikanische Altertumswissenschaftlerin versucht nun, die aufs alte<br />

Griechenland zielende Patriarchats kritik dadurch zu entschärfen, daß sie - gegen<br />

neuere feministische Darstellungen - zeigen möchte, daß das »bedeutendste Vermächtnis<br />

der Griechen, ... ihre Mythologie« (9), eine »relativ ausgewogene Sichtweise<br />

der weiblichen Fähigkeiten« (10) enthält. Wo andere Interpreten »sexuelle oder<br />

soziale Fragen betonen«, will sie sich ans »erkenntnis<strong>kritische</strong> oder ethische« Wort<br />

der Dichter halten (12). Inhaltlich konzentriert sie sich »auf die Aspekte weiblicher<br />

Erfahrung ... , die in der gegenwärtigen Literatur am häufigsten mißverstanden werden«<br />

(15): Matriarchat, Amazonen; Frauen untereinander, in der Ehe, in der Politik;<br />

schließlich Märtyrertum von Frauen und Misogynie. Zu diesen Komplexen trägt sie<br />

reichhaltiges Material vor allem aus der Dramenliteratur, aber auch aus anderen einschlägigen<br />

Quellen zusammen.<br />

Befund: Regelelemente bei der Darstellung weiblicher Personen sind die Trennung<br />

von der Familie durch Heirat sowie die (hochgeachtete) Mutterschaft;<br />

gerühmte Ausnahme ist die moralische Selbstaufopferung; die von Frauen drohende<br />

Gefahr besteht vor allem in der Täuschung eines Mannes. Nirgends beschreiben die<br />

Mythen »die Möglichkeit einer wirklichen Unabhängigkeit der Frau« (162). Der<br />

griechische Mythos berichtet von keinen zivilisierten. sondern einzig von barbarischen<br />

Gesellschaften (Amazonen. Lykier), in denen Frauen herrschten (ebd.).<br />

Warum diese Aus- bzw. Einschließung der Frauen? Feministische Autorinnen wie<br />

E.C. Keuls (»The Reign of the Phallus«, New York 1985) und M. French (»Jenseits<br />

der Macht. Frauen, Männer und Moral«, Reinbek 1985) sehen bewußte männliche<br />

Repression aus Angst vor weiblicher Gewalt am Werke und stützen sich dabei auf<br />

Erzählungen wie die von den Töchtern des Danaos, die in der Hochzeitsnacht ihre<br />

Männer umbrachten. Dagegen betont die Autorin. »daß bei Aischy10s keine patriarchalische<br />

Repression oder Gesellschaftsschichtung be<strong>für</strong>wortet oder auch nur<br />

beschrieben wird« (163). Statt dessen sieht sie die griechischen Männer bemüht, die<br />

Frauen »im Gegenteil zu beschützen« (ebd.) - »in einer Gesellschaft ohne Polizei<br />

und Gerichte« (79) -, ohne daß sie den Herrschaftscharakter dieses Schutzes analysiert.<br />

Hochschätzung der Frauen sieht sie auch darin ausgedrückt, daß der trojanische<br />

<strong>Krieg</strong> »um eine Frau geführt wurde«, und daß Homer erzählt, wie die gealtert<br />

nach Sparta zurückgebrachte He1ena »dort friedlich und glücklich in ihrer angestammten<br />

Rolle aufgeht« (164). Ihr »Geschick, traditionelle Argumente aufzufahren«,<br />

rettet Helena in den Troerinnen vor dem Zorn des Mene1aos (166). Hieran<br />

schließt sich der let7te Satz des Buches: »Was Frauen in den Augen der Griechen<br />

reizvoll und gefährlich zugleich macht, ist ... nicht ihre Schönheit oder ihre Sexualität,<br />

sondern ihre Klugheit.« (Ebd.)<br />

Der musternde Blick auf antike Frauenformen stößt auch auf Philosophinnen, deren<br />

ganz wenige über die Jahrhunderte verstreuten Gestalten »meist ... mit männlichen<br />

271<br />

DAS ARGUMENT 198/1993 es:;

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