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Der geometrische Stil.

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<strong>Der</strong> Wappenstil.<br />

schung der freien Bindungen, beliebig konturirte Figuren wiederzugeben :<br />

denn nur eine solche bis zu einem gewissen Grade mechanische Art<br />

der Weberei bedarf der symmetrischen Wiederholung der einzelnen<br />

Figuren, wie sie Curtius 7 ) ganz richtig an den sassanidischen Seiden-<br />

stoffen beobachtet hat.<br />

Curtius' Vermuthung hinsichtlich der Assyrer stützt sich auf die<br />

Wahrnehmung, dass auf den in Steinrelief dargestellten Gewändern<br />

einiger Könige, insbesondere des Assurnasirpal zu Nimrud, sich Bor-<br />

düren finden, in denen die wappenartigen Gruppen von paarweisen<br />

Thieren (Fig. 4), Menschen, Fabelwesen sich fortwährend wiederholen,<br />

nach einem Schema wie es in der That auch an sassanidischen Seiden-<br />

stoffen zu sehen ist. Curtius glaubte daraus sofort auf Seiden -Kunst-<br />

webereien, als unmittelbare autoclithone Vorbilder schliessen zu dürfen.<br />

Semper, der diese wandverkleidenden Reliefs der assyrischen Königs-<br />

paläste gleichfalls mit steinernen Tapeten identificirt hat, drückte sich<br />

aber in Bezug auf die technische Erklärung der im Wappenstil gehal-<br />

tenen Thiere weit vorsichtiger aus. Als Techniker mochte er wahr-<br />

scheinlich das Gewagte einer Behauptung wie derjenigen Curtius' ein-<br />

gesehen haben; er erblickte darin nicht Kunstwebereien, sondern<br />

Stickereien 8 ), was an und für sich viel mehr Wahrscheinlichkeit bean-<br />

spruchen darf, da die technische Ausführung in diesem Falle weit ge-<br />

ringere Schwierigkeiten bereitet hätte.<br />

Die Hypothese von der Entstehung des Wappenstils aus einer alt-<br />

assyrischen Kunstweberei wird aber noch unhaltbarer, sobald wir das-<br />

jenige in Betracht ziehen, was wir in den letzten Jahren über das<br />

Wesen der Textilkunst im Alterthum in Erfahrung gebracht haben.<br />

Als die weitaus maassgebendste Technik hat sich die Wirkerei (Gobelin-<br />

technik) herausgestellt 9 ). Gewirkte Einsätze mit Figuren in genau der-<br />

selben wappenartigen Symmetrie, aber von Klassischer Formgebung,<br />

sind unter den egyptischen Gräberfunden aus spätantiker und früh-<br />

mittelalterlicher Zeit (Fig. 5) zahlreich an den Tag gekommen. Da-<br />

gegen befand sich die Seidenkunstweberei denselben Funden zufolge<br />

in spätantiker Zeit noch auf einer ziemlich niedrigen Stufe der Ent-<br />

wicklung. Essenwein berichtet über einen der in's Germanische Museum<br />

gelangten spätantiken Seidenstoffe folgendermaassen : „Man sieht deut-<br />

7 ) Wie ich erfahre, unter A. Pabst's (Cöln) kundiger Anleitung.<br />

8 ) <strong>Stil</strong> I. 325.<br />

9 ) In dieser Technik sind auch aller Wahrscheinlichkeit nach die wappenartigen<br />

Thiere auf den assyrischen Königsgewändern ausgeführt gewesen. .<br />

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