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Der geometrische Stil.

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<strong>Der</strong> g-eometvische <strong>Stil</strong>.<br />

sehr weitgehende Berücksichtigung erfahren. Einmal von Seiten der<br />

archäologischen Forschung. Die ältesten Nekropolen von Cypern, die<br />

vorhomerischen Schichten von Hissarlik, die Terramaren der Poebene,<br />

die Gräber des prähistorischen Nord- und Mitteleuropa u. a. forderten<br />

den <strong>geometrische</strong>n <strong>Stil</strong> an Gegenständen zu Tage, deren Entstehung<br />

nach sehr gewichtigen Anzeichen in verhältnissmässig frühe Zeiten zu-<br />

rückgehen dürfte. Dazu gesellten sich die Beobachtungen der ethno-<br />

logischen Forscher, denen die charakteristischen Linienmotive des<br />

<strong>geometrische</strong>n <strong>Stil</strong>s vielfach als Verzierungen auf Geräthen moderner<br />

Naturvölker begegneten. Da wir im Sinne der modernen Naturwissen-<br />

schaft uns für berechtigt halten, die Naturvölker für rudimentäre<br />

Überbleibsel des Menschengeschlechtes aus früheren längstverflossenen<br />

Kulturperioden anzusehen, so erscheint, in diesem Lichte betrachtet,<br />

die <strong>geometrische</strong> Ornamentik heutiger Naturvölker ebenfalls als eine<br />

historisch längst überwundene Phase der Entwicklung der dekorativen<br />

Künste, und darum von hoher historischer Bedeutsamkeit.<br />

Da nun die wenigen grundlegenden Motive des <strong>geometrische</strong>n<br />

<strong>Stil</strong>s sich fast bei allen jenen prähistorischen und Naturvölkern in der<br />

gleichen Weise, wenngleich in verschiedenen Combinationen und unter<br />

wechselnder Bevorzugung einzelner Motive, gefunden haben, in Europa<br />

wie in Asien, in Afrika wie in Amerika und in Polynesien, so zog<br />

man hieraus den Schluss, das^s der <strong>geometrische</strong> <strong>Stil</strong> nicht auf einem<br />

Punkte der Erdoberfläche erfunden und von diesem Punkte aus über<br />

alle Welttheile hin verbreitet worden sein mochte, sondern dass er, wo<br />

nicht bei allen, so doch bei den meisten Völkern, bei denen wir seiner<br />

Anwendung begegnen, spontan entstanden wäre. Als höchst naiv und<br />

unwissend würde derjenige gelten, der zwei Töpfe verschiedener Her-<br />

kunft, die beide das gleiche Zickzackmuster aufweisen, nicht etwa in<br />

unmittelbaren Zusammenhang, nein, bloss in eine ganz entfernte, durch<br />

eine längere Reihe von Zwischengliedern vermittelte Verwandtschaft<br />

unter einander bringen wollte. <strong>Der</strong> <strong>geometrische</strong> <strong>Stil</strong> wäre überall<br />

auf der Erdoberfläche spontan entstanden: dies ist der erste<br />

autoritative Lehrsatz, der heutzutage von diesem <strong>Stil</strong>e gilt.<br />

Stand einmal diese Überzeugung fest, so ergab sich daraus sofort der<br />

weitere Schluss, dass der Anstoss zur Erfindung und Entfaltung dieses<br />

<strong>Stil</strong>s wohl überall der gleiche gewesen sein musste. <strong>Der</strong> rastlos nach<br />

Causalzusammenhängen forschende Sinn unseres naturwissenschaftlichen<br />

Zeitalters war alsbald bemüht, dieses Etwas zu ergründen, das den geo-<br />

metrischen <strong>Stil</strong> an so vielen Punkten spontan hat in's Leben treten<br />

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