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Der geometrische Stil.

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39 <strong>Der</strong> Wappenstil.<br />

Das Muster ist fast in allem Wesentlichen symmetrisch angeordnet : die<br />

Figuren in der oberen Hälfte zu beiden Seiten einer trennenden drei-<br />

blättrigen Blume, darunter die zwei Nachen mit je zwei Fischern, so-<br />

wie die Fische und Blattpflanzen im Wasser. Und doch war durch<br />

die Technik, in welcher dieser Einsatz gearbeitet ist, keine Veranlas-<br />

sung gegeben zu solch symmetrischer Gestaltung. Wie schon die an<br />

der Abbildung deutlich wahrnehmbare Ripsbindung verrätli, handelte<br />

es sich hiebei nicht um eine Seidenkunstweberei, die ein. Interesse<br />

daran gehabt hätte, die gleichen Tritte und Schäfte bald wiederkehren<br />

zu sehen, sondern um eine höchst einfache Hand wirk er ei, die auf keine<br />

technischen Abkürzungen ausgeht, weil sie dieselben gar nicht brauchen<br />

kann. Die symmetrische Kunstform als solche war also gegeben und<br />

in der Textiltechnik angewendet, nicht umgekehrt. Symmetrisch ver-<br />

zierte Einsätze in Wirkerei sind auch sonst nicht selten unter den ge-<br />

nannten Funden 12 ).<br />

Was zwingt uns denn überhaupt, das Verhältniss umzukehren<br />

und mit Curtius und Anderen den Wappenstil aus der Technik der<br />

Kunstweberei abzuleiten? Das dem Schema zu Grunde liegende Ge-<br />

setz der Symmetrie war doch den Menschen längst bekannt und von<br />

ihnen im Kunstschaffen beobachtet, bevor die Assyrer ihre grosse<br />

orientalische Monarchie aufgerichtet haben. Wie wir im vorigen Capitel<br />

gesehen haben, übten es bereits die Tro^lodyten; der ganze <strong>geometrische</strong><br />

<strong>Stil</strong> ist nichts anderes als abstrakter Rhythmus und abstrakte Symme-<br />

trie. Sobald die Pflanze in die Ornamentik eingeführt wird, geht das<br />

ganze Bestreben dahin ihre Erscheinung symmetrisch zu gestalten. Als<br />

Resultat dieses Bestrebens werden wir im folgenden Capitel die sym-<br />

metrische Seitenansicht im Lotus, die symmetrische Vollansicht in der<br />

Rosette, eine dritte Art der Projektion, die man etwa als halbe Voll-<br />

ansicht bezeichnen könnte, in der nicht minder symmetrischen Pal-<br />

mette kennen lernen. Wie steht es nun mit der symmetrischen Dar-<br />

stellung der animalischen Wesen? Die Vorderansicht ist zwar bei<br />

Menschen und Thieren symmetrisch gestaltet, aber diese Vorderansicht<br />

ist für's Erste, wenigstens was die Thiere betrifft, die minder charak-<br />

teristische, aann bot ihre Wiedergabe in der Fläche dem primitiven<br />

Künstler wegen der obwaltenden Verkürzungen allzu viele Schwierig-<br />

keiten. Man wählte daher die charakteristischere und annähernd in einer<br />

Fläche verlaufende Seitenansicht, die aber der Svmmetrie entbehrte. Um<br />

«) Bucher, Gesch. der techn. Künste II, Fig. 356, 357.<br />

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