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Der geometrische Stil.

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G. Das Rank engeschlinge. 185<br />

Auge des Archäologen sofort in's Auge springen wird, ist das Ornament,<br />

das sich in der oberen Hälfte gegen das schmale Ende hinzieht.<br />

Es ist nämlich das leibhaftige „gegenständige" Palmetten-Lotus-Band;<br />

selbst das Band, das sich undulirend dazwischen schlingt, erinnert an<br />

Fig. 83. Die technische Ausführung, die diesem gestickten Ornament<br />

zu Grunde liegt, ist in der That diejenige, die Holwerda seinen Schlingdrähten<br />

zu Grunde legt. Es handelt sich darum mit fortlaufendem<br />

Faden ein bestimmtes Ornament auf die Fläche hin zu zeichnen. <strong>Der</strong><br />

geübte Sticker wird die Fäden so legen, dass er niemals hinsichtlich<br />

der Verbindung mit dem benachbarten Ornament in Verlegenheit<br />

kommt. Das in Fig. 87 vorliegende Stück zählt ausnahmsweise nicht<br />

zu den gelungensten: die meisten unter diesen Schnürchenstickereien<br />

von der Balkanhalbinsel sind nämlich vollendet in der Zeichnung und<br />

meisterhaft in der Mache. <strong>Der</strong> Verbreitungsbezirk geht aber über die<br />

Balkanhalbinsel hinaus und umfasst auch die griechischen Inseln und<br />

zum Theil Kleinasien bis nach Syrien. Die Ornamente sind beschränkt<br />

an Zahl und eigenartig: an denjenigen von der Balkanhalbinsel tritt<br />

die specifische saracenische Tünche zurück und das Autochthon-Byzantinische,<br />

oder sagen wir gleich, das Antike unverkennbar hervor. Ich<br />

hege daher auch keinen Anstand in Fig. 87 einen Epigonen des archaischen<br />

gegenständigen Palmetten-Lotus-Bandes zu erblicken. Das verbreitetste<br />

Saumornarnent am Balkan ist daneben die fortlaufende Spirale,<br />

die sich kreisförmig ein- und vom Mittelpunkte wieder ausrollt, völlig<br />

nach mykenischer Weise (Fig. 59). Historisch betrachtet, kann das<br />

Ornament am Balkan nicht überraschen; in der Schnürchenstickerei<br />

hatte man besondere Veranlassung strenge daran festzuhalten, da begreiflichermaassen<br />

kaum ein anderes über die blosse Wellenlinie hinausgehendes<br />

Muster sich für Saummuster aus aufgelegten Schnürchen so<br />

vortrefflich eignete. Immerhin wäre das Eindringen des auch anderwärts<br />

in Gebrauch gebliebenen oder wieder gekommenen einfachen<br />

Spiralmotivs von aussen her nicht undenkbar. Das Motiv von Fig. 87 ist<br />

aber ein höchst eigenartiges, das in solcher <strong>Stil</strong>isirung und individuellem<br />

Charakter seit archaischer Zeit niemals mehr in der internationalen Kunst,<br />

auch nicht in der römischen zur Darstellung gebracht worden ist. Die<br />

italienische Renaissance, die ja auf dem Wege über Venedig die Balkanküsten<br />

nachweislich stark beeinflusst hat, kannte das Motiv nicht; auch<br />

im Empire, das ja zuerst wieder archaisch-griechischen Formen Gefallen<br />

abgewann, ist es nicht nachzuweisen. Nur in einer Volkskunst konnte es<br />

sich durch die Jahrtausende so unverändert erhalten haben, und dies<br />

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