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Der geometrische Stil.

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A. Altorieiitalisches.<br />

Hypothese, die darin den Nachklang einer ursprünglich üblichen Ver-<br />

kleidung des Säulenkerns mit festlichen Lotusgewinden zu erblicken<br />

meint, ist zu weit hergeholt und aus dem Gesammtcharakter dieser<br />

Kunst kaum zu rechtfertigen. Das Wahrscheinlichste ist vielmehr, dass<br />

der Verwendung des Lotusmotivs als Kapital eine sehr primitive<br />

künstlerische Empfindung — etwa wie das Postulat der Symmetrie,<br />

wenn auch ein minder gebieterisches — zu Grunde lag, die den Alt-<br />

egyptern, wie allenthalben die Denkmäler lehren, ausserordentlich mass-<br />

gebend erschienen sein muss: nämlich jene Empfindung, die eine<br />

künstlerische Behandlung der freien Endigung verlangt. Ueberall dort,<br />

wo ein wichtigerer Gegenstand, namentlich von überwiegender Längen-<br />

ausdehnung (z. B. eine Stange) in eine Spitze ausläuft, verlangte der<br />

altegyptische Kunstsinn eine ornamentale Betonung dieses Auslaufens,<br />

Endigens. Besonders zwingend war das Postulat dort, wo es sich um<br />

ein Auslaufen nach oben, um eine Bekrönung handelte ; in diesem Falle<br />

musste selbst die wagreclite, in überwiegender Breitenrichtung ver-<br />

laufende Mauerwand sich einen deutlichen Krönungsschmuck, die<br />

bekannte egyptisclie Hohlkehle gefallen lassen. 17 )<br />

Um nun die Endigung, Bekrönung zum künstlerischen Ausdrucke<br />

zu bringen, gab es verschiedene Mittel. Wie der menschliche Körper<br />

vom Kopfe bekrönt ist, so wird in der egyptisehen und mesopotamischen<br />

Kunst der Thierkopf nicht selten zur Bekrönung von Möbelpfosten ver-<br />

wendet. ,8 ) Das weitaus gebräuchlichste Motiv zur Bezeichnung der freien<br />

Endigung war aber allezeit, soweit wir die altegyptische Kunst zurück<br />

zu verfolgen im Stande sind, die Lotusblüthe. In Lotusblüthen laufen<br />

die Maschen der geknoteten Diadembinden 19 ) aus, in sogen. Papyrus<br />

17 ) Auf so platt-rationalistischem Wege, wie Sybel (a. a. O. S. 5) sich die<br />

Entstehung der egyptisehen Hohlkehle denkt — durch Umbiegung der<br />

krönenden Rohrstababschnitte in Folge ihrer Belastung durch einen aufliegenden<br />

Balken in der uregvptischen Holzarchitektur — pflegen Ornamente<br />

doch wohl nicht zu entstehen. <strong>Der</strong> egyptisehen Hohlkehle liegt vielmehr<br />

derselbe Gedanke der Bekrönung zu Grunde, wie z. B. dem völlig analogen<br />

Kopfschmuck einer Göttin (Prisse, a. a. 0. La déesse Anouke et Ramses II).<br />

Als vorbildlich für letzteren möchte ich wiederum den kranzförmigen Federnkopfschmuck<br />

ansehen, den z. B. die Aethiopier tragen bei Prisse, Arrivée à<br />

Thèbes d'une princesse d'Ethiopie.<br />

18 ) Parallelen dazu zeigen schon in den ältesten Gräbern von Memphis die<br />

Stuhlf'üsse, die in Hufe oder in Löwentatzen auslaufen, wodurch offenbar die<br />

besondere Funktion dieser nicht frei sondern stumpf auf dem Boden endigenden<br />

Glieder betont werden sollte.<br />

19 ) Z. B. Lepsius Denkmäler II. 73.<br />

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