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Der geometrische Stil.

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24 <strong>Der</strong> <strong>geometrische</strong> <strong>Stil</strong>.<br />

* .<br />

primitiven .menschlichen Kunstschaffenstriebes ergeben. Wie kam man<br />

nun auf die Erfindung dieser „Muster"? Die Halm- und Fadenkreu-<br />

zungen derTextilkunst, die angeblich hätten ein Vorbild abgeben können,<br />

waren den Leuten augenscheinlich noch unbekannt. Es ist aber gar<br />

nicht einzusehen, warum man derselben zu dem Zwecke überhaupt<br />

bedurft hätte. Wie die Troglodyten zur Erfindung der Linie als des<br />

Elementes aller Flächenzeichnung und Flächenverzierung von der<br />

Plastik her gelangt sein mochten, haben wir ja oben gesehen. Es ist<br />

dies offenbar im natürlichen Verlaufe eines überwiegend künstlerischen<br />

Processes geschehen. Das Element der Linie also kannten die Höhlen-<br />

menschen bereits; es bedurfte nur der Zusammenstellung derselben<br />

nach den Kegeln des Rhythmus und der Symmetrie die beide, wie w r ir<br />

gleichfalls gesehen haben, den Troglodyten nicht minder bekannt und<br />

vertraut waren. Wer Bärenzähne zum Schmucke neben einander reiht,<br />

wird dasselbe mit gravirten Linien zu Stande bringen. <strong>Der</strong> <strong>geometrische</strong><br />

<strong>Stil</strong> bei den Troglodyten Aquitaniens erscheint hienach nicht als<br />

materielles Produkt einer handwerklichen Technik, sondern als reine<br />

Frucht eines elementaren künstlerischen Schmückungstriebes.<br />

Die gesammte Kunstgeschichte stellt sich ja dar als ein fortge-<br />

setztes Ringen mit der Materie; nicht das Werkzeug, die Technik ist<br />

dabei das Prius, sondern der kunstschäffende Gedanke, der sein Ge-<br />

staltungsgebiet erweitern, seine Bildungsfähigkeit steigern will. Warum<br />

soll dieses Verhältniss, das die gesammte Kunstgeschichte durchzieht,<br />

nicht auch für ihre Anfänge gelten?<br />

Was wir also über das Kunstschaffen der ältesten, in ihren Kultur-<br />

überresten uns bekannt gewordenen, anscheinend noch auf halbkanni-<br />

balischer Entwicklungsstufe gestandenen Völker wissen, das zwingt uns<br />

nicht bloss in keiner Weise, eine technisch-materielle Entstehung der<br />

Künste und insbesondere der Zierformen des <strong>geometrische</strong>n <strong>Stil</strong>s an-<br />

zunehmen, sondern es widerstreitet sogar direkt einer solchen Annahme.<br />

Angesichts dieses Resultates dürfen wir es wohl unterlassen, uns<br />

im Wege spekulativer Erwägung den Process veranschaulichen zu<br />

trachten, wie denn etwa doch das eine oder andere <strong>geometrische</strong> Motiv<br />

mittels einer Textiltechnik spontan hervorgebracht und zur Übertragung<br />

auf anderes Material mittels einer anderen Technik bereitgestellt worden<br />

sein konnte. Dass zur Erklärung der Entstehung aller <strong>geometrische</strong>n<br />

Ornamente die textilen Techniken allein nicht ausreichen, wurde schon<br />

mehrfach eingesehen, und man hat zu dem Behufe auch andere Tech-<br />

niken, insbesondere die einer verhältnissmässig vorgeschrittenen Kultur-<br />

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