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Der geometrische Stil.

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3. Melisches. 159<br />

aber wie wir auf S. 144 gesehen haben, war es bereits in der mykenischen<br />

Kunst vorgebildet 64 ). Ob nun der melische Vasenmaler das<br />

Motiv bewusstermaassen als selbständige Halbpalmette 65 ) oder als blosse<br />

accidentelle Zwickelfüllung der S-Spirale aufgefasst hat: daran wird<br />

nicht zu zweifeln sein, dass wir darin ein Zwischenglied zwischen einer<br />

mykenischen und einer reingriechischen Kunstform zu erblicken haben.<br />

<strong>Der</strong> Zweifel, der in dem letzterwähnten Falle noch übrig bleiben<br />

könnte: ob nämlich die <strong>geometrische</strong> S-Spirale oder die vegetabilische<br />

Halbpalmette das Hauptmotiv gebildet hat, — dieser Zweifel fällt hinweg<br />

bei der Betrachtung des Schultersaums von Fig. 66, in grösserem<br />

Maassstabe reproducirt in Fig. 53. <strong>Der</strong>selbe zeigt abwechselnd einwärts<br />

und auswärts gerichtete Profillotusblüthen, die unter einander<br />

fortlaufend im Schema der intermittirenden Wellenranke verbunden<br />

erscheinen, — einem im Sechsten mykenischen Schachtgrabe<br />

zuerst nachgewiesenen Schema, dessen kunstgeschichtlicher Bedeutung<br />

Avir bereits auf S. 123 f. gerecht geworden sind. Auch hinsichtlich des<br />

Verhältnisses dieses melischen Beispiels zu dem erwähnten mykenischen<br />

ist auf die citirte Stelle zurück zu verweisen.<br />

Fassen wir also das Ergebniss unserer Betrachtung der Pflanzenornamentik<br />

auf den melischen Vasen zusammen. Das Pflanzenornament<br />

steht hier im Wesentlichen noch auf der Stufe der mykenischen<br />

Kunst. Es bewegt sich in der Regel auf der Grenzlinie<br />

zwischen Spiralornament und Rankenornament. Die entscheidende<br />

Schöpfung der mykenischen Kunst, die ausgesprochene Blumenranke,<br />

hat es nicht preisgegeben, aber auch augenscheinlich nicht weiter fortgebildet.<br />

Die steife, vertikale Stellung der Blumenkelche sowie der<br />

Einzelstengel bedeutet eher einen Rückfall in's Egyptisclie, worauf auch<br />

die <strong>Stil</strong>isirung der Lotusblüthen und Palmetten hinweist. Die Zwickelfüllung<br />

ist ein so grundlegendes Postulat geworden, wie sie es in der<br />

mykenischen Kunst noch nicht gewesen ist, selbst nicht in der egyptischen,<br />

wohl aber, wie es scheint, in der phönikischen. Am wenigsten<br />

G4 ) Am nächsten scheint dem in Rede stehenden Muster von Fig. 66 die<br />

Bordüre der Grabstele bei Schliemann, Mykcnä Fig. 24, S. 58 zu stehen.<br />

65 ) Übrigens lässt sich, wie ich glaube, die bewusste Anwendung der<br />

Halbpalmette seitens der melischen Vasenmaler monumental erweisen. Die<br />

Sphinx auf der melischen Vase Arch. Jahrb. 1887, Taf. XII trägt sie am Haupte<br />

als Bekrönung, also in einer Funktion, in welcher späterhin häufig wohl die<br />

Palmette gebraucht wurde (Arch. Zeit. 1881, Taf. XIII No. 2, 3, 6), aber nicht<br />

die einzelne Spirale.<br />

http://rcin.org.pl<br />

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