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Der geometrische Stil.

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29 <strong>Der</strong> g-eometvische <strong>Stil</strong>.<br />

nackig, bis auf den heutigen Tag, erhalten haben. Zweifellos weil<br />

diese Muster den textilen Techniken am besten entsprechen, oder besser<br />

gesagt, weil es diesen Techniken schwerer als anderen fällt, über die<br />

eckig gebrochenen linearen Muster hinauszugehen. Dass es nament-<br />

lich in der Weberei schliesslich doch gelungen ist, leidlich abgerun-<br />

dete Configurationen zu Stande zu bringen, ist bekannt: das mensch-<br />

liche Kunstwollen erscheint eben von Anbeginn unablässig darauf<br />

gerichtet die technischen Schranken zu brechen. Aber daneben blieb,<br />

namentlich für geringere Waare das mit leichterer Mühe zu erreichende<br />

<strong>geometrische</strong> Muster fortdauernd in Gebrauch. Man nehme nur die<br />

spätantiken Wirkereien aus Egypten. Es giebt keine Rundung die man<br />

daran nicht ausgeführt fände, aber in Säumen und einfacheren Bordüren,<br />

also an Theilen, die nicht in's Auge fallen, .sondern nur zur Trennung<br />

oder neutralen Einfassung dienen sollten, begegnen uns fortwährend<br />

die Gamma- Tau- und anderweitige <strong>geometrische</strong> Muster, gewiss nicht<br />

infolge einer Reminiscenz an einstige textile Urmotive, sondern weil<br />

es eben die am leichtesten und einfachsten darstellbaren Motive waren.<br />

Die „<strong>geometrische</strong>n" Motive, soweit sie geradlinig nach den Regeln<br />

des Rhythmus und der Symmetrie zusammengesetzt sind, erscheinen in<br />

der That einer mit einfachen Mitteln arbeitenden Textilkunst als die<br />

angemessensten. Daraus folgt aber bei weitem noch nicht, dass die be-<br />

treffenden Muster ursprünglich nur einer textilen Technik eigentüm-<br />

lich und von dieser sozusagen geboren waren. Niemand vermag heute<br />

zu Sagen, ob die ältesten Linienornamente, wie wir sie etwa auf den<br />

Geräthen der aquitanisclien Höhlenbewohner vor Augen haben, zuerst<br />

in Knochen geritzt, in Holz- oder Fruchtschalen geschnitten oder in die<br />

Haut tätowirt worden sind.<br />

Entgegen der bisherigen Anschauung vermag ich gar nichts so<br />

Unnatürliches darin zu erblicken, dass auf die figuralen Schnitzereien<br />

und Gravirungen der Steinzeit die <strong>geometrische</strong>n Verzierungen der sogen.<br />

Bronzezeit gefolgt sein sollen 12 ). Nachdem man einmal zur Kenntniss der<br />

12 ) Einen analogen Vorgang glaubt Hjalmar Stolpe in der Ornamentik<br />

gewisser polynesischer Inselvölker festgestellt zu haben: zuerst Nachbildung<br />

der menschlichen Figur in Holz mittels Kerbschnitts, zunehmende <strong>Stil</strong>isirung<br />

derselben, endlich Verwendung einzelner zu <strong>geometrische</strong>n Lineamenten gewordener<br />

Glieder dieser Figuren zur selbständigen Vervielfältigung und<br />

rhythmischen Reihung. <strong>Der</strong> bezügliche Aufsatz erschien zuerst in der Schwedischen<br />

Zeitschrift „Ymer" und in deutscher Uebersetzung in den Mittheil, der<br />

Wiener Anthropologischen Gesellsch. Jahrg. 1892 Heft 1 und 2. <strong>Der</strong> Vorgang<br />

Stolpe s, einzelne begrenzte ornamentale Gebiete zur Bearbeitung vorzunehmen<br />

Riegl, <strong>Stil</strong>fragen. 4<br />

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