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Der geometrische Stil.

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<strong>Der</strong> g-eometvische <strong>Stil</strong>.<br />

tungen entstanden sein mochten, hat Semper, wie schon erwähnt wurde,<br />

nicht versucht, und ebensowenig seine zahlreichen Nachfolger, bis auf<br />

die in jüngster Zeit erfolgten Ausführungen Kekulé's mit denen wir<br />

uns noch im Besonderen beschäftigen werden. Das Raisonnement lautete<br />

ungefähr folgendermaassen : Im Anfange war keine Kunst, sondern bloss<br />

Handwerk (nicht in wirthschaftlichem, sondern in technischem Sinne<br />

gemeint). Das älteste Handwerk war das textile. Mit dem Zaungeflecht<br />

und dem gewebten Gewände kamen die geradlinigen planimetrischen<br />

Ziermotive in die Welt, die der Mensch dann, angezogen durch ihre<br />

formale Schönheit, auf andere Stoffe und Techniken übertrug.<br />

Das Material, mit welchem man diese Theorie zu illustriren pflegt,<br />

ist überwiegend ein keramisches, zum geringeren Theile ein metallur-<br />

gisches. Thonvasen und Yasenscherben, die man in vorhistorischen<br />

Schichten des Erdbodens fast aller Mittelmeerländer gefunden hat,<br />

tragen überwiegend Ornamente des <strong>geometrische</strong>n <strong>Stil</strong>s zur Schau.<br />

Sollen diese Ornamente in der That unmittelbare Ableitungen aus den<br />

textilen Verflechtungen und Fadenkreuzungen sein, so müsste ihre Ent-<br />

stehung in sehr, sehr frühe Zeit zurückgehen. Das Werden des Musters<br />

aus dem Flechten und Weben soll ja am Anfange alles Kunstschaffens<br />

gestanden sein. Reichen nun die keramischen Funde aus den Mittel-<br />

meerländern in der That auch nur annähernd in so frühe Zeit zurück?<br />

Von demjenigen <strong>Stil</strong>, der früher als der <strong>geometrische</strong> im engeren<br />

Sinne galt, vom Dipylon, wird jetzt niemand mehr ein höheres Alter<br />

behaupten. Ob seine Verbreiter in Griechenland — nehmen wir an die<br />

einwandernden Dorer — diesen <strong>Stil</strong> in unvordenklich früheren Zeiten<br />

aus der Textilkunst erfunden haben, mag einstweilen dahingestellt<br />

bleiben. Zweifellos ist das Dipylon des ersten Jahrtausends v. Chr.<br />

kein primitiver, sondern ein wohl überlegter, festgeschlossener, raffl-<br />

nirter Kunststil. Ein Volk, das die Metalle zu bearbeiten verstand,<br />

wird nicht erst die primitivsten Ornamente aus der primitivsten Technik<br />

erfunden haben.<br />

Aber die Ausgrabungen Schliemann's und Anderer haben uns be-<br />

lehrt, dass das Dipylon bei weitem nicht der älteste <strong>geometrische</strong> <strong>Stil</strong><br />

bei den Mittelmeervölkern gewesen ist. Als solcher gelten gegenwärtig<br />

die gravirten Linienverzierungeu auf Gefässen, die in den untersten<br />

Schichten von Hissarlik und in gewissen Nekropolen Cyperns gefunden<br />

worden sind. Wie steht es nun mit dem Alter dieser Gefässe? Gemäss<br />

den Fundberichten ist auf das Zeitalter derselben alsbald der myke-<br />

nisehe <strong>Stil</strong> gefolgt. <strong>Der</strong> mykenische <strong>Stil</strong> ist aber nach ziemlich sicher-<br />

http://rcin.org.pl

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