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Der geometrische Stil.

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<strong>Der</strong> <strong>geometrische</strong> <strong>Stil</strong>. 31<br />

Stellungen gleich denjenigen auf den Dipylonvasen oder auf gewissen<br />

Kunsterzeugnissen der Naturvölker, ohne weiteres als rudimentäre<br />

Überbleibsel eines vermeintlichen <strong>geometrische</strong>n (textil-technischen)<br />

Urstils erklärt. Die geometrisirten animalischen Figuren sind vielmehr<br />

nicht minder wie die rein <strong>geometrische</strong>n Configurationen das Ergebniss<br />

eines keineswegs mehr primitiven, sondern bereits eines über die erste<br />

Stufe hinaus fortgeschrittenen künstlerischen Entwicklungsprocesses.<br />

Ein doppelt vorgeschrittenes Stadium der Entwicklung muss vor-<br />

ausgesetzt werden für den Augenblick, da man anscheinend geometri-<br />

sche Configurationen bereits zu symbolischen Zwecken verwendete.<br />

Bei dem sinnlichen Charakter aller primitiven Naturreligionen darf mit<br />

Gewissheit angenommen werden, dass mit jenen Symbolen (z. B. mit<br />

dem Hakenkreuz) ursprünglich die Vorstellung eines vorbildlichen<br />

realen Naturwesens verknüpft gewesen ist. Die Geometrisirung der in<br />

der Kunst nachgebildeten Naturformen muss daher schon zeitlich vor-<br />

aufgegangen sein. In diesem Lichte betrachtet, mag der Symbolismus<br />

ursprünglich nichts anderes gewesen sein als der Fetischismus: während<br />

aber die Objekte dieses letzteren entweder selbst reale Naturformen<br />

sind, oder, w r enn im todten Material gebildet, den Bezug auf reale<br />

Naturformen noch deutlich erkennen lassen, erscheint an den Sym-<br />

bolen die letztere Bezugnahme sehr häufig durch die <strong>geometrische</strong><br />

<strong>Stil</strong>isirung bis zur Unkenntlichkeit verwischt. Es ist deshalb eine der<br />

schwierigsten Aufgaben, die Grenzen zwischen Ornament und Symbol<br />

auseinander zu halten; nach dieser — bisher wenig und fast aus-<br />

schliesslich vom Dilettantismus verfolgten — Richtung steht dem mensch-<br />

lichen Scharfsinn noch ein überreiches Feld zur Bebauung offen, von<br />

dem es heute sehr zweifelhaft scheint, ob es jemals gelingen wird, das-<br />

selbe in halbwegs befriedigender Weise zu bestellen 13 ).<br />

Nach dieser Digression in die dunkle Zwischenzeit, die zwischen<br />

der Erschaffung der <strong>geometrische</strong>n Verzierungsformen (Kunststufe der<br />

Troglodyten) und zwischen der rafîïnirten Verwendung dieser Formen<br />

in den vorgriechischen <strong>Stil</strong>en liegt, kehren wir wieder zu unserem<br />

Hauptgegenstande zurück. Was also die beiden bisher in allgemeiner<br />

Geltung gestandenen Lehrsätze vom <strong>geometrische</strong>n <strong>Stil</strong> betrifft, so<br />

können wir den zweiten, der die Motive dieses <strong>Stil</strong>s wenigstens zum<br />

überwiegenden Theile aus den textilen Techniken des Flechtens und<br />

13 ) Beachtenswerthe Anläufe hiezu erscheinen u. a. gemacht in der Schrift<br />

von A. R. Hein über „Mäander, Kreuze, Hakenkreuze und urmotivische Wirbelornamente<br />

in Amerika (Wien 1891).<br />

http://rcin.org.pl<br />

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