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Der geometrische Stil.

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<strong>Der</strong> g-eometvische <strong>Stil</strong>.<br />

jüngste Zeit ein näheres Eingehen auf den ganzen Process, der von<br />

den Textiltechniken zu den <strong>geometrische</strong>n Verzierungen auf den früh-<br />

griechischen Vasen geführt haben mochte, für überflüssig gehalten<br />

wurde. Angesichts der streng wissenschaftlichen Methode, mit welcher<br />

die klassische Archäologie unserer Tage arbeitet, ist die Autoritätsgläu-<br />

bigkeit gegenüber dem in Rede stehenden Lehrsatze nur zu verstehen,<br />

wenn man den allgemeinen Zug der Zeit, die übermächtige Strömung<br />

der Geister in den letztverflossenen dreissig Jahren in Betracht zieht.<br />

Es ist die durch Lamark und Goethe angebahnte, durch Darwin zum<br />

reifen Ausdruck gelangte Art der Weltanschauung nach stoftlich-natur-<br />

wissenschaftlichen Gesichtspunkten, die auch auf dem Gebiete der Kunst-<br />

forschung schwerwiegende Folgen nach sich gezogen hat. Parallel mit<br />

der Darlegung der Entwicklung der Arten unter rein stofflichen Fort-<br />

bildungsmotiven war man bestrebt, auch für die geistige Entwicklung<br />

Л<br />

des Menschengeschlechts ursprünglich wesentlich materielle Hebel aus-<br />

findig zu machen. Die Kunst als augenscheinlich höhere Potenz einer<br />

geistigen Entwicklung konnte — so meinte man — nicht von Anbeginn<br />

vorhanden gewesen sein. Zuerst wäre die auf Erreichung rein praktischer<br />

Zwecke gerichtete Technik da gewesen, aus der sich erst mit steigender<br />

Entwicklung der Kultur die Kunst entfaltet hätte. Zu den ältesten<br />

Techniken zählte man die Flechterei und Weberei, zu den ältesten<br />

Verzierungs- oder Kunstformen die geradlinigen <strong>geometrische</strong>n Figuren.<br />

Da nun die geradlinigen <strong>geometrische</strong>n Figuren sich für die Musterung<br />

einfacher Geflechte und Gewebe aus technischen Bequemlichkeitsgründen<br />

ganz besonders eignen, lag es sozusagen in der Luft, beide Erschei-<br />

nungen in causalen Zusammenhang unter einander zu bringen und zu<br />

erklären: die geradlinigen <strong>geometrische</strong>n Figuren sind ursprünglich<br />

nicht auf dem Wege künstlerischer Erfindung, sondern durch die<br />

Technik auf dem Wege einer generatio spontanea hervorgebracht.<br />

Diese geradlinigen <strong>geometrische</strong>n Ornamente sind aber nicht die<br />

einzigen auf den ältesten vor- und frühgriechischen Vasen: es kommen<br />

liiezu auch krummlinige Gebilde: Wellenlinie, Kreis, Spirale u. s. w„<br />

für deren Entstehung die Textiltechniken doch nicht so überzeugend<br />

in's Feld geführt werden konnten, wie für die geradlinigen Ornamente.<br />

Dafür musste nun eine Anzahl anderweitiger Techniken herhalten, ja<br />

man kann sagen, dass es in den letzten zwanzig Jahren, und zwar in<br />

steigendem Maasse, ein fundamentales methodisches Gesetz der klassi-<br />

schen Archäologie gewesen ist, für jedes Motiv, das man von einem<br />

gewissen Punkte aus nicht mehr im Wege lehnweiser Uebernahme nach<br />

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