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Der geometrische Stil.

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<strong>Der</strong> <strong>geometrische</strong> <strong>Stil</strong>. 15<br />

gestellter Annahme der neuesten Forscher auf diesem Gebiete etwa in<br />

die jüngere Hälfte des zweiten Jahrtausends v. Ch. zu setzen. Wir gelangen<br />

also mit den geritzten <strong>geometrische</strong>n Verzierungen von Cypern und<br />

Hissarlik gewiss nicht weit in das dritte Jahrtausend v. Chr. zurück. Ist<br />

dies ein Zeitalter, in das wir am Mittelmeere die erste Erfindung des<br />

Musters herabrücken dürfen? Hat nicht schon mindestens ein Jahr-<br />

tausend früher im Nilthale eine Kunst geblüht, die weit über das geo-<br />

metrische Stadium hinaus gediehen war? Es ist eine ganz willkürliche,<br />

durch nichts bewiesene Annahme, dass die <strong>geometrische</strong>n Verzierungen<br />

auf den bisher gefundenen mittelländischen Thonscherben auf diese<br />

letzteren von den Erzeugnissen der Textilkunst übertragen worden<br />

seien. Ein Material, das auch nur entfernt an jene Zeiten heranreichen<br />

würde, in denen das erste Muster in die Welt gekommen ist, steht uns<br />

— etwa mit einziger Ausnahme der noch zu besprechenden Höhlenfunde<br />

aus der "Dordogne — heute nirgends zur Verfügung. Man kann an die<br />

Theorie von der Textiltechnik als der ältesten musterbildenden Technik<br />

glauben, aber das keramische Material aus den Mittelmeerländern darf<br />

man nicht zur Illustration und zum Beweise jener Theorie heranziehen.<br />

Gehen die betreffenden Vasenornamente in der That auf technische<br />

Textilprodukte zurück, so hat sich der bezügliche Process gewiss schon<br />

Jahrtausende früher vollzogen, als die hiehergehörigen Vasen entstan-<br />

den sind.<br />

Freilich, herrscht ein grosser Unterschied in der Kulturfähigkeit<br />

der Völker, — ein Unterschied der nur zu einem Theile von den<br />

äusseren Verhältnissen (klimatischen, geographischen u. dgl.) unter denen<br />

sie leben, bedingt ist. Aber auf der Insel Cypern etwa um 2000 oder<br />

selbst um 3000 v. Chr. ein Volk zu suchen, dass bis dahin kein Muster<br />

gesehen hätte oder an einem gesehenen achtlos vorübergegangen wäre<br />

und nunmehr erst sich spontan zur Erschaffung von Flächenmustern<br />

aufgerafft hätte, wird marL sich ebensowenig entschliessen können, als<br />

man die in den assyrischen Trümmerstätten oder in Jerusalem ge-<br />

fundenen Vasen mit <strong>geometrische</strong>n Ornamenten, deren Entstehung doch<br />

in die Zeit höchster orientalischer Kunstblüthe fällt, als unmittelbare<br />

Uebertragungen aus der Textilkunst aufzufassen vermag. Noch weniger<br />

als die geometrisch verzierten Vasenscherben aus den Mittelmeerländern<br />

wird man die ähnlich ausgestatteten Thon- und Metallfunde aus der<br />

nord- und mitteleuropäischen Bronzezeit als Zeugnisse einer unmittel-<br />

baren Uebertragung der Linienornamente von Textilgegenständen auf<br />

anderes Material ansehen dürfen, da diese Funde gemäss der sich immer<br />

http://rcin.org.pl<br />

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