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Der geometrische Stil.

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<strong>Der</strong> g-eometvische <strong>Stil</strong>.<br />

gefiel ihm an diesen letzteren und er wollte sie auch dort sehen, wo<br />

sie nicht spontan entstand. Das <strong>geometrische</strong> Motiv des Zickzack, ur-<br />

sprünglich das zufällige Produkt eines rein technischen Vorgangs, war<br />

hiemit zum Ornament, zum Kunstmotiv erhoben. Die einfachsten<br />

und wichtigsten Kunstmotive des <strong>geometrische</strong>n <strong>Stil</strong>s wären<br />

ursprünglich durch die textilen Techniken der Flechterei<br />

und Weberei hervorgebracht: dies ist der zweite souveräne Lehr-<br />

satz, der heutzutage vom <strong>geometrische</strong>n <strong>Stil</strong>e gilt.<br />

Mit dem zuerst entwickelten Lehrsatz von der spontanen unab-<br />

hängigen Entstehung dieses <strong>Stil</strong>es an verschiedenen Punkten der Erd-<br />

oberfläche berührt sich dieser zweite Lehrsatz insofern, als das elemen-<br />

tare Bedürfniss nach Schutz des Leibes sich auf verschiedenen Punkten<br />

der Erdoberfläche selbständig geltend gemacht haben dürfte und daher<br />

auch an verschiedenen Punkten eine spontane Erfindung der Zaun-<br />

flecliterei und Gewandweberei veranlasst haben konnte. Ein Lehrsatz<br />

stützte auf solche Weise den anderen; in ihrer Harmonie gaben sie<br />

zusammen ein um so überzeugenderes Bild von der Entstehung des<br />

<strong>geometrische</strong>n <strong>Stil</strong>s und zugleich des frühesten primitivsten Kunst-<br />

schaffens überhaupt.<br />

Gottfried Semper war es, der zuerst die linearen Ornamente<br />

des <strong>geometrische</strong>n <strong>Stil</strong>s auf die textilen Techniken der Flechterei und<br />

Weberei zurückgeführt hat. Dieser Schluss ergab sich ihm aber keines-<br />

wegs selbständig, etwa wie wir ihn im Vorstehenden entwickelt haben,<br />

sondern im Zusammenhange mit jenem Grundgedanken, dessen Be-<br />

gründung und konsequenter Durchführung sein <strong>Stil</strong> in erster Linie ge-<br />

widmet war: der Theorie vom Bekleidungswesen als Ursprung aller<br />

monumentalen Baukunst. Auf diesem Wege gelangte er zur Zurück-<br />

führung aller Flächenverzierung auf die Begriffe von bekleidender<br />

Decke und einfassendem, abschliessendem Band, mit welchen Begriffen<br />

ein textiler Charakter schon sprachlich verknüpft erscheint. Es geht<br />

nun aus zahlreichen Stellen im <strong>Stil</strong> hervor, dass Semper sich diese Vor-<br />

bildlichkeit von Decke und Band ursprünglich und überwiegend nicht<br />

so sehr in stofflich - materiellem, als in ideellem Sinne gedacht hat,<br />

wie denn auch Semper gewiss der Letzte gewesen wäre, der den frei<br />

schöpferischen Kunstgedanken gegenüber dem sinnlich-materiellen Nach-<br />

ahmungstriebe nicht gebührend berücksichtigt hätte; die Ausbildung<br />

dieser seiner' Theorie in grob materialistischem Sinne ist erst durch<br />

seine zahllosen Nachfolger erfolgt. Aber es lag nun einmal nahe, die<br />

Dinge auch in materiellen Zusammenhang zu bringen, und an einer<br />

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