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Der geometrische Stil.

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A. Altorieiitalisches.<br />

Fehlen aller und jeglicher Vorbilder so bedeutende, dass den bezüg-<br />

lichen Versuchen und Bestrebungen gegenüber alles Andere in den<br />

Hintergrund treten musste. <strong>Der</strong> naive Horror vacui, der alle Flächen<br />

mit buntem SchmucKé überzieht, und der abgeklärte Kunstsinn, der<br />

das Höchste, das Göttliche, in sinnlichen Formen darzustellen sich be-<br />

müht, sie sind beide ursprünglich durch eine ganze Welt getrennt.<br />

Religiöse und politische Ideen waren es, von denen die Egypter bei<br />

ihrem Kunstschaffen erfüllt waren: das rein Dekorative, bloss der<br />

Schmuckfreudigkeit Genügende, konnte sie nur in weit minderem Grade<br />

beschäftigen.<br />

In weit minderem Grade ! Es wäre aber viel zu weit gegangen,<br />

wenn man behaupten wollte, dass das Reinornamentale die Egypter<br />

überhaupt nicht beschäftigt hat. Die Lotustypen sind gewiss ursprüng-<br />

lich nicht als Ornamente, sondern um der gegenständlichen Bedeutung<br />

willen, die dem Lotus in den -Kulturvorstellungen der Egypter zukam,<br />

von den egyptisclien Künstlern auf die Wände der Grabkammern ge-<br />

meisselt und gemalt, oder als Rundwerk in Stein gehauen worden.<br />

Aber ebenso gewiss haben dieselben Typen auch schon bei den Egyp-<br />

tern des Alten Reiches um ihrer formalen Schönheit willen auf Schmuck-<br />

sachen und Gebrauchsgeräth ihren Platz gefunden. Es hiesse den<br />

ganzen Reichthum künstlerisch ausgestatteter Kleinsachen übersehen,<br />

die uns die Gräber aus der Pharaonenzeit bewahrt haben, wenn man<br />

den Egyptern allen Sinn für gefälligen Schmuck um seiner selbst willen<br />

absprechen wollte. Dieses Volk hat zweifellos schon selbst versucht,<br />

zwischen den beiden extremen Polen im Kunstschaffen einen Ausgleich<br />

zu finden: einerseits dem auf Schaffung einer blossen Augenweide ab-<br />

zielenden Schmückungstriebe, anderseits dem Bestreben, den bedeut-<br />

samsten Ideen und Empfindungen der Menschen sinnlichen Ausdruck<br />

zu leihen. Die Egypter waren ja die Ersten, so viel wir sehen, die<br />

sich zwischen diese beiden Pole gesetzt fanden. Dass nicht sie es auch<br />

waren, die eine endgiltig befriedigende Lösung gefunden haben, wird<br />

man ihnen kaum verdenken können. Wie der Leistungsfähigkeit der<br />

Individuen eine Grenze gesetzt ist, so scheint dasselbe bei den Völkern<br />

der Fall zu sein. Und der grossen grundlegenden Leistungen in der<br />

Kunstgeschichte haben die Egypter doch genug aufzuweisen, so dass<br />

man die Erschöpfung begreift, die.es ihnen schliesslich unmöglich ge-<br />

macht hat, das Ziel zu erreichen, an das erst die Hellenen gekommen<br />

sind: Formschönes und inhaltlich Bedeutsames in harmonischer Weise<br />

mit einander zu verschmelzen, mit Bedeutung gefällig zu sein.<br />

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