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Der geometrische Stil.

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13 <strong>Der</strong> g-eometvische <strong>Stil</strong>.<br />

prüfen. In diesem Capitel über den <strong>geometrische</strong>n <strong>Stil</strong> haben wir es<br />

bloss mit der Ableitung der geradlinigen <strong>geometrische</strong>n Motive aus den<br />

textilen Techniken zu thun.<br />

Auf welche Weise sollen nun die Motive des <strong>geometrische</strong>n <strong>Stil</strong>s<br />

aus den textilen Techniken hervorgegangen sein?<br />

Halten wir uns auch liiefür an Gottfried Semper, denn die Übrigen<br />

haben doch nur im Allgemeinen wiederholt, was jener noch verhältniss-<br />

mässig am deutlichsten ausgesprochen und am anschaulichsten gedacht<br />

hat. Die entscheidende Stelle findet sich im I. Bande des <strong>Stil</strong> S. 213.<br />

Nachdem er da von dem geflochtenen Zaun als ursprünglichstem ver-<br />

tikalen Raumabschluss, als der ältesten Wand gesprochen hatte, fährt<br />

er fort: „von dem Flechten der Zweige ist der Übergang zum Flechten<br />

des Bastes leicht und natürlich. Von da kam man auf die Erfindung<br />

des Webens, zuerst mit Grashalmen oder natürlichen Pflanzenfasern,<br />

hernach mit gesponnenen Fäden aus vegetabilischen oder thierischen<br />

Stoffen. Die Verschiedenheit der natürlichen Farben der Halme veran-<br />

lasste bald ihre Benutzung nach abwechselnder Ordnung und so ent-<br />

stand das Muster. 11<br />

<strong>Der</strong> letzte Satz ist für uns der entscheidende. Semper drückt sich<br />

darin zwar nicht bestimmt aus, ob er die Entstehung des Musters bereits<br />

in die Flechterei, oder erst in die von ihm als eine höhere Stufe der<br />

Entwicklung aufgefasste Weberei versetzt. Infolgedessen unterlässt er<br />

es auch seine Vorstellung von dem fraglichen Vorgange an einem kon-<br />

kreten Beispiele zu erläutern. Aber so viel geht aus seinen Worten<br />

hervor, dass er selbst die Dazwischenkunft eines nichtmateriellen Fak-<br />

V tors nicht zu läugnen vermag. „Die Verschiedenheit der natürlichen<br />

Farben der Halme veranlasste bald ihre Benutzung nach abwech-<br />

selnder Ordnung." Also nicht der reine Zufall hat das erste Muster<br />

in die Welt gesetzt, sondern der Mensch nahm eine bewusste („veran-<br />

lasste") Auswahl verschiedenfarbiger Halme vor, deren Verflechtung in<br />

rhythmischer Abwechslung („abwechselnder Ordnung") sodann zum<br />

Muster geführt hat. Es wird dem Menschen damit ausdrücklich ein<br />

kunstschöpferischer Gedanke bei dem ganzen Vorgange zugebilligt.<br />

Die Stellen in denen sich Semper zur technisch-materiellen Auffassung<br />

in direkten Widerspruch setzt, sind übrigens im <strong>Stil</strong> gar nicht so selten.<br />

Eine ganz fundamentale dieser Art, noch dazu wiederholt vorgebracht,<br />

werden wir weiter unten kennen lernen.<br />

Einen näheren Nachweis im Einzelnen, wie die gangbarsten<br />

Motive des <strong>geometrische</strong>n <strong>Stil</strong>s auf dem Wege zufälliger Fadenverftech-<br />

Riegl, <strong>Stil</strong>lragen. 3<br />

http://rcin.org.pl

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