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Der geometrische Stil.

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42 Die Anfänge des Pflanzenornaments etc.<br />

Soviel aber die bisher gemachten Funde aus prähistorischer Zeit<br />

erkennen lassen, hat sich der Mensch — entgegen dem Erwarten, das<br />

Avir an das oben Gesagte zu knüpfen berechtigt wären — früher in der<br />

Nachbildung von Thieren als in derjenigen von Pflanzen versucht. So<br />

hat man auf den in den Höhlen der Dordogne gefundenen skulpirten<br />

Rennthierknochen, neben der so stattlichen Anzahl animalischer Bild-<br />

werke, bloss ein einziges Mal (Fig. 6) Motive gefunden, die man um<br />

ihrer rosettenartigen Form willen für die Copie einer Blume halten<br />

Fig. 6.<br />

Rennthierknochen<br />

mit gravirten<br />

Blumen (?).<br />

La Madeleine.<br />

könnte 1 ). Ähnliche Beobachtungen hat man auf dem Ge-<br />

biete der Ethnologie der heutigen Naturvölker gemacht.<br />

Überall geht das <strong>geometrische</strong> Ornament und das Thier-<br />

bild der Darstellung von Pflanzen voraus. Ganze, ver-<br />

hältnissmüssig hoch ausgebildete Ornamentiken, wie z. B.<br />

die inkaperuanisehe, scheinen des Pflanzenbildes voll-<br />

ständig zu entbehren. Die Erklärung dieser Erscheinung<br />

^Verden wir wohl in dem Umstände zu suchen haben,<br />

dass die bewegliche, scheinbar mit freiem Willen ausge-<br />

stattete Thierwelt in weit höherem Grade als die Pflan-<br />

zenwelt die Aufmerksamkeit des Menschen erregt haben<br />

mochte. Thiere und nicht Pflanzen spielen im Fetischis-<br />

mus die Hauptrolle, wie noch die altegypische Götter-<br />

mythologie in ihren den Thierkult betreffenden rudimen-<br />

tären Theilen deutlich beweist. Und ähnlich ist ja das<br />

Verhältniss des Menschen zu Thier und Pflanze in der<br />

Kunst allezeit auch späterhin geblieben. Die perspekti-<br />

vische Durchbildung wurde früher an Menschen und<br />

Thieren, als an den Pflanzen erprobt, die Blume blieb<br />

am längsten „Flachornament" und die „Landschaft" ist<br />

weit später nicht bloss als die religiöse und Historien-<br />

malerei, sondern auch als Porträt und Genre. Es ist also wohl ein-<br />

mal das geringere Interesse, das der Mensch an der scheinbar be-<br />

') Wäre nicht die angesichts der Zeit- und Kulturumstände verblüffende<br />

Leistungsfähigkeit der Troglodytenkunst, so dürfte man auch auf die Schwierigkeit<br />

hinweisen, die das Nachbilden der reich gegliederten Pflanzen in<br />

Skulptur gegenüber den weit minder gegliederten Thierkörpern mit sich brachte.<br />

Die älteste Kunsttechnik war aber gemäss unseren Ausführungen im ersten<br />

Capitel S. 20 die Skulptur. Bildete diese nun Thierfiguren, so konnte dies<br />

immerhin auf die nachfolgenden, in der Fläche bildenden Künste bereits von<br />

traditioneller, also das Pflanzenbild zunächst ausschliessender Wirkung sein.<br />

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