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Der geometrische Stil.

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19 <strong>Der</strong> g-eometvische <strong>Stil</strong>.<br />

von der technisch-materiellen Entstehung der Künste in Einklang zu<br />

bringen, das beobachtete hartnäckige <strong>Stil</strong>lschweigen über diesen Gegen-<br />

stand verschuldet hätte. Man betrachtete vielmehr diese Dinge offenbar<br />

als eine isolirte bizarre Erscheinung, mit welcher man vorläufig nichts<br />

anzufangen wusste, und für die sich vielleicht mit der Zeit und mit<br />

fortschreitenden Ausgrabungen eine befriedigende Formel finden lassen<br />

würde. Wir, denen Bedenken an der Allgemeingiltigkeit der Theorie<br />

von der technisch-materiellen Entstehung der Künste von anderer Seite<br />

her gekommen sind, haben alle Ursache, uns mit den bezüglichen<br />

frühesten aller bisher aufgefundenen menschlichen Kunsterzeugnisse<br />

näher vertraut zu machen. Wenn selbst ein so umsichtiger und das<br />

Gebiet ornamentaler Erscheinungen allseitig überblickender Forscher<br />

wie Sophus Müller sagen konnte: „eine Erklärung der paläolithischen<br />

Kunst wird sich wegen des spärlichen Materials nie über unsichere<br />

Hypothesen erheben können" 6 ), so haben wir darauf die Erwiderung,<br />

dass uns da wenigstens ein Material überhaupt vorliegt, und wäre es<br />

ein noch spärlicheres als es in der That ist, wogegen die beliebten<br />

technischen Ableitungen der Urmotive vollständig in der Luft hängen,<br />

da doch das Material, auf welches sie sich zu stützen vermöchten,<br />

nicht entfernt in jene Zeit zurückreicht, in welcher sich die Entstehung<br />

der „Urmotive" vollzogen haben muss. Welcher Art sind nun die von<br />

den halbkannibalischen Troglodyten Aquitaniens hinterlassenen Kunst-<br />

erzeugnisse gewesen?<br />

Den besten und bequemsten Überblick über dieselben gewinnt<br />

man dermalen im Musée des antiquités nationales im alten Schlosse von<br />

Saint Germain en Laye, wo sie sich, sei es in Originalien, sei es in Ab-<br />

güssen, fast vollständig zusammengestellt finden. Material ist fast aus-<br />

schliesslich der Thierknochen, und zwar überwiegend Rennthierknochen,<br />

die Technik Schnitzerei oder Gravirung. Da ist es nun überaus lehr-<br />

reich zu beobachten, in welchem Verhältnisse die beiden Techniken,<br />

Schnitzerei und Gravirung, an diesen ältesten aller bisher gefundenen<br />

Kunstdenkmäler der Menschheit zu einander stehen. Sehr häufig be-<br />

gegnet uns das volle Rundwerk, z. B. ein Rennthier als Griff einer<br />

Waffe, etwa eines Dolches (Fig. I) 7 ). Das gleiche Motiv kehrt sogar öfter<br />

6 ) Thierornamentik im Norden 177.<br />

7 ) Die grösste Beachtung verdient hiebei die wohlüberlegte und doch<br />

nicht gegen die Natürlichkeit verstossende Art, in welcher die Extremitäten<br />

des Thieres an den Rumpf angelegt erscheinen; das Stück ist übrigens nach<br />

Lartet in unvollendetem Zustande geblieben.<br />

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